
Ideen aus Obenhausen: Worauf es beim Leben und Wohnen im Alter ankommt

Plus Zu den Themen in der „Integrierten Ländlichen Entwicklung“ gehört das altersgerechte Wohnen. Experten zeigen Ideen auf - doch manchen Menschen fallen Veränderungen schwer.
Das Thema Leben und Wohnen im Alter beschäftigt die Gesellschaft zunehmend. Deshalb hat Andreas Probst, Regionalmanager für die integrierte ländliche Entwicklung (ILE), die Psychogerontologin Sabine Wenng von der Koordinationsstelle Wohnen im Alter für einen Vortrag nach Illertissen geholt. Sie informierte über alternative Wohnformen und machte Mut, sich rechtzeitig mit dem Thema zu befassen. Manche Bürger würden damit leider so lange warten, bis sie „die Haxen nimmer hochkriegen“, formulierte sie drastisch.
Ein Dutzend Interessierter war in den Pfarrsaal St. Martin gekommen und nutzte die Möglichkeit, Fragen zu stellen, wobei sich die Thematik als komplex erwies und in der Region möglicherweise noch nicht so drängt wie anderswo. Privatleute, gemeinnützig und kommunal Tätige waren angesprochen, aber beim Vortrag rar vertreten. Nicht zuletzt wäre auch etwas über Förderungen zu erfahren gewesen.
Wichtig ist ein Ort, an dem sich die Menschen treffen und austauschen können
Die Referentin beschrieb Varianten zwischen betreutem Wohnen, Wohnen im Heim mit internen oder von außen geleisteten Pflegeangeboten sowie Wohngruppen mit gemeinsamer Küche und offenem Wohnzimmer. Solche Wohngemeinschaften seien nicht mit einer Studenten-WG zu vergleichen; jeder Bewohner und jede Bewohnerin habe einen abschließbaren Privatbereich, so Wenng. Anhand von Beispielen im städtischen und ländlichen Umfeld beschrieb sie außerdem, wie ein zentraler Ort - und sei es nur ein markanter Baum mit Sitzbank - durch Gespür und Offenheit für Neues zu einem altersgerechten, womöglich mehrere Generationen ansprechenden Treffpunkt werden kann. Ein Café könnte sich neben einer Bücherei ansiedeln, sodass der Platz wiederum für altersgerechtes Wohnen attraktiv wird oder infolgedessen ein kleiner Dorfladen in der Nähe rentabel wird. Oder alles in umgekehrter Reihenfolge.
Ein interessanter Beitrag kam von Thomas Kraus aus Altenstadt: „Was ist, wenn die Senioren gar nicht aus ihren zu groß oder unpraktisch gewordenen Wohnungen ausziehen wollen?“ Das höre er immer wieder in dem mit seiner Frau Martina betriebenen „Café am Schloss“ in Obenhausen. „Den älteren Menschen im Dorf ist vor allem der Erhalt ihrer sozialen Kontakte wichtig. Wie sie zu Hause wohnen, managen sie meistens schon irgendwie“, berichtete Kraus. Der 54-jährige Unternehmer im Solarbereich hat, als er Mitte Mai 2019 das barrierefrei von Straße und Gehsteig aus erreichbare Café im früheren Sparkassengebäude eröffnete, von der anderen Seite her gedacht: Das Dorf, dem er sich durch Verwandtschaft verbunden fühlt, habe ein Schloss, ein historisches Gasthaus und ein attraktives, aber leerstehendes Gebäude mitten im Zentrum. „Das fordert doch geradezu heraus, den repräsentativen Platz für etwas zu nutzen, was noch fehlt - nämlich eine Möglichkeit, um sich im Ort untertags zu treffen und auszutauschen."
Gastronom Thomas Kraus: „Ein gutes Café bedeutet zugleich Kultur“
Er hat investiert, auch um Werte zu schaffen, die sich weiterentwickeln können – und die Resonanz der Gäste gibt ihm recht. Es kämen Senioren, denen es Auftrieb gebe, sich für den Cafébesuch schick zu machen oder Neues zu erfahren. „Ein gutes Café bedeutet zugleich Kultur“, findet der Gastronom im Nebenjob. Deshalb plant er auch kleine kulturelle Veranstaltungen, möglichst mit Protagonisten vom Ort. Mit Schmunzeln sagte er: „Die ideelle Seite des Vorhabens würde unterstützen, wenn ein Sponsor in der Nähe eine öffentliche Ruhebank aufstellen würde.“ Das fehle ebenfalls mitten in Obenhausen.
Kraus, der durch seine Firma in die Häuser kommt, kennt auch das Problem des altersgerechten Umbaus. Der Unternehmer schlug vor, zum Beispiel ein mehrstöckiges Haus dazu zu nutzen, um Geschosswohnungen zu vermieten, außen einen Aufzug bis ins Dach zu installieren und dieses seniorengerecht mit Terrasse auszubauen. Der Küchen- und Badbereich ließe sich verkleinern, denn warme Mahlzeiten würden den Senioren heute oftmals geliefert. Eine behindertengerechte Toilette dürfe nicht fehlen. Den Wohnraum stellt sich Kraus bequem vor, nach praktischen Aspekten eingerichtet und so, dass er auch im Pflegefall geeignet ist. „Allerdings mit Ambiente, er soll keinesfalls an ein Krankenzimmer erinnern", so Kraus. Auch den Einbau einer kleinen Einliegerwohnung würde er in Erwägung ziehen, falls dauerhaft Pflegepersonal vonnöten sein sollte. Im Garten müsste es leichten Zugang zur Mobilität geben und ebenso zu einer Art Laube. Kraus versteht seine Ideen als Gegenentwurf zur Heim- und Wohngemeinschaftslösung.
So oder so gehe es für die Bürgerinnen und Bürger um Einschränkungen oder zumindest Veränderungen, die nicht jedem leicht fallen, betonte die Referentin. Zu den Anliegen der ILE-Förderung gehört unter anderem, der Ortskernverödung entgegenzuwirken. Dass es sich dabei um eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft handele, das machte die Psychogerontologin deutlich. Weitere Infos gibt es unter Telefon 089/20189857 oder auf der Homepage der Koordinationsstelle Wohnen im Alter.
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