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Dietenheim: Räuchle in Dietenheim meldet zum zweiten Mal Insolvenz an

Dietenheim

Räuchle in Dietenheim meldet zum zweiten Mal Insolvenz an

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    Der Automobilzulieferer Räuchle in Dietenheim hat einen Insolvenzantrag eingereicht.
    Der Automobilzulieferer Räuchle in Dietenheim hat einen Insolvenzantrag eingereicht. Foto: Jens Noll

    Es ist eine schlechte Nachricht für die 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – eine, die Erinnerungen weckt: Die Räuchle GmbH & Co. KG in Dietenheim hat einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Ulm gestellt. Wie schon 2018. Das Unternehmen stellt Präzisionsteile her und beliefert vor allem die Autoindustrie. Der Geschäftsbetrieb werde vollumfänglich fortgeführt, heißt es in einer Mitteilung der Wirtschaftskanzlei Görg, deren Partner und Sanierungsexperte Holger Leichtle zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt wurde. „Intensive Gespräche mit Kunden“ würden geführt. Was ist der Grund für die erneute Krise?

    Nach Insolvenz 2018 schienen die Schwierigkeiten überwunden

    Die Firma Räuchle in Dietenheim ist insolvent.
    Die Firma Räuchle in Dietenheim ist insolvent. Foto: Jens Noll

    Das 1902 gegründete Unternehmen fertigt als einer der führenden Hersteller in Deutschland sogenannte Dreh- und Kaltfließpressteile aus Stahl, Edelstahl und Aluminium. Zum Einsatz kommen sie in der Autoindustrie etwa im Motor, Getriebe und in der Lenkung. Aber auch in Haushaltsgeräten, Werkzeugen und E-Bikes werden die Produkte verwendet.

    In Schieflage geraten ist die Dietenheimer Firma schon vor ein paar Jahren. Nach der Insolvenz im Dezember 2018 hatte eine Investorengruppe das Ruder übernommen – die Finanzholding Dubag in München. Das neue Management setzte laut der Wirtschaftskanzlei Görg im Jahr darauf Maßnahmen zur Restrukturierung um, kombiniert mit einem Investitionsprogramm. Dadurch sei zunächst der Umschwung geschafft worden – das Unternehmen schien Anfang 2020 saniert. Räuchle sei in der Lage gewesen, die Corona-Krise zu meistern. Als im ersten Halbjahr 2021 die Autokonjunktur wieder anzog, seien die Ziele in puncto Profitabilität und Wachstum erreicht worden. Doch dann der Rückschlag.

    Wie geht es nun weiter bei Räuchle?

    Die Chip-Krise beutelt seit Wochen die Wirtschaft – das bekam auch Räuchle zu spüren. Von Juli an brachen die Bestellungen der Kunden ein. In den vergangenen Wochen habe sich die Liquidität des Unternehmens enorm verschlechtert, heißt es vonseiten des vorläufigen Insolvenzverwalters. Aus diesem Grund sah sich die Geschäftsführung gezwungen, einen Insolvenzantrag zu stellen: „Die letzten Monate waren gekennzeichnet von Umsatzeinbrüchen von bis zu 40 Prozent und gleichzeitigen deutlichen Materialpreissteigerungen.“ Beraten wurde die Räuchle-Geschäftsleitung fortan von einer auf Krisensituationen spezialisierten Kanzlei aus Biberach.

    Blick in die Geschichte des Dietenheimer Unternehmens Räuchle

    Die Räuchle GmbH & Co. KG blickt auf eine 120-jährige Geschichte zurück. Angefangen hat nach Angaben des Unternehmens alles im Jahr 1902, als Friedrich Räuchle eine Maschinenwerkstätte in Dietenheim gründete.

    Ein weiterer Meilenstein: 1936 übernahm Albert Räuchle als Elektroingenieur den Betrieb. Erste Formdrehteile wurden für Magirus in Ulm gefertigt.

    1953 erfolgte eine Umfirmierung des Betriebs in "Räuchle & Sohn". Heinz Räuchle, der Enkel des Firmengründers, trat in die Geschäftsleitung ein.

    1970 wurde der Neubau der Automatendreherei in der Gießenstraße 7 in Dietenheim abgeschlossen. (stz)

    Und wie geht es nun weiter? Der Fokus der Geschäftsleitung und Insolvenzverwaltung liege auf der Suche nach möglichen strategischen Investoren, um so den Geschäftsbetrieb von Räuchle wieder zukunftsfähig aufzustellen und „unter neuen Rahmenbedingungen“ eine Perspektive für die Beschäftigten und den Standort zu entwickeln, so die Mitteilung der Görg-Kanzlei. Ob und wie das gelingen wird? Die mehr als 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die seit Monaten in Kurzarbeit stecken, stehen vor einer ungewissen Zukunft.

    IG Metall: Mitarbeiter haben Zukunftssorgen

    Dementsprechend berichtet die IG Metall Ulm auf Anfrage unserer Redaktion von schlechter Stimmung innerhalb der Belegschaft. Es gebe Zukunftssorgen, mancher sei „enttäuscht, vielleicht sogar resigniert“, sagt Gewerkschaftssekretär Eustachio Di Pelo. Nach der Insolvenz 2018 hätten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehofft, dass die Investoren das Unternehmen voranbringen. Die Gewerkschaft stehe dem Betriebsrat nun beratend zur Seite und könnte Mitglieder auch finanziell unterstützen, falls sie keine Löhne bekommen sollten. Aktuell sei das aber nicht der Fall: Die Hälfte des Oktobergehalts sei ausgezahlt worden, die andere Hälfte solle voraussichtlich in dieser Woche folgen. Nach Di Pelos Kenntnis haben die Verhandlungen mit den Kunden zu Vorschusszahlungen geführt.

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