Startseite
Icon Pfeil nach unten
Bayern
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Keine bayerischen Minister in Berlin – ja, wo samma denn?

Kommentar

Keine bayerischen Minister in Berlin – ja, wo samma denn?

    • |
    Markus Söder gefällt nicht, dass kein Kabinettsmitglied aus Bayern kommt.
    Markus Söder gefällt nicht, dass kein Kabinettsmitglied aus Bayern kommt. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Soll der bayerische Löwe jetzt brüllen oder heulen? So ganz klar scheint sich die CSU darüber noch nicht zu sein.

    Erst verkündete CSU-Generalsekretär Markus Blume nach der Unionspleite bei der Bundestagswahl, Bayern werde von nun an ein „Bollwerk gegen die Zentralismus-Ampel“ sein. Und auch CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder sprach von einem „Bollwerk gegen den Linksrutsch“. Jetzt wird, kaum dass die neue Bundesregierung steht, bei der CSU darüber lamentiert, dass in Berlin von nun an kein Bayer und auch keine Bayerin mehr am Kabinettstisch sitze.

    Da fehlte gerade noch der Vergleich mit dem angeblich abgehängten Osten Deutschlands. Dort wird es schon – in diesem Fall von der grünen Thüringer Umweltministerin Anja Siegesmund – als Benachteiligung empfunden, dass nur zwei Ministerposten im Bundeskabinett mit gebürtigen Ostdeutschen besetzt sind. Dabei leben in den neuen Ländern sogar etwas weniger Menschen als im Freistaat. Bayern hätte also noch weitaus mehr Grund zur Klage. Die Frage ist nur, ob Jammern und Lamentieren mit dem bayerischen Selbstbewusstsein in Einklang zu bringen ist.

    Ist es für Bayern ein Nachteil, wenn kein Bayer am Kabinettstisch sitzt?

    Es ist noch keine zehn Jahre her, da meldete sich CSU-Urgestein Wilfried Scharnagl mit einer Streitschrift zu Wort. Sie trug den provokanten Titel: „Bayern kann es auch alleine.“ Der mittlerweile verstorbene Parteistratege und enge Vertraute des CSU-Übervaters Franz Josef Strauß sah damals die Zeit für „das große bayerische Aufbegehren“ gekommen. Man kann sich unschwer vorstellen, was er zu dem aktuellen Lamento seiner politischen Nachfahren gesagt hätte – ja, wo samma denn?

    Jenseits der gefühlten Politik geht es allerdings auch um die Sache. Hier stellt sich die Frage: Muss es für Bayern zwingend ein Nachteil sein, wenn kein bayerischer Politiker im Bundeskabinett sitzt? Oder setzt die CSU ihre altbekannte Propaganda nur unter umgekehrten Vorzeichen fort?

    Das beste Beispiel, um diese Frage zu beantworten, ist die Verkehrspolitik. Die letzten vier Bundesverkehrsminister stellte die CSU. Die Partei verbuchte es stets als Erfolg, dass durch deren unermüdlichen Einsatz für den Straßenbau jede Menge Bundesgeld nach Bayern geholt wurde. Ihr Anteil an vermurksten Großprojekten (Berliner Flughafen, Pkw-Maut für Ausländer) wurde kleingeredet. Hauptsache, in Bayern rollten die Bagger.

    Jede Menge Bundesgeld floss nach Bayern

    Dass so viel Geld von Berlin nach Bayern floss, hat allerdings weniger mit den CSU-Verkehrsministern im Bund zu tun, sondern mehr mit einer vorsorglichen Politik der CSU-Staatsregierung in München. Sie sorgte dafür, dass zur Kofinanzierung der Straßenbauprojekte stets ausreichend Landesmittel zur Verfügung standen und Bayern auch mit der Planung meist rechtzeitig fertig war. Das war der eigentliche Grund dafür, dass andere Länder immer mal wieder das Nachsehen hatten.

    Freilich gibt es für jedes Beispiel immer ein Gegenbeispiel. Dass die frühere Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) vor rund zwei Jahren das 680-Millionen-Projekt Batterieforschungszentrum nach Münster ins technologische Niemandsland holte, kann als Beleg dafür gewertet werden, was Bundesminister für ihre Heimat tun können. Richtig ist aber auch, dass drei CSU-Bundesminister das nicht verhindern konnten, obwohl alle Sachargumente für den Standort Bayern sprachen.

    So oder so, die CSU wird sich entscheiden müssen, ob sie brüllen oder heulen will. Und sie sollte sich eingestehen, dass ihr zur Schau getragener Schmerz weniger durch einen Mangel an bayerischen, sondern durch einen Mangel an CSU-Ministern verursacht ist.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden