
Wie Therapeuten Flüchtlingen helfen

Die Diakonie startet in Neu-Ulm das „Taff“-Projekt für Asylbewerber mit posttraumatischen Belastungen. Dabei stehen die Fachleute vor großen Herausforderungen.
Wenn Flüchtlinge ins Land kommen, entstehen Probleme, die größten für diese selbst. Sie haben ihre Heimat verlassen, weil dort Kriege, Armut oder Hungersnot herrschen oder sie politisch verfolgt wurden. Hier angekommen, brauchen sie Hilfe, wegen ihrer posttraumatischen Belastungen sehr häufig auch psychotherapeutischen Beistand. In den großen Städten wie beispielsweise der bayerischen Landeshauptstadt München gibt es oft schon Einrichtungen, in denen die Hilfebedürftigen fachliche Unterstützung erhalten, in kleineren Städten und in ländlichen Gegenden liegt da noch einiges im Argen. Die Stiftung „Welten verbinden“ und die Diakonie Bayern, in ihr auch die Diakonie Neu-Ulm, will dort regulierend eingreifen und die Situation der behandlungsbedürftigen Flüchtlinge oder Asylbewerber mit dem Projekt Taff (Therapeutische Angebote für Flüchtlinge) verbessern. Wichtig dabei ist auch das Konzept der kurzen Wege.
Im Rahmen einer Schulung zum Thema „Kultursensible Therapie“ der Koordinierungsstelle Taff für Therapeutinnen aus den Landkreisen Neu-Ulm, Dillingen und Günzburg stellte insbesondere der fachliche Leiter des Taff-Projekts, Stefan Schmid aus München, im evangelischen Gemeindesaal am Neu-Ulmer Petrusplatz die Aufgaben der Organisation näher vor. Er berichtete, dass Taff im Allgäu bereits seit zwei Jahren greife, hier aber erst in der Aufbauphase sei. Schmid: „Wir sind dabei, ein Netzwerk aufzubauen.“ Die Zusammenarbeit müsse insbesondere zwischen Psychotherapeuten, Sozialarbeitern und Dolmetschern funktionieren. „Es gibt viele Baustellen“, erläutert Schmid. „Es müssen Therapeuten gefunden und gewonnen werden und sie müssen qualifiziert werden. Es muss entschieden werden, wo die Patienten behandelt werden und es müssen Dolmetscher verfügbar sein.“
Wie notwendig ein Projekt wie Taff offenbar ist, zeigt Psychotherapeutin Barbara Abdallah-Steinkopff aus München auf, die seit über 20 Jahren Flüchtlinge und Folteropfer bei Refugio München behandelt und die jetzt in Neu-Ulm die Schulung veranstaltete: „Es gibt zwar keine genauen Zahlen, aber 40 bis 60 Prozent der Asylbewerber haben große psychische Belastungen, bei Minderjährigen sind es sogar fast 70 Prozent.“ Dabei sei es nicht so leicht, die entsprechenden Therapeuten zu finden, denn viele seien es nicht gewohnt, mit Menschen zu arbeiten, die unter sehr schweren existenziellen Bedingungen leben und andere Wertvorstellungen haben. Auch sei es ihnen fremd, mit Dolmetschern zu arbeiten, die unbedingt nötig seien. Abdallah-Steinkopff macht deutlich: „Das sind echte Herausforderungen.“
Im mittleren Schwaben werden derzeit fürs Taff-Projekt drei Stellen vom Freistaat Bayern finanziert. Für die Landkreise Neu-Ulm und Dillingen ist Diplom-Psychologin Sashi Singh (Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber Neu-Ulm) tätig, für den Landkreis Günzburg Anja Krauß (Mehrgenerationshaus Leipheim) und als Sprach- und Kulturmittler Melanie Pongratz (Gemeinschaftsunterkunft für Asylbewerber Neu-Ulm). Wie Stefan Schmid anführt, wären für die drei angesprochenen Landkreise fünf bis zehn Therapeuten, die am Taff-Projekt mitarbeiten, eine sehr gute Zahl.
Vor acht Jahren habe man schon einmal versucht, Therapeuten für die Arbeit mit Flüchtlingen zu gewinnen, erzählte Barbara Abdallah-Steinkopff. „Aber damals hat kein Interesse geherrscht. Jetzt ist das Thema angekommen und es gibt Interessenten. Insgesamt ist unser Konzept sehr erfolgreich.“ Die Kontakt- und Koordinierungsstellen für psychisch erkrankte Flüchtlinge und Asylbewerber sind in Neu-Ulm und Leipheim. Sie treten quasi als Vermittler auf.
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