
Ja zum Hochwasserschutz, nein zu Flutpoldern

Noch ist nicht sicher, ob ein Polder im Auwald bei Leipheim gebaut wird oder nicht. Doch die Verunsicherung in der Bevölkerung ist groß.
Mit solch einem Interesse hatten selbst die Veranstalter nicht gerechnet. Die Interessensgemeinschaft (IG) „Ja zum Hochwasser – Kein Flutpolder Leipheim“ hatte die Bürger aus Riedheim, Weißingen und Leipheim zu einer Informationsveranstaltung eingeladen und knapp 250 Besucher kamen. Schnell wurde klar, dass sie die Sorgen der Interessensgemeinschaft teilen.
Wie berichtet sollen entlang der Donau mehrere Flutpolder entstehen. Ein möglicher Standort für solch ein gigantisches Überlaufbecken, das bei einem Donauhochwasser geflutet wird, könnte im Auwald bei Leipheim gebaut werden. Viele Bürger sind dagegen. Die Interessensgemeinschaft hat bereits mehrere Hundert Unterschriften gegen das Projekt gesammelt. Am 2. Dezember soll voraussichtlich die Entscheidung des zuständigen Wasserwirtschaftsamtes fallen, wurde in der Veranstaltung am Donnerstagabend bekannt gegeben.
Die IG machte noch einmal deutlich, was aus ihrer Sicht gegen einen möglichen Flutpolder im Auwald spricht. Da der Grundwasserspiegel in dem Gebiet ohnehin schon sehr hoch liegt, befürchten sie, dass ihre Keller bei einer Flutung unter Wasser stehen könnten. „Das ist ein riesiges Bauwerk“, sagte Gerd Mannes von der IG. Im Gespräch sind Dämme mit einer Breite von bis zu 40 Metern und einer Höhe von sechs Metern. Die IG zitierte eine Studie der TU München: Darin stehe, dass der Flutpolder in Leipheim wegen der Wechselwirkung mit dem Riedstrom extrem schlecht wirke, aber es gebe laut Wasserwirtschaftsamt ein wesentliches Alleinstellungsmerkmal: Der Polder könne die Nachbarstadt Günzburg vor Extremhochwasser schützen. Gerd Mannes kritisierte: „Günzburg hat bis heute nichts für den Hochwasserschutz getan, nicht einmal den gesetzlich vorgeschriebenen Grundschutz. Andere Städte versiegeln Flächen und wir sollen für sie das Hochwasser wie Müll entsorgen.“
Die Last soll auf alle Kommunen verteilt werden
Die Interessensgemeinschaft schlägt vielmehr vor, mehrere kleine Überlaufbecken zu bauen, an allen Orten einen Grundschutz zu errichten und so die Last auf alle Kommunen zu verteilen. Außerdem fordert die IG einen Staatsvertrag mit dem benachbarten Baden-Württemberg, denn von dort komme das Hochwasser.
Auch wenn bislang noch nicht feststeht, ob ein solcher Polder überhaupt im Raum Leipheim gebaut wird, ist die Verunsicherung in der Bevölkerung groß. Schon jetzt, so berichteten einige Anwohner, gibt es Schwierigkeiten mit nassen Kellern. Grund sei unter anderem die Wiedervernässung des Donaumooses. „Wir haben doch jetzt schon Probleme. Das wird durch den gefluteten Polder doch noch schlimmer“, regte sich ein Bürger auf. Er sei sich sicher, dass das Wasser nicht im Polder bleibe, sondern das Grundwasser in die Keller ihrer Häuser drücke.
Ein weiterer Bürger erzählte, dass er seit Jahren Probleme wegen des Hinterlandentwässerungsgrabens habe. Dieser werde nur schlecht gepflegt. „Wir haben das Wasser in den Kellern und auf den Feldern“, kritisierte er. Selbst bei Trockenheit im Sommer fließe da noch Wasser. Ein weiterer Bürger machte sich weit größere Sorgen. „Wenn die Dämme des Polders brechen, dann steht ganz Riedheim unter Wasser.“ Er sprach davon, dass die Riedheimer „geopfert“ werden und nannte das Projekt „verantwortungslos“. Auch was bei einer Flutung mit dem Wasser angeschwemmt werden könnte, bereitete Sorgen. Nicht nur von Dreck und Müll war die Rede, sondern sogar von Quecksilber. „Wir brauchen keine Flutpolder, weder hier noch weiter unten im Raum Dillingen“, brachte ein Bürger die Meinung der meisten Anwesenden auf den Punkt.
Bürgermeister und Stadträte müssen sich Kritik anhören
Auch Bürgermeister Christian Konrad und mehrere Stadträte waren zu der Veranstaltung gekommen – und mussten sich so manche Kritik anhören. Was die Vertreter der Stadt gegen das Vorhaben unternehmen?, wollte ein Anwohner wissen. Stadtrat Alexander Rabus hielt dem entgegen, dass er bereits auf der Unterschriftenliste unterschrieben und sich somit gegen das Projekt ausgesprochen habe. „Wir waren lange Zeit nicht im Fokus und wollten uns deshalb bedeckt halten“, erklärte er. Und noch, so ergänzte Bürgermeister Christian Konrad, sei ja noch gar nicht sicher, ob Leipheim überhaupt einen Flutpolder bekommen soll. „Ich halte nichts davon, jetzt schon einen riesen Zinnober zu machen.“ Da auch die Trinkwasserversorgung der Leipheimer Stadtteile in diesem Gebiet liegt, sagte Konrad: „Der Polder kann Auswirkungen auf das Trinkwasser haben. Wenn dieses gefährdet ist, dann werden wir dagegen klagen.“
Sonja Mannes von der Interessensgemeinschaft machte klar: „Wir können nur gemeinsam etwas erreichen.“ Applaus gab es für den Vorschlag, dass ein Konto eingerichtet werden soll und so weitere Protestmaßnahmen, wie Banner und Plakate finanziert werden sollen. Auch weitere Veranstaltungen sind geplant und sollte Leipheim tatsächlich einen Flutpolder erhalten, wollen die Vertreter der IG klagen und im Landtag Petitionen für Gesetzesinitiativen einreichen.
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