
Bahnprojekt "Ulm-Augsburg" wirft im Leipheimer Stadtrat viele Fragen auf

Plus Der Bahnausbau der Fernverkehrsstrecke zwischen Ulm und Augsburg spaltet die Region. Vertreter der DB Netz AG wollten in Leipheim einige Sorgen nehmen.

"Das ist kein Widerstand. Das sind reale Sorgen und Ängste." Diese Worte von Stadtrat Jens Kahler (UWG) machen die angespannte Stimmung der jüngsten Leipheimer Stadtratssitzung deutlich. Es waren wichtige Fragen, die das Gremium bei einer Präsentation zum Ausbau der Bahnstrecke Ulm-Augsburg umtrieben. Zwei Projektingenieure der DB Netz AG waren in den Zehnstadel gekommen, um den gegenwärtigen Planungsstand vorzustellen, erste Fragen zu klären und um ein wenig die Angst vor dem Großprojekt zu nehmen. Denn wie man es auch dreht und wendet, an den Plänen der DB Netz AG – und daher an Leipheim – führt kein Weg vorbei.
Seit Planungsbeginn stellte die DB Netz AG vier Trassenvarianten vor. Jede dieser Varianten diene neben einer Verkürzung der Fahrzeit zudem der Entlastung der Bestandsstrecke. Derzeit nutzen Güter-, Nah- und Fernverkehr zeitgleich die 85 Kilometer lange Strecke. Laut Projektingenieur Tim Nottensteiner käme es darum besonders im Nahverkehr vermehrt zu Verspätungen. Die kommende Trennung von Nah- und Fernverkehr sorge für kürzere Fahrtzeiten und damit für effizientere und zuverlässigere Verbindungen.
Projekte wie das Bahnprojekt "Ulm-Augsburg" verfolgten laut Presseingenieur Jakob Neumann das übergeordnete Ziel einer Verkehrswende in Deutschland. Dieses Ziel stelle der Stadtrat nicht infrage, der Ausbau und seine Folgen für Leipheim bereite einigen Stadtratsmitgliedern dennoch Bauchschmerzen. "Das geht direkt an unserer Haustür vorbei, natürlich liegt es uns dann auch am ehesten im Magen", sagt Stadtrat Volkhard Schreiner (CSU). Es sei ein spannungsgeladenes Thema, dass die Region zu spalten droht. So kam es bereits während der Präsentation des Planungsstands zu einem Ping-Pong an skeptischen Fragen und besänftigenden Antworten.
Leipheimer Stadtrat sieht den Bahnausbau Ulm-Augsburg skeptisch
Besondere Sorge gilt bei der Sitzung dem Wohl von Mensch und Umwelt. Zwar wolle man seitens der Projektplanung besonders schonend und verantwortungsbewusst mit den Schutzgütern umgehen, doch spurlos werde es nicht an Leipheim und dessen Umland vorbeigehen. Brigitte Mendle (Grüne) wollte wissen, was passiere, wenn Grundstücksbesitzer den jeweiligen neuen Streckenabschnitt für den Bau nicht verkaufen wollen. Ihre Befürchtung, dass dies im Extremfall auch zu Enteignungen führe, muss Nottensteiner bejahen. Man würde jedoch versuchen, solche Situationen durch Verhandlungen und Gespräche auf Augenhöhe zu verhindern. Die Sorge, dass sich die Trasse weit über die angedachte Breite von 20 Metern in das Stadtgebiet und dessen umliegende Landwirtschaftsflächen fresse, konnte den Stadträten und Stadträtinnen nicht abschließend genommen werden.
Ein weiterer Punkt sei die hinzukommende Lärmbelästigung. Mit der neuen Bahnstrecke würde man neben der Autobahn und der Bestandsstrecke "von allen Seiten beschallt werden", so Bürgermeister Christian Konrad (CSU). Hansjörg Reiff (CSU) kräftigte dem Bürgermeister bei, dass leere Versprechungen von einem Ausbau des Schallschutzes an der Bestandsstrecke bereits das Vertrauen der Leipheimer und Leipheimerinnen gebrochen habe. Auch diese Sorge war zum derzeitigen Sachstand nicht abschließend zu klären. Es käme darauf an, ob man die Bestandsstrecke saniere oder eine neue Strecke baue, so Nottensteiner, wobei beides ein Für und Wider ausweise. Im Falle eines Neubaus könnten die benötigten Schallschutzmaßnahmen kalkuliert und entsprechend angepasst werden.
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Ferner sieht Bürgermeister Christian Konrad den Leipheimer Hoffnungsträger, das Areal Pro, möglicherweise durch den Bahnausbau gefährdet. Dies ist der Fall, wenn die ausgewählte Trasse das Entwicklungsgebiet tangiere und die Planungen der Gemeinde Leipheim für das Gebiet baurechtlich noch nicht relevant geworden sind. Der Schutz des Zukunftsprojekts der Stadt läge ihm neben dem Wohlergehen der Bürgerinnen und Bürger besonders am Herzen: "Wenn man Akzeptanz möchte, muss man die Bürger und ihre Anliegen auch irgendwie mitnehmen."
Deutsche Bahn legt großen Wert auf die Kommunikation mit betroffenen Gemeinden
Die DB Netz AG möchte den Sorgen der Betroffenen mit Transparenz und Offenheit entgegentreten, um diese zu reduzieren. "Wir sprechen mit den Leuten. Wir sprechen mit Ihnen. Wir hören zu", so Neumann. Mit diesem Ziel reisen sie durch die Region, um die drei betroffenen Landkreise gleichermaßen zu betrachten. Der Austausch mit den Kommunen stehe dabei an erster Stelle, man sei auch vor Ort, "um durch Ihre Anmerkungen und Sorgen die Region tiefgründiger zu betrachten." Es sei bei diesem Projekt generell wichtig, die Wünsche und Ängste der Gemeinden zu beachten. Neumann wies diesbezüglich den Stadtrat darauf hin, dabei auch über die Grenzen des eigenen Stadtgebiets hinaus zu denken.
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