Claus Kurth, Jahrgang 1949, wurde in der DDR politisch verfolgt. Somit selbst in die Mühlen eines diktatorischen Regimes geraten, stellt er sich heute als Zeitzeuge zur Verfügung, um am eigenen Beispiel die Konsequenzen eines womöglichen Endes der Demokratie vor Augen zu führen. Kurth ist Gast bei der „Langen Nacht der Demokratie“ am Mittwoch, 2. Oktober, und Teil eines vielfältigen Programms, das zwischen 17 und 20 Uhr in der Fosbos in Neu-Ulm Lust auf demokratisches Engagement wecken will.
Die Veranstalter, ein Konsortium von Bildungsträgern im Rahmen der Bildungsregion Landkreis Neu-Ulm, wollen damit auch ein starkes Zeichen setzen gegen den derzeitigen Rechtsruck und den damit verknüpften antidemokratischen Tendenzen. An Bord der am bereits am späten Nachmittag beginnenden „Nacht“ sind über 35 Akteure, deren Angebote so bunt sind wie eine demokratische Gesellschaft nicht weniger.
Lange Nacht der Demokratie: Zeitzeuge in Neu-Ulm
Es gibt Information, wie von Kurth (ab 17.30 Uhr) sehr authentisch und aus erster Hand, darüber hinaus aber zahlreiche weitere Angebote und Formate wie Workshops, kreative Mitmachaktionen, sogar einen Poetry Slam. Das Stadtarchiv Neu-Ulm ist mit der Ausstellung „Neu-Ulms demokratischer Weg“ vertreten, das Tanzstudio FKV stellt seine Performance „Tanzen ist Vielfalt“ vor. Queersein ist ebenso Thema wie gewaltfreie Kommunikation und die Entschlüsselung von rechten Codes, dem sich ab 17.30 Uhr vh-Mitarbeiter Fabian Gimschick widmet. Das komplette Programm steht auf der Website des Landratsamts Neu-Ulm. Es findet noch eine Fortsetzung bis doch noch tief in die Nacht, und zwar im Neu-Ulmer Dietrich-Kino. Einer Vorführung des Films „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ (20 Uhr) schließt sich ein Podiumsgespräch an, zu dem auch Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger zugesagt hat. Bereits um 16 Uhr startet am Edwin-Scharff-Museum ein „Demokratierundgang“ durch Neu-Ulm. Alle Veranstaltungen sind kostenlos.
Bei der Vorab-Präsentation der Demokratie-Nacht strich Kerstin Lutz vom Fachbereich Schule im Landratsamt heraus, dass derzeit die demokratischen Werte so stark wie lange nicht mehr herausgefordert würden. Darauf antworte man mit Angeboten, welche „Politik und Demokratie erlebbar“ machten. Schulleitende wie Julius Treß (Nersingen), Irmgard Neureuther (Strass) und Oliver Laqua (Fosbos) verwiesen auf Aktivitäten an den eigenen Einrichtungen im Sinne von Demokratiebildung.
Demokratiefeindliche Einstellungen begännen mit der „Verrohung der Sprache“, erklärte Silvia Wawra, Schulamtsdirektorin im Ruhestand. Demokratiefeinde böten meist scheinbar „einfache Lösungen“ bei strittigen Themen. „Miteinander reden statt übereinander“ ist für Tress schon mal ein guter Anfang. Auch dafür soll der Aktionstag reichlich Gelegenheit bieten. Angesprochen werden soll damit ein breites Publikum, weit über den Kreis der Jugendlichen hinaus, unterstrich Nathalie Müller, Geschäftsführerin des Kreisjugendrings Neu-Ulm. Die Veranstalter erhoffen sich mehr Zuspruch als bei der ersten Auflage, die rund 150 Besucherinnen und Besucher angezogen hatte.
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