
Das Jahr, in dem der Fasching ausfiel

Gesellschaften verzichteten vor 20 Jahren auf das Narrentreiben. Ein Blick zurück
Landkreis „Die Pietät steht vor dem Mammon“ – so lautete die Schlagzeile in der Donau-Zeitung vor 20 Jahren am 18. Januar, als es um die Auswirkungen des Golfkriegs ging. In der Folge wurde der restliche Fasching abgesagt, die fünfte Jahreszeit fiel im Landkreis weitgehend aus. Die Situation im Golf hatte sich immer weiter zugespitzt. Als die USA schließlich im vom Irak besetzten Kuwait und im Irak selbst einmarschierten und der Krieg damit begann, trat die von den Faschingsgesellschaften im Kreis getroffene Vereinbarung in Kraft. Danach sollte bei Ausbruch eines Krieges auf Veranstaltungen und Auftritte verzichtet werden.
Die Saison war zunächst noch ganz normal gestartet worden. In Dillingen wurden „Prinzenball“ und Kinderfasching gefeiert und auch bei der Epponia fand noch der Hofball statt. Doch danach „war die Stimmung so unten, dass man es für sinnvoller hielt, die weiteren Veranstaltungen abzusagen“, so Präsident Rainer Egger. Um die finanziellen Einbußen möglichst gering zu halten, hatte man beschlossen, das ganze Programm ein Jahr später aufzuführen.
Das damalige Prinzenpaar, Helmut und Angelika Thoma, waren das einzige in der Geschichte der Epponia, das zwei Jahre „im Amt“ war. „Große finanzielle Einbrüche hatten wir nicht,“ so Egger weiter. Andere Gesellschaften wie etwa die Laudonia oder die Gundelfinger Glinken spürten die Einbußen. Gerhard Kleiber: „Die Einnahmen haben uns sehr gefehlt. Wir machten solange weiter, wie es ging“. Doch irgendwann habe man sich dem „Druck der Öffentlichkeit“ beugen müssen. Um die kleinen Narren, die das „ja nicht verstehen konnten“, nicht zu sehr zu enttäuschen, hatte man laut Kleiber einen internen Ball veranstaltet.
Rückblickend bewertet Kleiber die Situation etwas anders: „Es war hochgeschaukelt.“ Die Deutschen hätten ihren Fasching abgesagt, während die Amerikaner selbst ihre Bälle gefeiert hätten. Heutzutage sei das nicht mehr möglich, darin sind sich alle Befragten einig, doch damals „sei das moralische Empfinden noch ein anderes gewesen“, so Egger.
Margit Schmidt vom Verband Bayerisch-Schwäbischer Fastnachtsvereine ist sich sicher: „Heute würde so etwas nicht mehr gemacht werden.“ Die ganze Situation sei „hysterisch aufgebauscht“ worden. „Die Menschen haben die Busse der Gesellschaften mit Dreck beworfen“, so Rainer Egger. Das Jahr war für alle Vereine auch wirtschaftlich ein Verlust. Man habe die Probleme gezielt auf den Karneval projiziert und den Veranstaltern den Vorwurf gemacht, wie man nur feiern könne, wenn doch am Golf Menschen sterben würden. Klar, sei das tragisch gewesen, doch das hätte doch Deutschland nicht direkt betroffen. Auch dieses Jahr gebe es Unruhen, bei denen Todesopfer beklagt würden, dennoch feiere man den Fasching ganz normal, so Rainer Egger weiter.
„Voreilige“ Entscheidung
Vor 20 Jahren beurteilte Wolfgang Hager, Besitzer des gleichnamigen Spielwarenfachgeschäfts in Dillingen, gegenüber der DZ, dass man die Entscheidung gegen den Fasching im Landkreis etwas voreilig getroffen habe. „Es fanden schon immer Kriege auf dieser Welt statt, und zum anderen sollte es jedem selbst überlassen sein, ob er feiert oder nicht.“ Sein Geschäft habe starke Verkaufseinbußen durch den ausgefallenen Fasching erlitten.
Der Faschingsausfall hatte auch Auswirkungen auf den Dienstbetrieb in den öffentlichen Verwaltungen. Am Faschingsdienstag, an dem normalerweise die Pforten geschlossen bleiben, um dem närrischen Treiben freien Lauf zu lassen, wurde in den meisten Rathäusern und am Landratamt gearbeitet.
Wie reagierten damals die Bürger im Landkreis? Zur DZ sagte beispielsweise Andreas Eisold aus Lauingen, dass er zwar ein bisschen traurig sei, aufgrund der Ereignisse am Golf aber Verständnis für die Absagen habe. Tanja Oberthür aus Dillingen, der „die Lustigkeit der Leute“ fehlte, meinte, die Veranstalter hätten insgesamt richtig gehandelt und sich so verhalten, wie die Menschen es von ihnen erwartet hatten.
Dass Ähnliches wieder geschehen könnte, darin sind sich alle Befragten einig, sei recht unwahrscheinlich. "Die aktuelle Umfrage
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