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Familienalbum: "Durch das Muttersein habe ich weichere Seiten an mir entdeckt"

Familienalbum

"Durch das Muttersein habe ich weichere Seiten an mir entdeckt"

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    Lili ist Mutter zweier Kinder.
    Lili ist Mutter zweier Kinder. Foto: Lea Schmitt

    Was bedeutet Familie heute? Was macht sie aus? Und was hält sie zusammen? Wir stellen diese Fragen denen, die sie am besten beantworten können. In unserer Serie "Familienalbum" erzählen Menschen aus der Region, wie sie leben, was ihre Familie besonders macht und auf welche Art sie den Alltag organisieren. Diesmal mit Lili, 34, die Mutter eines fünfjährigen Sohnes und einer zweijährigen Tochter ist.

    Familie: Ich lebe mit meiner Familie in München. Mein Mann und ich haben zwei Kinder: einen Sohn, der fünf ist, und eine zweijährige Tochter. Die drei sind für mich meine Kernfamilie. Dazu kommen noch meine Eltern und meine Schwester und die Eltern meines Mannes. Meine Eltern sind sehr eingebunden bei uns, vor allem meine Mutter. Unsere Tochter habe ich zu Hause betreut, bis sie zwei geworden ist. Gleichzeitig habe ich gearbeitet, also hat meine Mutter mich immer zwei Wochen im Monat bei der Betreuung unterstützt.

    Anfänge: MeinMann und ich sind schon lange zusammen: Er war 18, ich war 17, kennengelernt haben wir uns auf einem Festival. Damals dachte ich, er wäre eher jemand, mit dem man einen Abend Spaß hat und danach meldet er sich nicht mehr. Das kam dann anders. Seit 2018 sind wir verheiratet, zwei Jahre vorher ist unser Sohn auf die Welt gekommen. Wir kennen ganz verschiedene Phasen einer Beziehung: Die jugendliche Verliebtheit und das wilde Zusammenleben, aber auch die Zeit der Fernbeziehung, als ich im Internat und dann mit dem Erasmus-Programm in Helsinki war. Durch die Kinder sind wir jetzt in einer neuen Phase, in der wir uns auch damit auseinandersetzen müssen, wie wir selbst erzogen und geprägt wurden. Da haben wir sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, das ist gerade unser Thema.

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    Foto: Lea Schmitt

    Vor der Geburt unseres Sohnes haben wir viel Musik gemacht und in Clubs aufgelegt. Ich war damals in München eine der ganz wenigen Frauen in der DJ-Szene. Wir haben zu der Zeit studiert, ich habe Radio gemacht, wir waren viel tanzen. Mein Leben war vor allem durch Arbeit, Kultur und Feiern geprägt. Kinder fordern einen dann noch mal auf einer ganz anderen Ebene. Durch die Schwangerschaft und das Muttersein habe ich die eher weicheren Seiten an mir entdeckt, sie zugelassen, respektiert und ihnen Raum gegeben. Das war eine riesige Umstellung. Ich habe mich auf eine gewisse Weise neu kennengelernt und gemerkt, was für eine Stärke eigentlich in jenen Seiten steckt, die ich früher immer für zu weiblich, zu weich, zu schwach gehalten habe. Jetzt fühle ich mich ganzer, weil ich diese Seiten an mir nicht mehr verstecken muss.

    Unser Sohn war nicht geplant. Ich hatte immer im Kopf, dass ich mit 32 Mutter werde. Dann wurde ich es eben doch schon mit 29. Während der Schwangerschaft habe ich gemerkt, wie ich Schritt für Schritt immer mütterlicher wurde – auch wenn ich immer noch viel unterwegs war, ausgegangen bin mit Babykugel, weiter aufgelegt habe. Die Geburt meines Sohnes war dann auch für mich die Geburt als Mutter. Es war ein wahnsinniges Gefühl, dieses kleine Wesen im Arm zu halten. Ich war unheimlich stolz auf mich selbst. Alles andere war dann ziemlich schnell egal. Die Prioritäten haben sich verschoben. Ich habe am Anfang versucht, mein Leben ähnlich wie zuvor weiterzuleben. Aber dann habe ich gemerkt, dass das gar nicht so einfach ist – und dass es auf einmal auch nicht mehr so wichtig war.

