
Schülersprecher fragen Illertisser Bürger nach ihrer Meinung

Plus Die Initiatoren des „Kollegstalk“ wollen wissen, was den Illertisser Bürgern unter den Nägeln brennt. Zum Auftakt äußern sich zahlreiche Passanten.
Während sich am Samstag in Berlin Tausende Demonstranten gegen die Corona-Maßnahmen der Bundespolitik formierten, hat es auch in Illertissen auf dem Marktplatz für Bürger Gelegenheit gegeben, ihre Anliegen zu äußern. Allerdings vor einem anderen Hintergrund, schon rein optisch: mit Sitzgelegenheit, Tischchen, Blümchen und erforderlichen Corona-Vorkehrungen.
Sebastian Bäurle, Carolina Balkheimer und Philipp Axmann, alle kurz nach oder vor dem Abitur am Kolleg der Schulbrüder, haben den „Kollegstalk“ als Projekt der Schülermitverwaltung (SMV) ins Leben gerufen, „um mit Menschen zwischen 19 und 90 Jahren ins Gespräch zu kommen“, wie Bäurle sagte.
Die Bundeszentrale für politische Bildung fördert die Aktion
Jeder sollte teilnehmen können. Rund 60 Interessierte machten davon Gebrauch und die Resonanz war „super gut“, wie Bäurle später resümierte. Die Vielfalt der angesprochenen Themen war groß: von mehr Parkplätzen in der Innenstadt bis zur Fußgängerzone, der Wunsch nach mehr Vielfalt, aber auch Menschlichkeit und Rücksichtnahme in der Stadt. Zuletzt ging es dann doch noch um Corona – darüber, dass die Regeln verwirrend seien.
Bereits am frühen Vormittag richteten die Kollegstalk-Organisatoren ihre kleine Gesprächsecke ein. Auf den Plakaten ihrer Aufsteller ermunterten sie Passanten zu sagen, was ihnen unter den Nägeln brenne, was ihnen fehle in Illertissen und wofür sie dankbar seien. „Wir glauben, dass gemeinsam immer mehr geht, deswegen wollen wir mit dir reden, also los, mach mit“, hieß es auf Plakaten. Also doch irgendetwas wegen Corona? Nein, Sebastian Bäurle musste lachen bei dem Gedanken. „Im Gegenteil, wir verbreiten keine Parolen, wollen nicht anprangern, sondern miteinander reden.“ Er war bei einer der Illertisser Demos anwesend, „außerhalb“ wie er betonte. „Ich habe gleich gemerkt, mit denen haben wir nichts am Hut“, sagte er. Dabei sei ihm die Politik wichtig, aber sie handelten parteilos, neutral.
Der Kollegstalk sei eines von 100 ausgewählten Projekten zum Thema „Miteinander reden“ der Bundeszentrale für politische Bildung, die Fördermittel erhalten, informierte Bäurle. Wie sie auf ihrer Homepage schreiben, wollen sich die Initiatoren im Dialog in die Gefühle, Ängste und Sorgen anderer Menschen hineinversetzen, ihre Standpunkte verstehen, nachvollziehen können. Und ihre Ergebnisse Ende des Jahres auswerten, um vielleicht etwas zu ändern.
Eine Radfahrerin ärgert sich über rücksichtslose Verkehrsteilnehmer
„Guten Morgen, bei uns können Sie sagen, was Sie in Illertissen schon immer mal loswerden wollten“, so oder so ähnlich konnte der quirlige nunmehr Ex-Schülersprecher Bäurle die Passanten schnell für einen Dialog gewinnen. Auch Balkheimer und Axmann taten sich nicht schwer, mit einem erwartungsvollen Lächeln das Interesse zu wecken. Auf eine Vorankündigung ihres Kollegstalks als ein offenes Gesprächsangebot hatten sie verzichtet. „Wir wollten wegen der Abstandsgebote vermeiden, dass sich zu viele Menschen auf einmal einfinden, sagte Bäurle. Umso mehr war es daher nötig, auf die Passanten zuzugehen.
Auch Carola Kögel blieb im Vorbeikommen stehen. Sie wohnt in der Innenstadt und ärgert sich als Fahrradfahrerin über rücksichtslose Verkehrsteilnehmer. Richtig Sorgen macht sie sich aber um ihre ältere Mutter, die noch auf dem Rad ihre Sachen erledigen kann. Daher wünscht sie sich den Autoverkehr aus dem Ortskern heraus. Sie findet, viele würden davon profitieren, denn so gute Einkaufsmöglichkeiten, etwa das Kaufhaus Rimmele und die anschließenden Boutiquen, würden sogar ihre Freunde aus Berlin schätzen. Aber: „Wer sitzt schon gern bei Lärm und Abgasen im Café, ich jedenfalls nicht.“
Eine Bewohnerin des Zentrums von Illertissen sagt: Die Rosenstraße sollte zur Einbahnstraße werden
Franziska Schließer, die noch mehr im Zentrum wohnt, ist der Meinung, dass wenigstens die enge Rosenstraße zur Einbahnstraße werden könnte, das würde viel helfen, sagte sie. Auch sie erkennt die Vorteile am Stadtleben: „Mit meinen kleinen Kindern kann ich alles zu Fuß erreichen, vom Kindergarten bis zu Lebensmittelgeschäften ist alles da. Dass die Hauptstraße nicht zur Fußgängerzone werden könne, sei ihr klar, aber den Marktplatz öfter mal „zum Sperrbezirk zu erheben“, fände sie gut. Den Wünschen können die Organisatoren eigene anfügen: „Als Schüler haben wir in Illertissen immer einen Treffpunkt vermisst, der nicht oder wenig vom Geldausgeben abhängt, wobei der Jugendtreff sich nicht als geeignet herausgestellt hat“, sagte Bäurle.
Aber auch einen Wunsch ihrer Lehrer hätten sie schon auf der Liste: Sie würden in Illertissen gerne zum Tanzen gehen können. Aus den beiden Anliegen war im Übrigen die Idee zum Kollegstalk in der Schule entstanden, der nun auf die ganze Stadt übergreifen soll. Auf seiner Homepage, auf Instagram oder bei weiteren Anlässen will das Kollegstalk-Team Bäurle zufolge sammeln, einordnen, vielleicht Experten hinzuziehen und mit der Stadtverwaltung reden, um zu sehen, was sich verändern lässt. Weitere Auskünfte und Informationen über Möglichkeiten zum Mitmachen gibt es auf der Internetseite über den Kollegstalk.
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