
Steht der Beruf des Metzgers im Landkreis Günzburg vor dem Aus?

Plus Gute Qualität, starkes Sortiment: Heimische Betriebe kommen ganz gut durch die Corona-Krise. Ihre Sorgen gehen tiefer. Warum sich Metzger aus dem Kreis Günzburg über die Politik ärgern.
Die heimischen Metzger geben sich – noch – gelassen. Sie haben die Corona-Pandemie bisher relativ gut überstanden und hoffen, dass es nicht schlimmer wird. Die jüngsten Vorkommnisse in der Fleischindustrie (Tönnies und Wiesenhof) werden zwar mit großem Interesse verfolgt, es gibt aber keinen Anlass zu besonderen Aktivitäten. Sie verweisen auf ihr eigenes Angebot mit Fleisch und Wurst von Tieren aus der nahen Umgebung sowie auf die Qualität ihrer handwerklichen Erzeugnisse und das vielfältige Sortiment.
Allerdings ärgert sich der Obermeister der Fleischerinnung Krumbach/Illertissen, Josef Bader, über das Verhalten der Politik. Es gebe eine Vielfalt neuer Verordnungen und Richtlinien, die „das Metzgerhandwerk gegenüber der Fleischindustrie benachteiligen und zu einer Wettbewerbsverzerrung führen, die für uns nicht länger tragbar ist“. Das habe er erst vor Kurzem dem Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) nahezubringen versucht.
Metzger-Obermeister: "Niedrige Supermarktpreise bleiben bestehen"
Bader berichtet, dass nach der Schlachtung für jedes Schwein eine Fleischbeschau durch einen amtlich bestellten Tierarzt erforderlich ist. Zusammen mit der Gebühr für die Entsorgung der Konfiskate ergebe das einen Betrag zwischen 15 und 20 Euro. In der Großindustrie dagegen erfolgten diese Untersuchungen an beispielsweise 1000 und mehr Schweinen pro Tag in der Regel durch betriebseigene Fachkräfte, sodass sich die Kosten dort auf lediglich 1,50 Euro belaufen.
Ähnlich sei es bei den Hygieneauflagen. Bader: „Hier gilt für die Klein- und Mittelbetriebe die gleiche Verordnung wie für die Großindustrie.“ Das aber ergibt für ihn völlig falsche Voraussetzungen im Vergleich zu den Handwerksbetrieben. Sein Fazit: „Die niedrigen Supermarktpreise bleiben bestehen. Ihnen müssen wir durch Qualität, Können und Angebot begegnen.“
Was die Fleischerinnung Krumbach/Illertissen betrifft, so sieht der Obermeister in der näheren Zukunft kaum Veränderungen. Der Mitgliederstand von 17 Betriebsinhabern ist seit Jahren stabil und wird es nach seinem Dafürhalten auch bleiben, denn „anfangen tut keiner mehr, aufhören vorerst aber auch niemand“.
"Es gibt keine Auszubildenden"
Den ersten Teil dieser Bemerkung kann Karl Mader voll umfänglich unterschreiben – den zweiten nicht. Als stellvertretender Obermeister der Fleischerinnung Günzburg/Neu-Ulm überblickt der Metzgermeister aus Waldstetten die aktuellen Entwicklungen und sagt für seinen Bereich mit einem Achselzucken: „Es gibt keine Auszubildenden. Dabei würde ich Verkäuferinnen ausbilden und in der Schlachtung jedes Jahr einen Lehrling einstellen, aber es gibt nichts.“
Das im Lauf der Jahre (unter anderem aufgrund skandalöser Vorgänge in Großbetrieben) immer schlechter werdende Image des Berufsstands wirkt sich nach Maders Worten massiv auf den potenziellen Nachwuchs aus. Selbst in weniger gebildeten Milieus sei es praktisch unmöglich, junge Menschen für das Fleischerhandwerk zu begeistern. „Obwohl wir uns als Innung bemühen“, wie er betont.
In zehn Jahren könnte es kaum noch Metzger im Kreis Günzburg geben
Die aus Maders Perspektive tragische Folge hat schon begonnen: Kleinere Metzgereien schließen und größere überleben zwar derzeit noch, dürften aber auf Sicht ebenfalls erhebliche Sorgen bekommen, wenn keine Nachfolger an den Start gehen. Nach einem Blick auf die Betriebsliste der Innung vermag Mader diese Worte mit Zahlen zu unterfüttern. „Wir waren mal bei 42, sind heute bei 20 und ich mache mir gedanklich schon ein Kreuzchen, wer alles die nächsten Jahre nicht mehr da sein wird. Meine Prognose: In zehn Jahren sind es keine zehn mehr.“
Die Diskussion, ob das genau so eintreffen wird oder nicht, dürfte wenig zielführend sein. Die Tendenz in den Landkreisen Günzburg und Neu-Ulm ist eindeutig. „Und irgendwann sind wir genau in der Situation, dass der Verbraucher nur noch die Großbetriebe hat“, schließt Mader den Kreis. Er fügt als bekannte Nachteile dieser Variante an, dass lebende Tiere und Fleischwaren oft sehr weite Strecken zurücklegen und dass, wenn die Branchenführer aus welchen Gründen auch immer nicht produzieren können oder dürfen, Engpässe in der Versorgung entstehen.
Die Vorzüge des örtlichen Handwerks
Dem gegenüber stellen Bader und Mader unisono die Vorzüge der örtlichen Handwerksbetriebe. „Unsere Tiere kommen aus der Region, es gibt nur kurze Transportwege und jeder Kunde kann davon ausgehen, dass die Tiere vorher artgerecht gelebt haben“, sagt der Krumbacher. Und der Waldstetter bekräftigt: „80 Prozent meiner Kunden müssten unsere Landwirte kennen oder wenigstens wissen, wer sie sind.“ Er selbst beziehe Kühe nur aus einem Umkreis von etwa 15 Kilometern, seine Schweine kauft Mader in Waldstetten, Ettenbeuren und Reisensburg. Natürlich könne er nicht für jeden einzelnen Landwirt garantieren, schränkt Mader ein. „Aber der ganz große Großteil von ihnen weiß, dass er entsprechend mit den Tieren umgehen muss, weil er ja seinen Unterhalt damit verdient.“
Wie Bader kritisiert auch Mader die Politik. Sinngemäß sagt er, es würden artgerechter Umgang mit den Tieren und nachvollziehbare Nahrungsmittelketten eingefordert, während man den Großschlachtereien erhebliche finanzielle Vorteile einräume und vor dort auftretenden Problemen wie bescheidenen Lohnniveaus die Augen verschließe. „Und jetzt plötzlich, seit Corona, ist das große Geschrei da. Dabei weiß die Politik schon seit 20 Jahren, wohin es läuft. Aber bis jetzt musste Essen eben immer billig sein. Und es war alles im Überfluss da.“
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