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Landkreis Dillingen: Die Männer mit dem Peitschenarm

Landkreis Dillingen

Die Männer mit dem Peitschenarm

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    Nur Übung macht den Speerwurf-Meister: Coach Werner Friedel (kleines Bild, hinten) führt Sporttalent Fabian Munz (vorne) an die ideale Abwurfposition heran. Der Wurf ist nur gültig, wenn die Spitze beim Speer als erste den Boden trifft (rechtes Bild). Die Stange muss allerdings nicht stecken bleiben.
    Nur Übung macht den Speerwurf-Meister: Coach Werner Friedel (kleines Bild, hinten) führt Sporttalent Fabian Munz (vorne) an die ideale Abwurfposition heran. Der Wurf ist nur gültig, wenn die Spitze beim Speer als erste den Boden trifft (rechtes Bild). Die Stange muss allerdings nicht stecken bleiben. Foto: Günter Stauch

    Seit gestern läuft die „Wüsten-Weltmeisterschaft“ der Leichtathleten in Doha/Katar, noch bis zum 6. Oktober messen sich dort die besten Athleten der Welt. Im 71-köpfigen deutschen WM-Aufgebot stehen auch vier Spitzen-Speerwerfer mit besten Medaillenchancen. Speerwerfen ist eine der ursprünglichsten Jagdformen der Menschheit – und wird in seiner sportlichen Variante im Landkreis Dillingen bei der LG Zusam betrieben.

    Sich jemand wie Fabian Munz vorzustellen, wie er des Abends seine Höhle verlässt, um mit bearbeiteter Steinspitze auf die Jagd nach Elefanten, Nashörnern und Wildpferden zu gehen, fällt schwer. Insbesondere wer den freundlichen jungen Wertinger mit höflichen Umgangsformen kennt. Oder den friedfertigen Garten- und Landschaftsgestalter, zu dessen Arsenal höchstens Heckenschere, Spitzhacke und Rasenrechen gehören. Doch das 25-jährige Sporttalent hat sich vor einiger Zeit für eine Disziplin mit einer sehr langen Tradition entschieden: Speerwerfen. Denn ein wissenschaftliches Experiment mit dem alten Schieß- und Wurfgerät sowie neuzeitlichen Athleten wies vor zehn Jahren nach, dass schon der steinzeitliche „Homo erectus“ auf Großwildpirsch treffsicher bis auf 25 Meter genau agieren konnte.

    Vier Deutsche in Doha

    Dass zurzeit gleich fünf deutsche Speerwerfer zu den zwölf Besten der Welt gehören, mag Zufall sein. Sicher ist, dass vier davon – Johannes Vetter, Thomas Röhler, Andreas Hofmann und Julian Weber – bei der WM in Katar mit von der Partie sind. Gestern ging die Eröffnungsfeier im runtergekühlten Khalifa-Stadion der Hauptstadt Doha über die Bühne. Der Zusamtaler Fabian Munz fuhr nicht mit. Schließlich steht er, was die schwierigste Disziplin in der Leichtathletik angeht, sozusagen erst am Beginn des Anlaufs, dessen Länge bei dieser Sparte – im Gegensatz zu anderen Kategorien – frei gewählt werden kann. Rein sportlich gesehen kommt der junge Mann jedoch schon wie ein „alter Hase“ daher: Schleuderte er doch schon im zarten Alter von fünf Jahren seinen gegnerischen Mitspielern beim Handball die Kugel um die Ohren. Mit 19 interessierte er sich für Sprints und Diskuswerfen. Sowie fürs Speerwerfen.

    "Vater" der LG Zusam

    Ein gewagter Schritt. Denn Experten wie Werner Friedel halten den Umgang mit dem schlanken, nach beiden Seiten verjüngenden Stab aus Metall, Carbon oder Materialkombinationen, für die anspruchsvollste LA-Klasse. Obwohl die elegante Stange mit bis zu 30 Zentimeter langer Metallspitze und textilem Haltegriff gerade mal das Gewicht einer Tüte mit anderthalb Pfund Tomaten auf die Waage bringt, hält sich die Nachfrage nach den schwungvollen Aktivitäten in Grenzen. „Im Schulsport ist das nicht vorgesehen“, weiß Friedel, engagierter Erfolgscoach bei der LG Zusam: „Kann sein, dass sich mal jemand im Rahmen der Leistungskurse dafür interessiert, aber lieber wählen sie das einfachere Badminton.“ Zehnkämpfer Friedel gilt beim einzigen aktiven Leichtathletikverein der Region als Mädchen für alles. Vor allem aber machte sich der sympathische Lauterbacher als „Vater“ ganzer LG-Sportlergenerationen einen Namen.

    Kein Wunder, dass so ein Kenner der sportlichen Szene schon früh Potenziale bei talentierten Akteuren wie Fabian Munz einzuschätzen und zu fördern versteht. Dabei achtet der Trainer auf gute Voraussetzungen zum Schwingen des spitzigen Stabes, etwa den Umgang mit einem 200 Gramm schweren Schlagball. „Wer da gut ist, kann wahrscheinlich auch gut werfen“, schätzt Friedel. Hinzu kommen spezielle Anforderungen an Schulter- und Hüftbeweglichkeit sowie insbesondere die Schnellkraft. „Der Arm muss sich rasch wie eine Peitsche bewegen.“ Solche Fertigkeiten erfordern viel Übung. So besteht die Vorbereitung auf den finalen Siegeswurf aus einer Mischung aus Steigerungsläufen, Sprints und endlosen Würfen.

    Kurz: „Ein Speerwerfer muss athletisch sein“, fasst Coach Friedel zusammen. Weltklassekämpfer wie jene in Doha wuchten den Speer zwischen 85 und 90 Meter von sich weg. Der LG-Rekord ruht seit Langem bei rund 52 Metern. Erich Hirschbeck brachte es vor kurzem beim Herbstwerfen in Rehling auf mehr als 36 Meter. Mit seinen knapp 30 Metern steht Fabian Munz noch am Anfang. „Von seiner enormen Wurfkraft ausgehend, kann er sicher noch viel mehr“, urteilt der Coach. Dass man auch beim Pflanzenwuchs Geduld mitbringen muss, weiß Landschaftsgestalter Munz.

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