
Bürger wehren sich weiter gegen Flutpolder bei Leipheim

Plus Auf einer Infoveranstaltung zum neuen Sachstand über den Flutpolder drücken Betroffene in Leipheim ihren Unmut aus.
Um 20 Uhr sollte am Montag im Zehntstadel eine Informationsveranstaltung des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth zu dem geplanten Rückhaltebecken bei Leipheim beginnen. Dass der Polder von vielen Bürgern nicht gewollt ist, wurde nicht nur vor, sondern auch während der Veranstaltung deutlich. Die Interessenvertretung (IV) „Kein Flutpolder Leipheim“ hatte bereits eine Stunde vorher zu einer Demonstration für einen technisch modernen Grundschutz, aber gegen einen Flutpolder eingeladen. Etwa 50 Gegner des Vorhabens, speziell aus Weißingen, Riedheim und Leipheim, waren gekommen, um mit einem Protestbanner ihren Unmut auszudrücken: „Hochwasserschutz Ja, kein Flutpolder Leipheim“.
Sie befürchten eine Gefährdung des geschützten artenreichen Donauwalds sowie des Grundwassers durch den Kontakt mit verschmutztem Donauwasser. Damit verbunden sind Sedimentablagerungen durch die regelmäßigen Flutungen und nicht zuletzt die Gefahr eines Entstehungsplatzes für eine Mückenplage inklusive von Krankheitsherden. Überhaupt wird die Wirksamkeit des Polders, der die Spitze von extremen Hochwasserwellen auf der Donau kappen soll, für den es laut der Interessenvertretung aber kein Steuerungskonzept gibt, in Frage gestellt.
2020 könnte man mit dem Planfeststellungsverfahren beginnen
Wie ist der derzeit aktuelle Sachstand bei dem Vorhaben? Fest stehe, mit welchen Unterlagen nun in das Raumordnungsverfahren eingetreten werden soll, informierte Andreas Rimböck, Leiter des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth, am Montag die inzwischen auf etwa 100 Besucher angewachsene Versammlung. Im Jahr 2020 oder 2021 werde man in das Planfeststellungsverfahren einsteigen.
Bei einem hundertjährigen Hochwasserereignis wäre ein Großteil von Bereichen der A8 überschwemmt. Bei einem extremen Hochwasser – der Fall, um den es sich bei dem Vorhaben handle – würden vor allem Weißingen, die Kohlplatte und die Wedelek-Siedlung erhebliche Schadenspotentiale darstellen, erklärte Marion Keyl von der Leitung der Planungsabteilung Nord am Wasserwirtschaftsamt. Das Konzept sehe vor, mit zwei Einlasswerken und einem Deichbau das Wasser im angrenzenden Wald zu halten. Erhöhte Grundwasserstände würden durch eine Sickerleitung aufgenommen und anschließend wieder abgegeben. Ziel sei der Schutz der Bebauung und der Bevölkerung. Als Ausgleich für die Natur schreibe die Gesetzgebung mehrmals im Jahr ökologische Flutungen vor, um diese an eine Vernässung zu gewöhnen. Dabei sei sichergestellt, dass sowohl die Seen als auch die Fischerei davon nicht betroffen seien. Auch die Sedimentation, die es auch ohne eine Rückhaltung gebe und die sich nicht verstärken werde, habe man untersucht. Das Raumordnungsverfahren stelle keine Detailplanung dar und es erfolge unter der Beteiligung der Öffentlichkeit.
Ökologische Flutungen sorgen für Unverständnis
Unverständnis zeigte sich unter den Teilnehmern in der anschließenden Diskussion vor allem hinsichtlich der ökologischen Flutungen. „Sind das Gesetze oder nur Aussagen?“, wollte Werner Schwung von der IV wissen. Es sollte berücksichtigt werden, welch innovative Arten damit eingeschleppt würden und über Alternativen nachgedacht werden. „Der Polder wird für einen extremes Hochwasser gebaut. Wir brauchen aber einen Grundschutz, dann wäre Ruhe“ fuhr Schwung fort. Der Polder solle einen Grundschutz ergänzen, entgegnete Andreas Rimböck. Man habe entlang der Donau ein Schadenspotential von neun Milliarden Euro ermittelt, und das wolle man reduzieren. Man habe einen Anspruch, zu wissen, wie das Zusammenspiel funktionieren werde, forderte Gerd Mannes. In anderen Bezirken seien Polder weggefallen. Wenn man die Autoindustrie in Deggendorf schützen wolle, müsse dies in Regensburg geschehen und nicht in Leipheim. Marion Keyl erklärte dies mit den vorhandenen Rückhaltepotentialen, die es in Schwaben gebe.
Risiken für Bevölkerung und Wirtschaft sollen reduziert werden
Selbst wenn man ein Flutpolder habe, könne man noch nicht sagen, was er alles bewirken und schützen werde, kritisierte IV-Sprecher Norman Brix. Die Hochwasserfrage sei nicht beantwortet, er habe das Gefühl, dass auf die Bevölkerung nicht eingegangen werde. Dem erwiderte der Leiter des Wasserwirtschaftsamts: Ziel des Flusspolderprogramms sei, die Risiken für die Bevölkerung und die Wirtschaft zu reduzieren und die noch zur Verfügung stehenden Rückhalteräume zu so gut wie möglich zu nutzen. Kurz vor einer Hochwasserspitze werde das Wasser ausgeleitet, neben dem Fluss geparkt und später wieder eingeleitet. Dies sei ein effektives Mittel, um die Gefahr von Überströmungen von Deichen und Überflutungen zu reduzieren.
Die Besucher der Veranstaltungen gaben sich damit nicht zufrieden, es folgten zahlreiche weitere Wortmeldungen. „Wie ist die Haltung der Stadt Leipheim?“, fragte ein Bürger. Bürgermeister Christian Konrad lenkte schließlich ein. Man sei gerne bereit, sich an den runden Tisch zu setzen und dies mit der Bevölkerung zu diskutieren. Aber er betonte: Auch wenn der Stadtrat gegen das Projekt sei und seine Argumente einbringe, bedeute das nicht, dass der Polder möglicherweise nicht gebaut werde.
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Gegen das Mammutprojekt wurden bereits Tausende von Unterschriften gesammelt.
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