
Kaffee und Bier: eine gelungene Melange auf der Bühne

Der Österreicher Stefan Leonhardsberger und der Bayer Stephan Zinner servieren einen gelungenen Abend im Leipheimer Zehntstadel, an dem sogar kleine Pannen Spaß machen.
Der Österreicher Stefan Leonhardsberger und der Bayer Stephan Zinner bereiteten im schwäbischen Zehntstadel eine gelungene bayerisch-österreichische Melange Namens „Kaffee und Bier“. Eine musikalische Lesung erwartet das Publikum, auf der Bühne keine Spur der beiden Kultgetränke in Münchner Wirtshäusern und Wiener Kaffeehäusern, dafür stapelweise Bücher, zwei Gitarren und eine Wasserflasche. Es ist das erste gemeinsame Programm der Beiden und sie widmen sich ausgiebig und vergnüglich den Eigenheiten und Marotten von Österreichern und Bayern. Stephan Zinner, vielen bekannt durch seine Rolle als Markus Söder beim jährlichen Singspiel auf dem Nockherberg, übernimmt den bayerischen Part und Stefan Leonhardsberger den österreichischen.
Karl Valentin darf bei diesem Abend nicht fehlen
Vom Wiener Schmäh bis zum grantelnden Münchner ist alles vertreten. Gleich zu Beginn bekommt das Leipheimer Publikum eine saubere Erklärung der verschiedenen Rausch-Zustände, die von leicht „anghiaselt“ bis zu „zuaglescht“ reichen, denn neben seinen Kaffeehäusern liebt der Wiener auch die Heurigen, in denen der Wein für so manchen „Duliö“ sorgt.
Nicht fehlen darf auf bayerischer Seite ein Text von Karl Valentin, Stephan Zinner entschied sich für Valentins Gedanken aus dem Diesseits über das Jenseits. Wie einst Helmut Qualtinger las Stefan Leonhardsberger „Das Marine-Archiv“ von Anton Kuh und bot Preziosen der Wiener Kaffeehausliteratur samt Kompliment fürs Leipheimer Schloss. „Eine gepflegte Anlage, das Schönbrunn von Bayern“, so Leonhardsberger. Die Günzburger hätten dafür vor dem Legoland einen Parkplatz, auf dem man laut Zinner die Wiesn aufbauen könnte. Zwischen den Texten plauderten „Stefan & Stephan“, die nach eigener Aussage fast ein Schlager-Duo mit Auftritten im ZDF-Fernsehgarten geworden wären, über Gott und die Welt, über Österreich, das jetzt auch eine Kanzlerin hat, über den einen Bayern, der ins Weltall will, darüber, dass der Leonhardsberger keinen Kaffee verträgt und der Zinner beim Bier gerade in der Hyposensibilisierung steckt.
Das Mikrofon knallt schwungvoll gegen die Wange
Viel gelacht wird, als Zinner das heutige „Bohei“ um den Kaffee zum Besten gibt, wenn jeder zum Barista-Kurs eilt, über Kaffeebohnen und Crema diskutiert wird und eine Bedienung in Tränen ausbricht, wenn jemand einen einfachen Kaffee mit Milch und Zucker bestellt. „Das kann unsere Maschine nicht und solche Tassen haben wir auch nicht.“ Zwei große Lausbuben saßen da zuweilen auf der Bühne und sie schienen Spaß zu haben, griffen Reaktionen aus dem Publikum bereitwillig auf, frotzelten in alle Richtungen. Ganz ungeplante Lacher gab es, als sich Leonhardsberger gleich beim ersten „Liadl“ sein Mikro zu schwungvoll herschwenkt und es ihm an die Wange knallt. „Keine Sorge, mir geht’s guat“, signalisierte er. Ob das Publikum die Lebensregeln von Egon Friedell, genial gelesen von Leonhardsberger, umsetzen möchte, wird nie geklärt werden.
Eine Gitarrensaite reißt - kein Problem für die Bühnen-Profis
Sakrisch guat waren die Lieder, die die beiden präsentierten. „Jeder mecht hoit, dass etwas von eam bleibt“ schlägt ganz rockig den Bogen von den frühen Höhlenmalereien, über van Goghs Sternenhimmel, bis zu den heutigen Selfies. Bei dieser Schlagzahl riss sogar eine Gitarrenseite, doch im Bühnen-Notfall-Set fand sich Ersatz, Stephan Zinner nutzte die Pause zum Umbauen.
Auch gruseliges wie das Gedicht „Die Kranke in der Straßenbahn“ gehörte zum Abend oder das kaum vorstellbare Zusammentreffen mit „Gott“ im Getränkemarkt der Maxvorstadt. Wer sonst außer Gott könnte ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Gott“ tragen? Hintersinnig ging es weiter bei Lebensweisheiten der Kaffeehaus-Philosophen, denen eher schlichte Fußballer-Zitate gegenübergestellt würden. „Die im Saal müssen hirnmäßig verdauen, was wir da ausischnalzen“, freuten sich die zwei auf der Bühne.
Ein Mini-Musical als Zugabe
Das Sahnehäubchen der bayerisch-österreichischen Melange erklatschte sich das so geforderte Publikum mit seinem donnernden Schlussapplaus. Leonhardsberger und Zinner sangen und spielten ein Mini-Musical. „Das Polizeipferd“ und sein Schicksal, das ihn von Wien über die Opiumhöhlen-Bangkoks, nach Amerika führt, zog das Publikum in seinen Bann, ehe der Abend mit dem Maibock-haltigen Gedicht „Dichterlesung im Mai“ standesgemäß endete. „Kaffee und Bier“ mundete dem Publikum ausnehmend gut, viele blieben an den Tischen sitzen und ließen den Abend im Gespräch ausklingen.
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