
Vor 65 Jahren in Lauingen: „Beim Ködel brennt’s!“

Plus Zum Großfeuer in der Lauinger Landmaschinen-Fabrik am 25. August 1955 rücken 19 Wehren an. Und schon vor 65 Jahren halten zahlreiche Gaffer „Maulaffen feil“

Über die Jahre scheint sich wenig geändert zu haben: Wenn’s wo brennt, kommt das Volk schnell angerennt! Wie etwa zum Jahreswechsel 2020: In der Silvesternacht sorgte der spektakuläre Brand einer Lagerhalle auf dem Gelände der Firma Zill für einen Menschenauflauf. Aber auch schon vor 65 Jahren „herrschte Chaos auf den Zufahrtsstraßen“, so zu lesen in der Heimatzeitung, als ein Großfeuer auf dem Gelände des Landmaschinen-Herstellers Ködel & Böhm für lichterlohe Aufregung in Lauingen sorgte: „Tausende, die auf dem Brandplatz waren und die natürlich nicht weichen wollten, mußten dazu bewogen werden, den Platz zu räumen.“
Die Donau-Zeitung berichtete groß
Und der Berichterstatter der Donau-Zeitung legt noch nach: „Man predigt zwar tauben Ohren, aber dennoch muß es immer wieder gesagt werden, dass Leute, die bei Katastrophen irgendwelcher Art nur Maulaffen feilhalten und den Helfern im Wege umgehen und ihnen die Arbeit im Interesse der Allgemeinheit erschweren, in der unmittelbaren Nähe des Unglücksortes nichts zu suchen haben.“ Als Katastrophe für die Herzogstadt scheint der Schreiber die Ereignisse vom Donnerstagabend, 25. August 1955, durchaus einzustufen, vergleicht er sie doch sogar mit der Lauinger Bombennacht vom 12./13. Oktober 1941. Stadtheimatpfleger Bernhard Erhardt spannt bei seiner heutigen Einordnung der schlimmen Geschehnisse den Bogen noch weiter zurück ins Jahr 1704. Da hatten französische und bayerische Truppen auf ihrem Rückzug nach der verlorenen Schlacht von Blindheim die Lauinger Donaubrücke samt der darauf befindlichen Mühlen förmlich pulverisiert.
Was aber war nun an diesem Spätsommerabend des Jahres 1955 Schreckliches geschehen? Um 19 Uhr noch herrschte friedliche Stille in Lauingen, wenig Minuten später heulten die Feuersirenen. Schnell hallte der Ruf durch die Straßen: „Beim Ködel brennt’s!“ Ein riesiger, schwarzer Rauchpilz kennzeichnete die Brandstelle, schnell loderten auch die Flammen hoch in den Himmel. Bei Eintreffen der ersten Wehren hatte das Feuer bereits eine ganze Werkhalle, den 75 mal 40 Meter großen Holzschneideraum der Firma, erfasst. Die gelagerten Hölzer nährten die Flammen, die auch in rasender Schnelligkeit auf den hölzernen, 7000 Kubikmeter fassenden Sägemehlturm übergriffen. Der vorherrschende Ostwind trieb einen glühenden Funkenregen auf die westlich der Brandstelle gelegenen Werkhallen zu.
Kommandant Moser hatte die Leitung
Unter der Leitung von Kommandant Moser nahm die Lauinger Feuerwehr zusammen mit der Werksfeuerwehr von Ködel & Böhm sofort die Brandbekämpfung auf – eine weitere Ausdehnung konnte letztlich verhindert werden. Trotz der Absperrmaßnahmen waren noch während der Löscharbeiten viele Neugierige auf das Werksgelände vorgedrungen, die die Arbeit der Feuerwehrleute störten.
Wie eindrucksvoll das Unglücksszenario auf die „Gaffer“ gewirkt haben muss, beschreiben einige Fakten und Zahlen: An der Brandbekämpfung waren letztlich 19 Wehren beteiligt, herbeigeeilt aus Dillingen, Gundelfingen, Günzburg, Echenbrunn, Faimingen, Haunsheim, Schabringen, Zöschlingsweiler, Veitriedhausen, Höchstädt und Wertingen. Aber auch aus Heidenheim und Giengen. Aus dem benachbarten Württemberg rückte zudem die Werksfeuerwehr der Giengener Firma Ziegler an. Aus Augsburg kamen die Berufsfeuerwehr und eine Wehr der amerikanischen Streitkräfte an den Brandort, aus Dillingen und Leipheim zwei Wehren der „Amerikaner“. Von einem Termin in München anfahrend, sah Landrat Dr. Schweiger den Feuerschein schon von Wertingen aus.
Die Einsatzleitung hatte Kreisbrandinspektor Dietrich aus Höchstädt übernommen. 5000 Meter Schläuche für B- und C-Rohre wurden verlegt, das Löschwasser sogar mit einer 1,2 Kilometer langen Schlauchleitung von der Donau herangeführt. Die DZ damals: „Etwa gegen Mitternacht kündigte ein rauchender Trümmerhaufen die Brandstelle an, die dann im Laufe der Nacht noch ständig unter Kontrolle gehalten und vollends abgelöscht wurde.“
500.000 Mark Schaden
Dank der Bemühungen aller Wehren konnte also eine größere Katastrophe für die Firma sowie Lauingen verhindert werden. Die Sanitätskolonne musste, abgesehen von kleineren Hilfeleistungen, nicht eingreifen. Personen wurden beim Brand nicht ernsthaft verletzt oder gar getötet. Der Sachschaden wurde zunächst auf die damals gewaltige Summe von 500000 Mark geschätzt. Kriminalbeamte aus Donauwörth und Augsburg untersuchten die niedergebrannte Halle. Über die Brandursache war aber auch in den folgenden Tagen nichts nachzulesen.
„Erstaunlich, wie schnell sich die Firma Ködel & Böhm damals von den Brandfolgen erholt hat“, blickt Lauingens Stadtheimatpfleger Bernhard Erhardt heute auf das Jahr 1955 zurück und führt an: „Was sicherlich geholfen hat: Die 50er-Jahre gelten als ein Höhepunkt der Mechanisierung in der Landwirtschaft“. Und damit herrschte eine gute Konjunktur im zugehörigen Industriesektor. Zunächst war der Schrecken in Lauingen aber groß, als Sirenengeheul am 25. August 1955 die Abendstille brach
Lesen Sie auch:
Die Diskussion ist geschlossen.