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Serie (6): So war das mit... Raimund Hörmann

Serie (6)

So war das mit... Raimund Hörmann

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    Erinnerungen und Stolz: Raimund Hörmann unter dem Boot, mit dem er und seine Kameraden in Los Angeles Olympiasieger wurden.
    Erinnerungen und Stolz: Raimund Hörmann unter dem Boot, mit dem er und seine Kameraden in Los Angeles Olympiasieger wurden. Foto: Stefan Kümmritz

    Wenn Raimund Hörmann im Bootshaus des Ulmer Ruderclubs Donau auf die übereinander gehängten Boote schaut, kommen Erinnerungen auf, dazu Gefühle und ein bisschen Stolz. „Dort auf Platz zwei habe ich damals gesessen“, erklärt er dem Besucher in seiner lockeren Art und deutet auf den Rollsitz eines alten, aber gut erhaltenen Bootes. Damals – das war Anfang August 1984 bei den Olympischen Spielen in Los Angeles. Im Finallauf des Doppelvierers auf dem Lake Casitas gab es ein hartes Duell zwischen dem deutschen Boot, einer Renngemeinschaft aus Ulm und Ingelheim und dem aus Australien. Im Endspurt sicherten sich Schlagmann Michael Dürsch, Albert Hedderich (beide Ingelheim), Dieter Wiedenmann und Raimund Hörmann (beide Ulm) ganz knapp die Goldmedaille. Ein Rennen und ein Erfolg, den nicht nur Hörmann nie vergessen wird. Wie auch diese Regatta, vor der der Ulmer Trainer Baco Steinle seinen Schützlingen für jede Zehntelsekunde eine Flasche Sekt versprochen hatte. Hörmann erinnert sich: „Baco musste nachher für jeden von uns 66 Flaschen besorgen. Damit war unser Vierer geboren.“

    Noch höher als den Olympiasieg hängt der Mann, der inzwischen Vorsitzender des Ulmer Ruderclubs ist, den WM-Titel ein Jahr zuvor in Duisburg. Hörmann sagt: „Wir durften eigentlich immer nur wegen unserer Leistung starten. Wir waren Rebellen, die offen unsere Meinung gesagt haben, was den Herren vom deutschen Verband gar nicht gefiel. Wir waren die Enfants terribles des deutschen Rudersports.“ Das wichtigste Ziel in Duisburg war ein Sieg über das Boot der DDR. Der waschechte Söflinger erinnert sich an dieses Rennen: „Das Boot aus der DDR begann stark und ruderte gleichmäßig weiter. Wir waren aber Intervallruderer und konnten am Ende noch zulegen. 150 Meter vor dem Ziel haben wir gemerkt, dass die DDR nicht mehr kann. Wir haben uns vorbei geschoben und gewonnen. Das war der schönste Moment meiner Karriere.“

    Die DDR war dann in Los Angeles wegen des Olympia-Boykotts der Ostblock-Staaten nicht am Start. Der Weg war somit erst recht frei für das BRD-Quartett – ein eingeschworenes Team, das aber 1981 für kurze Zeit auseinanderzufallen drohte. Bei der Weltmeisterschaft reichte es nur zu Platz vier und der Frust war groß. Aber für Hörmann und seine Kameraden war schnell klar: „So können wir nicht aufhören.“ Sie rauften sich wieder zusammen und waren das einzige deutsche Ruderteam, das sieben Jahre lang in identischer Besetzung fuhr.

    Olympiasieger wurde Hörmann mit nur 27 Jahren: „Aber uns allen war klar, dass wir nach Los Angeles mit dem Hochleistungssport aufhören würden.“ Sein Vater brauchte ihn als gelernten Metzgermeister im Söflinger Betrieb, dazu erwarteten er und seine Frau Nachwuchs. „Am 1. April 1986 habe ich das Geschäft von meinem Vater übernommen“, erinnert sich der frühere Olympiasieger und nippt dabei genüsslich an seinem Weizenbier. Das war übrigens auch während der aktiven Karriere erlaubt: „Es gehörte dazu und wir haben trotzdem Topleistungen gebracht.“ Seit 2016 ist Hörmann, der zudem früher Skilehrer war und Basketball und Tennis spielt, im Ruhestand. „Ich habe nach 30 Jahren das Geschäft aufgegeben“, sagt er: „Es wurde am Ende zu viel. Ich habe täglich mehr als 14 Stunden gearbeitet, zehn Jahre lang das Saumarktfest organisiert, das Oktoberfest in Ulm ins Leben gerufen und war Obermeister der Fleischerinnung Ulm.“ Nun leitet er den Verein, der für ihn „ seine zweite Heimat“ ist.

    Beim Blick auf das Olympiaboot kommt allerdings auch Trauer auf. Hörmanns Kamerad Dieter Wiedenmann starb am 11. November 1994 im Alter von nur 37 Jahren. „Das war ein großer Schock für mich“, gesteht Hörmann: „Wir hatten eine brutal gute Freundschaft.“ Getroffen hat ihn zudem im vergangenen Jahr der Tod seines Vereinskameraden und großen Vorbilds Gerhard Auer, der im „Bullenvierer“ bei Olympia 1972 in München Gold gewann, sowie das plötzliche Ableben des Ulmer Achter-Olympiasiegers von London, Max Reinelt, als 30-Jähriger.

    „So bin ich jetzt eben der einzige noch lebende Ulmer Olympiasieger im Rudern“, sagt Raimund Hörmann.

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