
Bald dürfen die Knollen in Zaiertshofen aus dem Boden

Plus Ob violett oder golden, länglich oder rund: Margit und Peter Spaun sowie Max Weber aus Zaiertshofen bauen verschiedenste Kartoffeln an – auch alte Sorten. Woher das Faible kommt.
Wer hätte erwartet, in Zaiertshofen auf eine wahre Königin zu treffen? Queen Anne heißt sie. Formschön, resistent, früh reif. Aus ihr lassen sich leckere Gratins zubereiten. Die Kartoffel mit dem royalen Namen ist eine von vielen, die nahe dem Kettershauser Ortsteil gedeihen. Peter Spaun vom gleichnamigen Ferien- und Kräuterlandhof zeigt einen Korb voller Knollen, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Faustgroße und golfballkleine, runde und längliche liegen darin. Braune, goldene, sogar violette. „Das bringt Farbe und Pep in den Kartoffelsalat“, sagt der 53-Jährige und dreht eine pinkfarbene Knolle in der Hand.
Rund zehn verschiedene, teils alte Kartoffelsorten haben Margit und Peter Spaun zusammen mit Nachbar Max Weber, der einen Gartenbaubetrieb mit Baumschule im Ort führt, in den vergangenen Jahren angebaut. Mit der Zeit seien immer weitere Sorten hinzugekommen. Die Pflanzkartoffeln kaufen sie von einem Händler in der Nähe, aber auch mit anderen Kartoffelliebhabern, etwa einem Bekannten aus Lauben, tauschen sie sich aus. „Man kennt sich mit der Zeit“, sagt der ebenfalls 53-jährige Weber. Es gebe auch Fachbetriebe in Deutschland, die sich auf alte Sorten spezialisiert haben.

Und woher kommt das Faible für die Knollen? „Es ist einfach was Schönes“, sagt Spaun, der eigentlich als Raumausstatter arbeitet, und zuckt mit den Schultern. Zu wissen, woher das Gemüse und Obst stammt, das auf dem Esstisch steht. Draußen zu arbeiten, mit Mutter Erde. Sich selbst mit Lebensmitteln zu versorgen. Geschätzt 200 bis 250 Kilogramm Kartoffeln ernten die drei Zaiertshofer im Jahr – überwiegend für den Eigenbedarf.
An diesem Vormittag steht Peter Spaun auf einem Feld außerhalb von Zaiertshofen, das mit dem Auto in ein paar Minuten zu erreichen ist. Etwa 100 Meter lange Erdhügel wölben sich in Reihen vor ihm. An deren Enden stecken Schildchen im feuchten Boden. „Selma“ oder „Allians“ ist darauf zu lesen – die Namen der Kartoffelsorten, die im Boden gedeihen. An der einen oder anderen Stelle spitzen schon Knollen hervor. Bis zur Ernte wird es aber wohl noch ein paar Tage dauern. „Solange das Laub noch so grün ist, lassen wir sie draußen“, erklärt Spaun.
Auch Freunde packen bei der Ernte mit an
Der Schleuderroder, der bei der Ernte zum Einsatz kommt, steht schon auf dem Kräuterlandhof Spaun bereit. Das rostrote Gerät hat schon ein paar Jahrzehnte auf dem Buckel: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass sowas noch hergestellt wird“, sagt Spaun und ist froh, noch Ersatzteile in petto zu haben. Denn der Roder erleichtere die Arbeit auf dem kleineren Feld doch ungemein. Das kommt auch dem Rücken zugute. Wer anders als die Spauns und Weber Kartoffeln im großen Stil anbaut, nutzt heutzutage Vollernter.
Der Roder wird zur Ernte an einen kleineren Traktor gehängt, mit dem dann an den Reihen entlanggefahren wird. Eine flache Schaufel gräbt sich in den Boden und lockert die Kartoffeln auf. Darüber kreist ein sogenannter Schleuderstern, dessen Gabeln die Knollen aufwirbeln und seitlich wieder zu Boden plumpsen lassen. Dort werden sie in Handarbeit aufgelesen.
„Es ist eine wahre Freude, wenn wir einen guten Tag für die Ernte erwischen und Freunde und Verwandte mithelfen“, sagt Spaun. Im vergangenen Jahr hätten sogar Gäste, die in den Hütten des Ferienhofs Urlaub machten, mit angepackt. Und auch heuer haben sich Helfer angekündigt: Kinder aus Kettershausen und den Ortsteilen werden im Rahmen des Ferienprogramms zu Gast sein und mehr über die „tolle Knolle“ erfahren.
So trifft es Webers Aussage wohl ganz gut: „Andere fahren in den Freizeitpark, wir auf den Acker.“ Sie sind mit der Landwirtschaft groß geworden; bekamen die Arbeit und die Wertschätzung für eigens angebaute Lebensmittel von klein auf mit. Und ja – auch eine gewisse Leidenschaft gehöre dazu.

Die Ernte verspricht heuer gut auszufallen. Nicht zu trocken, nicht zu nass: Das Wetter habe den Pflanzen gefallen. Ebenfalls für das Gelingen des Anbaus von Bedeutung ist der Boden. „Ein sandiger, ein leichter ist gut geeignet“, erklärt Peter Spaun. Und dann ist da noch der Kartoffelkäfer, der über die Ernte entscheidet. Einen einzelnen sieht Spaun auch an diesem Vormittag übers Laub krabbeln. Die gelb-schwarz-gestreiften Insekten werden von Hand eingesammelt. Auf chemische Mittel wollen sie verzichten.
Hartnäckig wie der Kartoffelkäfer selbst ist, rankte sich übrigens ein Gerücht um ebenjenen: Während des Zweiten Weltkriegs behauptete das NS-Regime, die Amerikaner hätten die Schädlinge über Deutschland abgeworfen, um die Ernte zu schädigen. Belege dafür gibt es aber nicht.
Einen Teil der geernteten Kartoffeln bewahren die Spauns und Weber auf, um diese im nächsten Jahr wieder anzupflanzen. Den Großteil aber lagern sie in einem Lehmkeller ein – getrennt von den Äpfeln aus dem heimischen Garten, „denn die vertragen sich nicht zusammen“, wie Peter Spaun sagt. Im Dunkeln und Kühlen halten sich die Kartoffeln über den Winter hinweg. Viele Knollen landen aber wohl schon vorher auf dem Teller, angebraten, gepellt, als Salat oder Püree.
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