
B16-Umfahrung: CO₂-Emissionen "wurden grob falsch berechnet"

Plus Straßenbauprojekte sind viel klimaschädlicher, als im Bundesverkehrswegeplan angegeben: Das ergibt ein BUND-Gutachten. Besonders "schöngerechnet" wurde der B16-Ausbau.

"Grob falsch", "in keiner Weise adäquat ermittelt" und "extrem widersprüchlich" sind Worte, mit denen der Bund Naturschutz (BUND) die Bilanzrechnung der geplanten Ortsumfahrung Ichenhausen-Kötz beschreibt. Die B16-Umfahrung ist eines von vier deutschen Straßenbauprojekten, die vom Verkehrsplanungsbüro RegioConsult genauer untersucht wurden. Das Gutachten, das vom BUND in Auftrag gegeben wurde, offenbart große Fehlberechnungen im Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030.
Beim Ichenhausener Bürgermeister Robert Strobel und die Kötzer Bürgermeisterin Sabine Ertle war die Freude im Sommer vergangenen Jahres groß: Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr hatte im Juli dem vom Staatlichen Bauamt Krumbach erstellten Vorentwurf für die rund zehn Kilometer lange Ortsumfahrung Ichenhausen - Kötz seinen "Gesehen-Vermerk" erteilt. Das bedeutete: Durch die vorliegende haushaltsrechtliche Genehmigung des rund 98 Millionen Euro teuren Straßenbauprojektes konnte mit der Erstellung der Unterlagen für das straßenrechtliche Planfeststellungsverfahren begonnen werden. Mit der neuen Umfahrung soll der Verkehr aus den Ortschaften genommen werden. Viele Anwohner haben sich in der Vergangenheit über Lärm- und Abgasbelastungen beschwert. Doch werden die Abgasbelastungen mit der Ostumfahrung geringer? Eben nicht, sagt der BUND, und geht noch viel weiter.
"Für den Ausbau der B16 werden die Emissionen viel zu niedrig angesetzt"
Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag stellen BUND und RegioConsult die Ergebnisse vor. Basierend darauf fordert der BUND ein Moratorium für den Neu- und Ausbau von Bundesfernstraßen in Bayern.
Um zu verstehen, was das Ergebnis des Gutachtens für Folgen hat, wird es kurz technisch. Das Gutachten hat "die Plausibilität der Lebenszyklusemissionen" im BVWP überprüft. Diese sogenannten Lebenszyklusemissionen müssen seit 2017 umfassend ermittelt werden, um zu wissen, wie umweltverträglich das Projekt ist. Die Emissionen werden in drei Bereiche eingeteilt: Die betriebsbedingten Emissionen durch den Ausstoß der Fahrzeuge, die baubedingten Emissionen, also der CO₂-Fußabdruck für die verwendeten Materialien wie Stahl, Zement, Beton oder Asphalt und die anlagebedingten Emissionen, also Eingriffe in natürliche Kohlenstoffsenken wie Moore, Wälder, Grünland und Ackerflächen. Im BVWP werden für den Ausbau der B16 laut BUND diese Emissionen viel zu niedrig angesetzt und sogar falsch berechnet.

So gibt der BVWP bei der B16 trotz deutlicher Verkehrssteigerungen eine Abnahme des CO₂-Ausstoßes an. Ein Beispiel, das Ralf Hoppe von Regio Consult für das Extremste unter den vier Straßenbauprojekten hält: "Im Fall der B16 wurden die betriebsbedingten Emissionen grob falsch berechnet. Obwohl mehr Verkehr erwartet ist, werden verminderte CO₂-Ausstöße angegeben. Das ist nicht plausibel." Um etwa 11.000 Tonnen pro Jahr sollen die Abgasemissionen mit der neuen Straße laut BVWP zurückgehen. Im Gegensatz dazu steht diese Zahl: Rund 14.000 Kraftfahrzeuge pro Tag werden auf der Straße fahren. Hoppe erklärt: "Auf einzelnen Abschnitten kommt es zu mehr Pkw-Verkehr auf der alten und auf der neuen Straße. Es kann jeder nachvollziehen, dass dadurch keine Ersparnis resultieren kann."
Volker Wissing nehme eine Klimaleugner-Rolle ein
Richard Mergner, der Landesvorsitzende des Bund Naturschutz, fügt an: "Auf Bundesebene hat man Lkws als CO₂-Senker angegeben, weil man davon ausging, dass durch die neue Straße kein neuer Lkw-Verkehr entsteht." Das alles seien "Taschenspielertricks". Es werde so getan, als ob Klimaschutz berücksichtigt werde, aber wenn man tiefer gehe, erkenne man, dass diese Wirkungen nicht in die Kosten-Nutzen-Rechnung einbezogen wurden.

Die klare Forderung des BUND an die Minister Christian Bernreiter (CSU) und Volker Wissing (FDP) ist der Stopp der geplanten Fernstraßen und die Neuberechnung der Emissionen. Bis dahin dürften keine weiteren Schritte erfolgen.
Werner Reh, BUND-Sprecher für den Arbeitskreis Verkehr, wird deutlicher. Er sagt, Wissing nehme gerade die Rolle eines Klimaleugners an. Dass neue Straßen auch neuen Verkehr anziehen, werde ebenso wenig beachtet, wie der Fakt, dass die Preise für eine Tonne CO₂ steigen werden. Lösungsansätze, die Reh nennt: Künftig dürften nur noch Projekte gebaut werden, die die Emissionen reduzieren, um Ziele zu erreichen. Jede Straße, die die Ausstöße erhöhe, müsse so lange umgeplant werden, bis sie einen echten Beitrag zur Senkung leiste, oder das Projekt müsse gestrichen werden. Der Staat solle sich lieber auf den Erhalt der bestehenden Brücken und Straßen sowie umweltfreundliche Schienenprojekte konzentrieren.
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