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Beruf: Wer Erfolg haben will, muss manchmal „Nein“ sagen

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Wer Erfolg haben will, muss manchmal „Nein“ sagen

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    Wer weiß, wie er die Bitte eines Kollegen ablehnt, ist oft erfolgreicher im Job. Aber: Nein-Sagen will gelernt sein.
    Wer weiß, wie er die Bitte eines Kollegen ablehnt, ist oft erfolgreicher im Job. Aber: Nein-Sagen will gelernt sein. Foto: Antonioguillem, Adobe Stock

    So ziemlich jeder kennt das: Man versinkt ohnehin schon in Arbeit, da kommt ein Kollege oder auch der Chef mit einer Bitte auf einen zu. Ob man nicht das neue Projekt auch noch übernehmen könne. Den Messestand planen. Den Tag der offenen Tür organisieren. Man habe das doch das letzte Mal so toll gemacht. Noch mehr Arbeit, noch mehr Stress – da merkt man sofort, der Verstand sagt „Nein“. Trotzdem kommt ein „Ja“ über die Lippen, weil sich gleichzeitig das schlechte Gewissen meldet. Das führt zu Überstunden.

    Sechs von zehn Menschen in Deutschland fühlen sich gestresst – unabhängig davon, ob beruflich oder privat. Das zeigt die Stress-Studie der Techniker Krankenkasse. Demnach stehen 63 Prozent der Frauen hierzulande immer wieder unter Strom, bei den Männern sind es 58 Prozent. Ob man geradewegs in den Burn-out steuert, lässt sich an bestimmten Warnsignalen erkennen, sagt Nathalie Mong, Psychologische Psychotherapeutin aus München. Dazu gehörten etwa eine erhöhte Infektanfälligkeit, starke körperliche Erschöpfung, Reizbarkeit, Verlust der Motivation sowie sozialer Rückzug. „Nur wer erkennt, wie weit der persönliche Stresslevel bereits vorangeschritten ist, kann gegensteuern“, so die Stressexpertin.

    Um rechtzeitig die Notbremse ziehen zu können, ist die Ursachenforschung sehr wichtig. Und zu diesen Ursachen zähle häufig, von allen gemocht werden zu wollen und sich deshalb bis zur Selbstaufgabe aufzuopfern. „Nein-Sagen haben diese Menschen nie gelernt und bürden sich immer mehr Arbeit auf, bis sie selbst kapitulieren“, sagt Mong.

    Ein berühmter Neinsager: US-Investor Warren Buffett

    Dass Nein-Sager erfolgreicher sind, belegt eine Reihe prominenter Querköpfe. Etwa Warren Buffett: Als der legendäre US-Investor auf den Unterschied zwischen erfolgreichen und wirklich erfolgreichen Menschen angesprochen wurde, sagte er: „Letztere sagen zu fast allem Nein.“ Und auch eine der reichsten Frauen der USA, Medienunternehmerin Oprah Winfrey, ist bekennende Nein-Sagerin. In einem Podcast der „New York Times“ erklärte sie vor einiger Zeit, wie wichtig es für den eigenen Erfolg ist, zu lernen, anderen Wünsche abzuschlagen.

    Die Fähigkeit ein „Nein“ auszusprechen gehöre zum Handwerkszeug erfolgreicher und selbstbewusster Menschen, bestätigt Alexander Bellon, Coach für Persönlichkeitsentwicklung und Motivation aus Regensburg, der mit seinem Bruder die Agentur FlowFinder betreibt. Einem Freund oder Kollegen hier und da mal auszuhelfen, auch wenn man eigentlich keine Zeit und Lust dazu hat, sei in Ordnung. „Genau genommen ist es unsere Pflicht als gute Menschen, nicht immer nur an uns zu denken und hin und wieder die eigenen Interessen zurückzustellen.“ Problematisch wird es aber, wenn es zur Regel wird und man es nie schafft, eine Bitte abzulehnen. „Dann macht man sich selbst weniger wichtig als andere“, sagt Bellon. „Man beginnt, sich in der Warteschlange des Lebens immer und immer wieder ganz hinten anzustellen.“

    In uns steckt ein Urinstinkt

    Die gute Nachricht: In den richtigen Situationen auch mal „Nein“ zu sagen, lässt sich lernen. „In uns allen steckt noch immer der Urinstinkt, von anderen gemocht zu werden“, sagt Bellon. „Nicht selten versuchen wir sogar unsere eigenen Prioritäten, Interessen und Ziele hintanzustellen, um jedermanns Liebling zu sein.“ Um dieser Falle zu entgehen, rät der Persönlichkeitscoach, jene Menschen aus seinem Leben auszusortieren, „die einen nur mögen, wenn man für sie von Nutzen ist und immer das tut, was sie möchten“. Man müsse seine eigenen Prioritäten definieren und danach handeln – und nicht um jeden Preis nur um Konflikte zu vermeiden eine Aufgabe übernehmen, die diesen Prioritäten nicht entspricht.

    Aber vom Ja- zum Nein-Sager wird man nicht über Nacht. Es ist eine Frage der Übung. Das könne man für sich alleine vor dem Spiegel tun, indem man sich eine bestimmte Situation vorstellt und konsequent mit einem „Nein“ reagiert oder zu zweit etwa mit dem Partner üben, rät Bellon. Wer sich dennoch schwertut, könne auch mit der „Das ist das letzte Mal“-Strategie arbeiten: „Durch ein richtig kommuniziertes ‚Das ist das letzte Mal‘ zieht man eine klare Grenze und errichtet für das nächste Mal einen Zaun, an dem nicht so einfach vorbeizukommen ist.“

    Persönlichkeitscoach Alexander Bellon: Nicht überrumpeln lassen

    Problematisch bleiben die Situationen, in denen man mit einer Bitte überrumpelt wird. Oftmals sagt man dann spontan „Ja“ und ärgert sich später darüber. Bellon rät deshalb dazu, sich in solchen Fällen Bedenkzeit zu erbitten. Möglichkeiten sind, dass man antwortet, erst in seinen Terminkalender schauen zu müssen oder eine Nacht darüber schlafen zu wollen. „Überrumpelt werden kann nur, wer sich überrumpeln lässt. Durch die Äußerung des Wunsches nach etwas Bedenkzeit ist nichts verloren“, betont Bellon. Das eröffnet einem die Möglichkeit, sich die richtigen Worte zurechtzulegen, um der Person dann letztendlich doch ein „Nein“ mitteilen zu können. „Und wenn man sich nach sorgfältiger Überlegung dazu entscheidet, Ja zu sagen, kann man das natürlich immer noch machen.“ Es ist dann eben nur ein überlegtes Ja.

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