
Zuschauer in Stadien: Lieber Vorsicht als Fan-Liebe?

Plus Die Fans in der Region diskutieren über das Hygienekonzept der DFL, wieder Zuschauer in die Stadien zu lassen.

Am Anfang war es schon gespenstisch: Wenn Timo Werner, Robert Lewandowski und Co. ein Tor schossen, erschallten keine Fangesänge, keine Partylieder über die riesigen Lautsprecher im Stadion. Die Geräuschkulisse entsprach eher einem Testspiel in der B-Klasse. Doch nach einigen Wochen, in denen wieder der Ball in den Bundesligen rollte, hatte sich so mancher Fernsehzuschauer schon halbwegs an die Ruhe gewöhnt – oder das Angebot des Bezahl-Senders Sky genutzt, der aufgezeichnete Fangesänge zum Spiel ausgestrahlt hatte. Geht es nach der Deutschen Fußball-Liga (DFL) – und sicher auch vielen Fans – würden die sogenannten Geisterspiele bald der Vergangenheit angehören. Denn sie hat ihr Hygienekonzept für Spiele mit Zuschauern überarbeitet und nun Gesundheitsminister Spahn vorgelegt.
Der Politiker lobte das Konzept, während Ärzte wie auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder davor warnen, die Stadien Zuschauern zu früh zugänglich zu machen. Doch wie sehen das die Fans in der Region?
Vorsitzender des Nördlinger FC-Bayern-Fanclubs fordert Alkoholverbot
Arnold Hanschek, Vorsitzender des FC Bayern Fan-Clubs Eichendorffstüble Nördlingen, befürwortet Spiele mit Zuschauern, hält ein gutes Konzept aber für notwendig. „Im Stadion muss aus meiner Sicht ein Alkoholverbot herrschen, beim Einlass müssen niedrigere Promillegrenzen gelten, weil sich jemand mit 1,5 Promille nicht mehr für Abstandsregeln interessiert“, betont er. Zwar gehöre auch das Feiern zum Stadionbesuch, aber in der aktuellen Situation gehe der Infektionsschutz aus seiner Sicht vor. In jedem Fall werde es weniger Plätze geben, der FC Bayern wisse aber selbst noch nicht, wie er die wenigen Karten verteilen will. „Ich fände es richtig, wenn die Fans, die dem FC Bayern seit Jahre die Treue halten, eher zum Zug kommen, nicht die Eintagsfliegen.“
FCA-Fans Nordschwaben nehmen "Verantwortlichkeit der Club-Spitzen" wahr
„Ich würde mich freuen, wieder ins Stadion zu dürfen. Ich denke, dass die Managements der Bundesliga-Clubs ein gutes Konzept haben“, findet Kurt Jenning von den FCA-Fans Nordschwaben. In dem Konzept der DFL ist etwa verankert, dass nur eine deutlich geringere Anzahl an Zuschauern – und keine Gästefans – ins Stadion dürfen, um die Abstände einzuhalten, keine Stehplätze besetzt werden dürfen und vorerst kein Alkohol ausgeschenkt wird. Ein detailliertes Konzept unterliegt allerdings der Verantwortung jedes einzelnen Fußball-Clubs. „Ich nehme da schon eine Verantwortlichkeit der Clubspitzen wahr“, sagt Jenning, der dann noch speziell auf die Geschäftsführer des FC Augsburg, Stefan Reuter und Michael Ströll verweist. Schließlich könne auch der Schulunterricht verantwortungsvoll organisiert werden.
Eine Rückkehr der Fans in die Stadien bedeute für Jenning auch ein Stück weit eine Rückkehr in die Normalität – trotz Corona. Er selbst würde jedenfalls wieder in die Augsburger WWK-Arena gehen, um den FCA anzufeuern.
Geteilte Meinungen bei den Red Wood Cats Otting
Etwas anders sieht es Ulrich Scharr, stellvertretender Vorsitzender des FC-Bayern-Fanklubs Red Wood Cats aus Otting. Aus sportlicher Sicht wäre es sicher gut, wenn die Fans zurück in die Stadien dürften, aber aus gesundheitlicher Sicht nicht. „Ich denke, solange es keinen Impfstoff gibt, ist das Risiko zu groß“, so Scharr. Auch bei den Red Wood Cats habe es bereits Diskussionen zu diesem Thema gegeben: „Die einen sagen, es ist Zeit, dass man wieder rein darf, die anderen befürchten einen erneuten Lockdown.“
Trotz Hygienekonzept der DFL sieht Scharr das Ganze eher skeptisch. „Manche Leute werden leichtsinnig, das merkt man auch bei sich selber, wenn man sich zum Beispiel wieder mit Freunden trifft“, sagt er. Im Stadion sehe das wohl nicht anders aus. „Kontakte wird es immer geben, auch beim Jubeln, da werden nicht alle Abstand halten“, ist er sich sicher. Als Problem sieht er in dieser Hinsicht auch Menschenansammlungen vor den Stadien bei Spielen. „Die Vereine müssten sich auch Gedanken machen, wer von den Dauerkartenbesitzern ins Stadion darf, und wer nicht. Viele Fans werden zu den Spielen kommen, ob sie reindürfen, oder nicht“, befürchtet er.
Angst vor einem erneuten Lockdown
Wenn man höre, dass die Corona-Fallzahlen wieder steigen, sei das schon beängstigend. „Deshalb fände ich es nicht schlimm, zumindest bis zum Ende des Jahres noch mit der Öffnung der Stadien für Fans zu warten. Klar, die Vereine jammern über fehlende Einnahmen, aber die Gesundheit steht im Vordergrund“, so der Red-Wood-Cats-Funktionär. Lieber sei man vorsichtig, sonst stecke man schnell in der gleichen Situation, wie im Frühjahr: „Dann wird es für viele Betriebe wohl richtig eng.“
Kartenverteilung an Fans als großes Problem
Über die mögliche Verteilung der Karten macht sich auch Hubert Kundinger vom FC-Bayern-Fanclub Asbach-Bazis Bäumenheim Gedanken. „Wie soll das funktionieren, wer darf dann ins Stadion rein? Viele Fans werden schimpfen, dann wartet man doch lieber bis es besser wird“, findet er. Problematisch sehe Kundinger auch eine Leitplanke im Hygienekonzept: die sichere Anreise der Fans. Der Bäumenheimer Verein reiste bislang immer mit einem Bus zu den Spielen der Münchner, was unter Berücksichtigung der Hygieneregeln schwierig werden dürfte.
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