    Alltag: Die Kinder gehen beide in den Kindergarten beziehungsweise in die Krippe. Mein Mann und ich sind mal im Homeoffice, mal im Büro. Wir haben beide relativ flexible Arbeitsmodelle. Ich arbeite als Journalistin in verschiedenen Schichten und die Kinderbetreuung nachmittags teilen wir uns fast fifty fifty auf. Da helfen dann auch die Omas mit. Am Abend kommen wir dann alle zum Essen zusammen. Da wird es laut, es wird gemanscht und irgendwo dazwischen unterhalten wir uns über den Tag. Danach spielen wir meist noch ein wenig miteinander und bringen anschließend die Kinder ins Bett. Und wenn wir Glück haben, dann treffen sich die Eltern noch auf eine Runde Netflix oder ARD-Mediathek.

    Ich fühle mich von meinem Arbeitgeber gut unterstützt. Trotzdem habe ich den Wiedereinstieg nach den Schwangerschaften unterschätzt. Ich mache meinen Job wahnsinnig gern und doch spüre ich einen Interessenskonflikt zwischen den Kindern und der Arbeit. Es tut Kindern gut, wenn man viel Zeit mit ihnen verbringt. Und je weniger Zeit man für sie hat, desto mehr macht sich das bemerkbar. Mein Sohn hat zum Beispiel mit einem Jahr angefangen, andere zu hauen. Und da habe ich gesehen, dass die zwei Stunden, die ich nach dem Arbeitstag noch mit ihm hatte, nicht ausreichen, um so einen Konflikt zu lösen. Dafür braucht es unkompliziertes Beisammensein. In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Ich bin einerseits ein Arbeitstier, andererseits hatte ich auch schon Momente, in denen ich mir gewünscht habe, als Mutter zu Hause zu bleiben.

    Streitpunkte: Man neigt als frisches Elternteil dazu, vor allem auf die Bedürfnisse des Kindes zu achten und seine eigenen Bedürfnisse zu vergessen. Das ist mir auch passiert. Ich habe mein Wohl stark von dem meines Kindes abhängig gemacht. Da wieder rauszukommen, kann konfliktbehaftet sein. Ich musste lernen, mich von meinem Kind wieder unabhängiger zu machen. Also auch mal "nein" zu sagen, wenn mein Sohn fragt, ob wir spielen wollen. Da bekommt man natürlich keinen Applaus von einem 5-Jährigen. Ansonsten sind es die Klassiker: Morgens losgehen, abends Zähneputzen. Da kracht es leider noch regelmäßig.

    Glücksmomente: Uns als Familie macht es absolut glücklich, zusammen Musik zu hören und zu tanzen. Wir drehen die Musik dann laut, egal, ob es Rolf Zuckowski, Nicki Minaj oder Iron Maiden ist, und machen Kinderdisco. Mittlerweile haben wir eine kleine Lichtmaschine, mein Mann oder ich stehen an den Turntables und legen auf. Lustigerweise schließt sich da der Kreis, denn Musik ist das, was meinen Mann und mich glücklich macht und jetzt teilen wir es mit den Kindern. Alle bekommen dabei einen ganz anderen Blick auf die anderen: Wir als Eltern sind in unserem Element und auch die Kinder haben einfach Spaß.

    Was ist Ihre Geschichte? Wollen Sie auch von Ihrer Familie erzählen und verraten, was Sie und Ihre Lieben besonders macht? Dann melden Sie sich – gern mit einer Telefonnummer – unter der Mail-Adresse familienalbum@augsburger-allgemeine.de. In der Serie "Familienalbum" erzählen wir die Geschichten von großen und kleinen Familien, von Regenbogenfamilien, Patchworkfamilien oder Mehr-Generationen-Familien, kurz: von jedem, der sich als Familie fühlt. Alle Artikel aus der Reihe finden Sie gebündelt auf einer Sonderseite.

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