
"Weil man da Leben retten kann": Wasserrettung ist Michael Hallers Leidenschaft

Plus Nach 30 Jahren hat Michael Haller allerdings dennoch den Vorsitz der Wasserwacht Bäumenheim abgegeben. Hat er damit die Bademütze an den Nagel gehängt?

Kaum einer steht so kontinuierlich für die Wasserwacht wie Michael Haller. Er ist einer, der den Gedanken des Lebenrettens mit großer Leidenschaft lebt. Kaum einer setzt sich mit seinen Teams seit Jahrzehnten so hartnäckig dafür ein, dass Kinder und Erwachsene Schwimmen lernen. Und nun hat Michael Haller aufgehört! Nach 30 Jahren an der Spitze des Bäumenheimer Ortsvereins hat er diese Funktion abgegeben – zu seiner Nachfolgerin wurde Tochter Anna gewählt. Heißt das, Michael Haller hat die Badehose an den Nagel gehängt?
Haller schmunzelt bei diesem Gedanken. Es ist ein absurder Gedanke. Als er die Frage gestellt bekommt, steht der Ex-Vorsitzende gerade im Schwimmbecken des Bäumenheimer Hallenbads und ermutigt Mädchen und Buben, mithilfe von Schwimmnudeln ins Wasser zu springen. Sie können sich noch nicht sicher genug über Wasser halten und lernen unter seiner Anleitung, die Scheu zu verlieren. "Nein", sagt Haller, "natürlich mache ich weiter!" Es ist lediglich die Vereinsspitze, die der Wasserwachtler aufgegeben hat, um mehr Zeit zu haben für die anderen Aufgaben.
Michael Haller brennt für den Wachdienst, "weil man da Leben retten kann"
Michael Haller ist weiterhin Einsatzleiter bei der Wasserrettung, er ist Motorbootführer, Taucher, in der Kreisgruppe und im BRK aktiv. "Und ich brenne für den Wachdienst", sagt er, "weil man da Leben retten kann. Weil wir bei der Wasserwacht all unsere Aufklärungsarbeit machen, weil wir Kurse geben, ausbilden und informieren, deshalb passieren nicht so viele Ernstfälle."
Ernstfälle sind immer die, bei denen es um Menschenleben geht. Bei denen schlimmstenfalls Opfer zu beklagen sind. So wie jene Tragödie an einem Badesee bei Gosheim vor einigen Jahren, an den Haller sich erinnert. "Damals sind drei Frauen zum Schwimmen gegangen und nur zwei sind am Ufer wieder angekommen." Ein Ernstfall war auch der Tod eines Familienvaters in der Münsterer Alte, der 2019 in einen gefährlichen Strudel geraten war und sich nicht mehr befreien hatte können. Die Wasserwacht hat danach die Stelle untersucht und baulich entschärft.
Der Ernstfall konnte gerade noch verhindert werden, als im Sommer 2020 eine Achtjährige – Mitglied der Wasserwacht – im Bäumenheimer Baggersee beobachtete, dass ein Mann im Wasser unterging. Das Mädchen war bereits geschult und erkannte den Ernst der Lage. Michael Haller war damals selbst am Unglücksort. "Bist du dir ganz sicher?", hat er das Kind noch gefragt. Die Badegäste rings herum waren völlig ahnungslos. Niemand hatte etwas bemerkt. Doch die Achtjährige hatte richtig gesehen. Dank ihrer Aufmerksamkeit gelang es Michael Haller und anderen Helfern, nicht nur einen, sondern sogar zwei untergegangene Männer – beide Nichtschwimmer – zu retten. "Es ging um Minuten."
"Mir liegt es am Herzen, die Jugend möglichst bald an das Thema heranzuführen"
Genau solche Situationen sind es, die Michael Haller für die Aufgaben der Wasserwacht brennen lassen. Schwimmen lernen ist dabei das A und O. "Mir liegt es am Herzen, die Jugend möglichst bald an das Thema heranzuführen", sagt er. Schon Dreijährige können Kurse buchen. Aber auch Erwachsenenschwimmkurse gibt es – vor allem Menschen mit Migrationshintergrund haben hier mitunter Nachholbedarf. Auch Theorieunterricht wird angeboten. 400 bis 500 Mädchen und Buben lernen jedes Jahr bei der Wasserwacht Bäumenheim, sich sicher im Wasser zu bewegen. "Dabei passen wir unser Training am laufenden Band an."
Wer mit Michael Haller über das Thema spricht, spürt seine Leidenschaft. Wenn er unterwegs ist zu Gemeinderatssitzungen, um über die Sicherheit von Badeseen zu referieren, wenn er Vorträge hält, wenn er Aktionen mit organisiert, oder selbst als Trainer aktiv wird, dann wirkt diese Leidenschaft ansteckend. Als einer von vielen Wasserwachtlern im Landkreis ist er seit 30 Jahren ein Multiplikator für dieses Thema.
Der Neubau des Bäumenheimer Hallenbads ist ein Kraftakt
Als Gemeinderat in Bäumenheim versucht er zudem, auf politischer Ebene für die Notwendigkeit des Schwimmenlernens mit Herzblut zu werben. Der bevorstehende Neubau des dortigen Hallenbads ist ein Kraftakt, in dem vor allem finanzielle Risiken stecken und der viel Mut erfordert. Die Hoffnung richtet sich auf die interkommunale Zusammenarbeit. Das heißt: Nachbarkommunen, deren Schüler auch zum Schwimm-unterricht nach Bäumenheim kommen, beteiligen sich finanziell am Bau und am laufenden Betrieb. "Wir sind jetzt am Scheideweg", sagt Haller, "jetzt müssen die Kosten endgültig auf den Tisch, dann beginnt die heiße Phase."
Aber Haller beobachtet auch, dass sich im gesamten Landkreis die Bäderlandschaft nachteilig verändert. Das stimmt ihn bedenklich. "Vieles hängt davon ab, wie sehr die Kommunen bereit sind, in ihre Schwimmbäder zu investieren." Vor allem im nördlichen Landkreis gebe es "viel zu wenig Wasserfläche", sagt Haller, der nicht müde wird, immer wieder darauf hinzuweisen, dass es lebensrettend sein kann, schwimmen zu können.
Die Diskussion ist geschlossen.