
Raiba Jettingen-Scheppach: Die Entscheidung ist gefallen

Plus Kurz vor der Geisterstunde machen die Mitglieder der Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach den Weg für eine Fusion mit der Raiba Augsburger Land West frei.
Es ging auf Mitternacht zu, als Jubel und Beifall aufbrandeten. Soeben hatten die Mitglieder der Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach mit 92,16 Prozent die Fusion ihrer Bank mit der Raiffeisenbank Augsburger Land West beschlossen. Im Kreuzfeuer der Kritik standen die Verantwortlichen der VR Bank Donau-Mindel mit Sitz in Günzburg. Mit mehr als nur unfairen Mitteln hätten sie bis zuletzt versucht, die geplante Fusion zu torpedieren. Deutlich wurde unter anderem Siegfried Drexl vom Genossenschaftsverband Bayern. Als Wertungsrichter würde er den Zuständigen der VR Bank „die Rote Karte für die Haltungsnoten“ zeigen.
Um Eigenständigkeit der Raiba Jettingen-Scheppach ist lange gekämpft worden
Die Generalversammlung der Raiffeisenbank Jettingen-Scheppach am Mittwochabend war ungewöhnlich. Wegen Corona fand die Veranstaltung auf dem Fußballplatz des VfR Jettingen statt. Es dauerte lange, ehe sich alle Teilnehmer in die Mitglieder- und die Corona-Meldelisten eingetragen hatten. Versehen mit Platzkarten wurden die rund 250 erschienenen Raiba-Mitglieder auf die Tribüne oder zu den Bierbänken am Spielfeldrand geleitet. Alle mussten sich in Geduld fassen.
Der Aufsichtsratsvorsitzende Leonhard Rampp konnte die Versammlung nicht, wie geplant, um 19 Uhr, sondern erst eineinhalb Stunden später eröffnen. Die Anwesenden nahmen es gelassen und harrten, trotz aufziehender Kühle und Feuchtigkeit, bis kurz vor Mitternacht aus. Rampp und Vorstand Markus Deubler erläuterten den Mitgliedern, warum sich die Verantwortlichen der Raiba Jettingen-Scheppach für eine Fusion mit der Raiba Augsburger Land West aussprechen. Lange sei um die weitere Eigenständigkeit der kleinen Bank gekämpft worden. „Noch sind wir gesund“, betonte Deubler. Doch angesichts sinkender (Zins-)Erträge und steigender Kosten sei eine Fusion unumgänglich, um zukunftsfähig zu bleiben – im Interesse der Mitglieder, der Kunden und der 30 Beschäftigten.
Raiba Augsburger Land West verfolgt gleiches Geschäftsmodell
Mit sechs Banken sei zunächst gesprochen worden, in die engere Auswahl seien die VR Bank Donau-Mindel, die Raiba Thannhausen und die Raiba Augsburger Land West gekommen, erklärte Rampp. Als beste Option habe sich die Raiba Augsburger Land West erwiesen. Beide Banken verfolgten das gleiche Geschäftsmodell – ländlich orientiert und mit einem Netz von auch kleinen Filialen. Mit der geplanten Fusion sei unter anderem gewährleistet, dass die Raiba-Filiale in Scheppach und das Lagerhaus in Jettingen erhalten blieben. Zudem biete die Raiba Augsburger Land West eine Reihe nennenswerter Boni für die Mitglieder.
Alle 30 Mitarbeiter würden übernommen, betonte Gertrud Reichhardt namens der Belegschaft. Ihnen werde damit eine Entwicklungs- und Zukunftschance geboten. Sie appellierte deshalb an die Mitglieder, der geplanten Fusion zuzustimmen. Auch künftig würden Schulen, Vereine und Verbände mit Spenden bedacht, ergänzte Vorstand Markus Deubler, die Gewerbesteuer bleibe ebenfalls wie gehabt in der Marktgemeinde – Umstände, die Bürgermeister Christoph Böhm in seinem Grußwort dankend hervorhob.
Vorstand Deubler verurteilt Verhalten der VR-Bank Donau-Mindel
Mit allen drei Banken, die zuletzt zur Auswahl standen, sei in gleicher Weise gesprochen und verhandelt worden. Den Vorwurf, die VR Bank Donau-Mindel habe „keine echte Chance bekommen“, könne er deshalb „guten Gewissens zurückweisen“, betonte Leonhard Rampp. Doch bei einer Fusion mit der VR-Bank wären die Filiale in Scheppach und das Lagerhaus in Jettingen auf der Kippe gestanden, außerdem hätte sich die Raiba Jettingen-Scheppach womöglich „zum Steigbügelhalter“ einer Schließung der VR-Filialen in Burtenbach und Röfingen gemacht, erklärte Vorstand Deubler. „So gehen wir mit der Bevölkerung in unserer direkten Nachbarschaft nicht um“, bat Deubler die Mitglieder, sich von „Nebelkerzen und Störfeuern“ nicht beeinflussen zu lassen.
Zuletzt hätten die Verantwortlichen der VR-Bank ein Verhalten an den Tag gelegt, das mit den Grundsätzen von Genossenschaftsbanken nicht vereinbar sei. So seien Kunden der Raiba Jettingen-Scheppach, die zum Teil gar keine Mitglieder sind, angeschrieben und mit „vertraulichen Schriftstücken“ versorgt worden, kritisierte Deubler. Das Fass zum Überlaufen brachte wohl eine Annonce der VR-Bank, die just am Tag der Generalversammlung in der Günzburger Zeitung platziert worden war. Darin werden die Mitglieder der Raiba Jettingen-Scheppach gebeten, gegen die Fusion „mit Augsburg“ zu stimmen. Mit Augsburg habe die Raiba Augsburger Land West rein gar nichts zu tun, betonten deren Vorstände Hermann Scherer und Karl Rau. Ihr Geschäftsgebiet mit zehn Filialen sei vielmehr ebenso ländlich geprägt wie der Raum Jettingen-Scheppach. Auch deshalb seien die beiden Banken ideale Partner.
Hohe Zustimmung für Raiba Augsburger Land West
Angesichts der fortgeschrittenen Zeit hielten sich die Wortmeldungen in engen Grenzen. Ein in Jettingen-Scheppach wohnender Mitarbeiter der VR-Bank Donau-Mindel plädierte für eine Fusion mit Günzburg. Zudem bedauerte er, dass die VR-Bank „madig“ gemacht worden sei.
Ein ehemaliger Mitarbeiter der Raiba Jettingen-Scheppach widersprach. Aus eigener Erfahrung könne er sagen, dass Gespräche „auf Augenhöhe“ nur mit der Raiba Augsburger Land West möglich gewesen seien. Argumente und Appelle fielen letztlich auf fruchtbaren Boden. Mit 92,16 Prozent der Stimmen wurde die Fusion der Raiba Jettingen-Scheppach mit der Raiba Augsburger Land West beschlossen. Nicht nur Gertrud Reichhardt fiel ein Stein vom Herzen. „Wir sind brutal stolz auf euch“, dankte sie den Befürwortern.
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