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Prozess gegen "Todespfleger" beginnt in München

München

Zwei Patienten ermordet? "Todespfleger" räumt "großen Fehler" ein

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    Ein Pfleger aus einer Münchner Klinik steht seit Dienstag vor Gericht.
    Ein Pfleger aus einer Münchner Klinik steht seit Dienstag vor Gericht. Foto: Arne Dedert, dpa (Symbolbild)

    Er soll zwei Patienten getötet haben, jetzt steht er vor Gericht. Am Landgericht München I hat am Dienstagmorgen der Prozess gegen einen Pfleger aus einer Münchner Klinik begonnen. Laut Anklage hatte der 26-Jährige versucht, auch drei weitere Patienten zu ermorden. Die Staatsanwaltschaft München I hat ihn wegen Mordes, versuchten Mordes und gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Die mutmaßlich ermordeten Patienten waren 80 und 89 Jahre alt. Nach Angaben der Ermittler fanden die Taten im Jahr 2020 statt.

    Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von zwei Mordmerkmalen aus: Heimtücke und niedrige Beweggründe. Der Pfleger soll die Arg- und Wehrlosigkeit der Opfer auf der sogenannten Wachstation, einer Zwischenstation zwischen Intensiv- und normaler Station, ausgenutzt und sie sediert haben, damit er laut Anklage seine Ruhe hatte, um auf dem Handy zu spielen oder seinen Kater auszukurieren. "Hierbei nahm er in Kauf, dass die Sedierung der Patienten tödlich wirken konnte", teilte die Staatsanwaltschaft zur Anklageerhebung mit. Auch der Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger, der 2022 gestorben war, war ein Patient des Angeklagten, so die Staatsanwaltschaft.

    Wie sein Anwalt Ömer Sahinci ankündigte, hat der 26-Jährige die Vorwürfe im Prozess eingeräumt. "Ich hab da einen großen Fehler gemacht", sagte er am Dienstagmorgen. Ihm würden manchmal selbst die Worte fehlen. Es sei nicht seine Absicht gewesen, dass jemand stirbt. Weil er oft vor seiner Schicht Alkohol getrunken und dann einen Kater gehabt habe, habe er einfach nur seine Ruhe haben wollen. "Ich habe sie ruhigstellen wollen." Der 26-Jährige sagte: "Es tut mir von Herzen leid."

    Interne Ermittlungen führten zu mutmaßlichem "Todespfleger"

    2020 war ein Oberarzt am Klinikum rechts der Isar stutzig geworden, weil sich der Zustand von zwei Patienten plötzlich und unerklärlich verschlechtert hatte. Interne Ermittlungen ergaben Hinweise auf einen ähnlichen Fall, bei dem auch der Beschuldigte Dienst hatte. Der Verdacht: Der Pfleger spritzte den Patienten eine Überdosis eines Medikaments, das ihnen nicht verabreicht werden sollte. Spuren dieser nicht verordneten Medikamente wurden im Blut der Patienten gefunden. Die Klinik zeigte den Pfleger an. Bei seiner Festnahme bestritt er die Vorwürfe.

    Der ausgebildete Altenpfleger aus Nordrhein-Westfalen war seit Juli 2020 über eine Zeitarbeitsfirma in die Klinik gekommen und dort vor allem auf der sogenannten Wachstation im Einsatz, einer Zwischenstation zwischen Intensiv- und normaler Station, auf der Kranke rund um die Uhr betreut wurden.

    Patienten getötet: Ähnlicher fall in Oldenburg und Delmenhorst

    Einen ähnlichen Fall gab es in Oldenburg und Delmenhorst. Das Landgericht Oldenburg verurteilte den Patientenmörder Niels Högel 2019 wegen Mordes in 85 Fällen zu lebenslanger Haft. Er war in Kliniken als Krankenpfleger in der Intensivmedizin tätig und tötete dort nach Feststellung des Landgerichts insgesamt 85 Patienten, indem er ihnen medizinisch nicht indizierte Medikamente verabreichte.

    Tötungsdelikte in der Pflege machen deutschlandweit immer wieder Schlagzeilen: Anfang Oktober 2020 hatte das Landgericht München I einen Hilfspfleger wegen Mordes an drei Patienten zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Der Mann aus Polen hatte alten Menschen, die er pflegen sollte, Insulin gespritzt, das als Überdosis tödlich sein kann.

    2016 verurteilte das Landgericht München I eine Hebamme des Klinikums Großhadern wegen siebenfachen Mordversuches im Kreißsaal zu 15 Jahren Haft. Nach Überzeugung des Gerichtes hatte die Frau Patientinnen bei Kaiserschnitt-Geburten heimlich Blutverdünner gegeben. Ohne Notoperationen wären sie gestorben. (mit dpa)

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