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Porträt: Die Lust auf Fußball ist zurück

Porträt

Die Lust auf Fußball ist zurück

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    B. Schweinsteiger
    B. Schweinsteiger

    Die meisten Besucher des Eröffnungsspiels der bayerischen Regionalliga zwischen dem FV Illertissen und dem FC Memmingen haben den Tribünengast im Vöhlinstadion auf Anhieb erkannt: „Das ist doch der Paul Sauter ...“ Der Paul Sauter, der den Fußball in der Region und vor allem in Ulm in den vergangenen Jahrzehnten wohl stärker geprägt hat als jeder andere. Der inzwischen 72-Jährige aus Bubesheim bei Günzburg war Spieler und insgesamt fünf Mal Trainer der Spatzen. Nach der zweiten Pleite des Vereins übernahm er auf Bitten des Insolvenzverwalters zudem 2011 das Präsidentenamt beim SSV Ulm 1846, von dem er drei Jahre später wieder zurücktrat. Wenig später folgte Insolvenz Nummer drei und seitdem hat sich Sauter öffentlich rar gemacht – eben bis zu diesem Besuch im Vöhlinstadion am vergangenen Donnerstag. Karl-Heinz Bachthaler, der Sportdirektor des FV Illertissen und Mäzen Josef Kränzle, mit dem er in Ulm in einer Mannschaft gespielt hat, hatten ihn eingeladen. Im Donaustadion übrigens war Paul Sauter in den vergangenen fünf Jahren nicht mehr: „Das wird sicher passieren. Da ich im Donaustadion selbst noch aktiv war und Hunderte von Spielen gecoacht habe, spielen dort für mich große Emotionen mit. Aber noch sehe ich den Zeitpunkt nicht als gekommen.“

    In den letzten Monaten von Sauter im Präsidentenamt gab es „zahlreiche Enttäuschungen und vor allem die Sponsoren haben uns trotz Zusagen im Stich gelassen“. Sie haben ihn Nerven, Kraft und auch sehr viel eigenes Geld gekostet. Diese Chaostage, in denen vermeintliche Retter wie Thomas Pantelic und Ivan Golac auf- und ebenso schnell wieder abtauchten, in denen angebliche arabische Geldquellen für ein Nachwuchsleistungszentrum versiegten, bevor sie zu sprudeln begannen. Als alles vorbei war, hat sich Paul Sauter für ein paar Wochen nach Lanzarote zurückgezogen: „Bis dahin hat der erste Gedanke am Morgen dem Verein und einer möglichen Rettung gegolten und der letzte am Abend. Und in der Nacht hat es im Kopf weiter geschafft. Ich musste regenerieren, viele Dinge verarbeiten und Abstand gewinnen.“

    Ein paar Wochen Lanzarote haben dafür nicht gereicht. Sauters Leben war bis dahin unter anderem gut 35 Jahre als Verbands- und Vereinstrainer der Fußball, zumindest für seine Verhältnisse hatte er damit vorübergehend wenig zu tun. Noch hat er zwar die Dauerkarte für die Allianz-Arena des FC Bayern München und dreimal war Paul Sauter in den vergangenen Jahren in Liverpool, aber auch in zahlreichen anderen großen Stadien. Den Auftritt des FC Augsburg, wo Sauter selbst in den 80er-Jahren Cheftrainer war, hat er unter anderem an der Anfield Road gesehen und ein Spiel der Premier League gegen Manchester City. Ach ja, die U17 seines Heimatvereins SC Bubesheim hat Paul Sauter in der vergangenen Saison auch trainiert, mit vollem Engagement und drei Übungseinheiten pro Woche. Bisweilen sitzt man am Stammtisch im „Feyrer“ in Senden, unter anderem mit Bachthaler, dem früheren Fußballmanager Charly Bley, sowie dem früheren Kult-Zeugwart Klaus „Katsche“ Seefried und Kumpel Rolf Bührle beieinander. Im Mai schaute auch Marcus Sorg vorbei, der Assistent von Bundestrainer Joachim Löw.

    Alles ganz nett, aber doch kein Lebensinhalt für einen Mann, der von den F-Junioren bis zu Zweitligaprofis in Deutschland alles und zwischendurch in Togo die U17-Nationalmannschaft trainiert und zur Weltmeisterschaft nach Korea geführt hat. Der als waschechter Schwabe sowohl englisch wie auch ziemlich gut spanisch spricht. Jetzt hat Paul Sauter wieder richtig Lust auf Fußball und er packt es an. Zusammen mit Horst Diller, einem früheren Lehrer und ehemaligen Mitspieler von Felix Magath bei Viktoria Aschaffenburg, hat er ein Projekt in den USA ins Leben gerufen. Am Mittwoch fliegt Sauter nach Chicago, von Freitag an leitet er dort Lehrgänge für Jugendtrainer, Camps und spezielle Ausbildungseinheiten für 17- bis 21-jährige Talente. Der örtliche Green White Soccer-Club wirbt bereits auf seiner Homepage für diese „German Soccer Camps“. Fußballtrainer aus Deutschland haben in Amerika und weltweit eben ein ähnlich gutes Image wie Bierbrauer aus Deutschland – gerade bei den vielen Millionen Latinos und den Mädchen ist „Soccer“ bereits die Sportart Nummer eins im Land des vielfachen und aktuellen Frauen-Weltmeisters.

    Einen mindestens ebenso guten Ruf haben Fußballspieler aus Deutschland. Einer der ehemals besten und immer noch bekanntesten ist Bastian Schweinsteiger, seit nunmehr zwei Jahren spielt der Weltmeister von 2014 für Chicago Fire in der Major League Soccer (MLS). Paul Sauter ist bereits im Februar einfach mal zum Training gegangen und hat Schweinsteiger gefragt, ob der sich denn irgendeine Art der Zusammenarbeit vorstellen könnte. Ausdiskutiert wurde das damals noch nicht abschließend, aber Sauter wird in den nächsten Tagen wieder vorbeischauen und nachhaken. Denn Charaktereigenschaften wie Durchhaltevermögen, Zähigkeit und Beharrlichkeit, die hat er sich als Spieler, Trainer und vor allem als Präsident in Ulm angeeignet.

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