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Reiten: Von Pilotta ordentlich durchgerüttelt

Reiten

Von Pilotta ordentlich durchgerüttelt

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    Erst noch eher gemächlich unterwegs, durfte Leonhard Müllner bei seiner ersten Reitstunde bald schon das Leichttraben ausprobieren – und musste dabei aufpassen, nicht aus dem Sattel zu fallen.
    Erst noch eher gemächlich unterwegs, durfte Leonhard Müllner bei seiner ersten Reitstunde bald schon das Leichttraben ausprobieren – und musste dabei aufpassen, nicht aus dem Sattel zu fallen. Foto: Szilvia Izsó

    Wemding Es dämmert, es ist frisch und ein leichter Duft von Pferdeäpfeln und Stroh liegt in der Luft. Denn ich bin heute beim Reit- und Fahrverein Wemding und werde zum ersten Mal Reiten. Begrüßt werde ich aber zunächst von Gänsen, die als Aufpasser fungieren. „Wenn Fremde merkwürdig auf dem Hof herumlaufen, machen sie Lärm und können sogar Einbrecher vertreiben“ sagt David Pfeifer, der mir heute Reitunterricht gibt.

    Eigentlich hatte ich mit Pferden nicht viel zu tun, da ich mich nach einem Tritt gegen den Oberschenkel als Kind von diesen Tieren distanziert hatte. Dank meiner Freundin habe ich mich Pferden nun wieder angenähert. Sich auf eines zu setzten, war mir aber weiterhin fremd. Trotzdem wurde meine Neugier geweckt – denn warum sind so viele Menschen vom Reiten fasziniert? Ist der Sport tatsächlich so teuer? Und warum gehen hauptsächlich Frauen zum Reiten? Mein Trainer ist schon mal ein Mann – und ein erfolgreicher dazu. Er ist seit Kindertagen fasziniert von Pferden und mittlerweile, mit seinen 28 Jahren, stolzer Inhaber des silbernen Reitabzeichens (RA2).

    Wir legen direkt los, gehen in den Stall und zur Box von Pilotta, ein Österreichisches Warmblut und das Pferd, auf dem ich heute das erste Mal reite. Pilotta ist ein erfahrenes und verlässliches Schulpferd, das früher erfolgreich bei Turnieren startete. Darauf vertraue ich und kann ohne Angst vor Tritten um das Pferd herum gehen, um es zu säubern, was genauso zum Reitsport gehört, wie das Reiten selbst. Zunächst wird das Fell mit einem Gummistriegel in kreisenden Bewegungen von grobem Schmutz befreit. Dabei muss ich darauf achten, dass ich nur die Teile des Pferdes mit dem Striegel putze, die nicht knöchern sind. Denn die Beine und der Kopf werden mit anderen Bürsten geputzt. Danach putzen wir die Stute mit einer Kardätsche – einer Bürste mit einer Schlaufe daran, um die Hand hineinzustecken. Zwischendurch gibt es die ein oder andere Streicheleinheit und Klopfer für das Pferd. Danach kratzen wir die Hufe aus und legen der Stute Gamaschen an, die aussehen wie Schienbeinschoner.

    Nachdem das Pferd nun picobello sauber ist, legt David den Sattel auf. In diesem Fall einen Vielseitigkeitssattel. Er macht das alles höchst professionell, erklärt jeden Schritt und jeden Handgriff. Unter den Sattel kommt eine Schabracke, eine Art Decke, um das Pferd und den Sattel zu schützen. Wir messen aus, ob die Steigbügel, die am Sattel befestigt sind, lang genug für mich sind. Dazu legt man die Fingerspitzen an den Anfang der Steigbügelriemen und hebt den Steigbügel in Richtung Achsel. Wenn der Riemen nun bis zur Achsel reicht, müsste die Länge normalerweise passen. Nun trensen wir das Pferd. Das Zaumzeug besteht aus einem Reithalfter aus Leder, woran ein Gebiss und Zügel befestigt sind. „Dann sind wir soweit fertig und können in die Halle“, sagt Pfeifer, der seit 2013 den Trainerschein C besitzt.

    Wir drehen eine Runde zu Fuß in der Halle, um die Muskulatur des Pferdes aufzuwärmen. Pfeifer erklärt mir nebenbei, was es mit den ganzen Buchstaben an den Wänden auf sich hat. Diese sind zur Orientierung für den Reiter, wenn er bestimmte Figuren oder Lektionen reitet. Die Buchstaben brauche ich in meiner ersten Reitstunde allerdings nicht weiter beachten. Der Trainer zieht ein kleines Brett aus der Bande, das meine Aufstiegshilfe ist. „Linker Fuß in den linken Steigbügel und wie beim Motorrad flott das rechte Bein über das Pferd heben“, sagt mir der gelernte Kaufmann. Gut, das hat schon mal geklappt und ich sitze fest im Sattel.

    Der erfahrene Reiter erklärt mir, wie ich die Füße richtig in die Steigbügel stelle und wie ich die Zügel halten muss. Außerdem erläutert er die Grundlagen der sogenannten Hilfen, die ich dem Pferd geben muss. Es gibt Gewichts-, Schenkel- und Zügelhilfen. Ich – oder besser gesagt das Pferd – ist an der Longe, das heißt, mein Trainer hat es mit einer langen Leine ein wenig unter Kontrolle. Ob das hilft, wenn die Stute durchgeht, bezweifle ich. Trotzdem verlasse ich mich voll und ganz auf Pilotta und ihre langjährige Erfahrung mit Reitanfängern – und natürlich meinen Trainer.

    Wir legen erst einmal ganz langsam los. Wir reiten Schritt und ich lerne, wie ich mit Zügel- und Schenkelhilfen das Pferd zum Vorwärtsreiten und Anhalten bekomme. Kommt mir fast vor, wie beim Autofahren – Gas geben und Bremsen. „Das klappt optimal“, ruft mir der gebürtige Gundelsheimer zu, obwohl ich noch zögere, die Hilfen zu kräftig zu geben, um das Pferd nicht zu verletzen. Ziemlich schnell geht es schon zum Trab über und ich darf das Leichttraben lernen, was in der ersten Reitstunde eher unüblich ist, wie ich später von meinem Trainer erfahre. Das Leichttraben dient dazu, den Pferderücken zu entlasten und hilft auch mir, nicht bei jedem Tritt des Pferdes in dessen Rücken zu fallen. Für Außenstehende sieht das bestimmt lustig aus. Ich werde ganz schön durchgerüttelt. Eigentlich sollte man, um es grob zu beschreiben, auf jeden zweiten Tritt aufstehen, was mir aber beim ersten Anlauf nicht gelingt. Nun hüpfe ich hoch und runter und kippe fast rechts aus dem Sattel, kann mich aber gerade noch fangen und bringe Pilotta erst einmal wieder zum Stehen. Puh, kurz durchatmen. Mein Ehrgeiz ist nun geweckt. Noch einmal so rumhoppeln möchte ich nicht, zumal ich einen Schmerz unterhalb der Leistengegend verspüre. Ich positioniere meine Füße noch mal neu, mache mir klar, wann ich aufzustehen habe und wie ich das Gleichgewicht am besten halte.

    Ein neuer Versuch – und jetzt klappt es wesentlich besser. Auch mein Trainer ist begeistert. Ich versuche den Schmerz zu unterdrücken und habeden Ansporn, durch einen möglichst korrekten Sitz dem ganzen entgegenzuwirken, aber ich merke, dass es schon zu spät ist. Zumindest kann ich eine Verschlimmerung verhindern. Mein Reitstil wird daher immer besser, der Trainer lobt mich und ich soll die Stute loben, als wir wieder zum Stehen kommen. Aber als ich mich vorbeuge um Pilotta zu streicheln, läuft sie wieder los. Gar nicht so leicht mit den Zügeln das Pferd im Zaum zu halten.

    Nach etlichen Runden im Leichttrab hören wir langsam auf. Der Trainer ist überrascht, wie gut ich das Gleichgewicht gehalten habe und das es nicht üblich ist, dass ein Anfänger bei der ersten Stunde in den Leichttrab kommt. Stolz darf ich nun das Pferd noch eine Runde in der Halle führen, bevor ich es wieder in seine Box bringe.

    Dass überwiegend Frauen reiten, kann mir Pfeifer bestätigen, wobei er jedoch betont, dass es beim Turniersport auch viele Männer gibt. Ob Reiten ein teures Hobby ist, hängt davon ab, ob man ein eigenes Pferd hat, auf Schulpferden reitet oder eine Reitbeteiligung hat und was man erreichen möchte. Bei einem eigenen Pferd gibt es viel zu beachten. Neben den Anschaffungskosten kommen regelmäßig Stallmiete, Tierarztkosten und Rechnungen des Hufschmieds dazu. Allein für die Ausstattung eines Pferdes wie beispielsweise Sattel, Halfter und Trensen gibt es preislich fast keine Grenzen nach oben. Der Jahresbeitrag als aktives Mitglied kostet in Wemding 60 Euro. Als Vereinsmitglied kostet eine Reitstunde für Erwachsene als Anfänger im Einzelunterricht 18 Euro, später im Gruppenunterricht 12,50 Euro.

    Das Ziehen in der Leistengegend hält noch ein paar Stunden an, nach einem beruhigenden kühlen Getränk mit Hopfen verschwindet es jedoch.

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