
Der Handball und seine Torhüter: Warum es mentale Stärke und Mut braucht

Plus Torhüter sind im Handball oft ein entscheidender Faktor. Auch momentan bei der WM. Chrischa Hannawald weiß, woran das liegt – und warum Deutschland raus ist.

Da haben auch seine 16 teils spektakulären Paraden nicht gereicht. Torwart Andreas Wolff war einmal mehr überragender Mann im Viertelfinale der Handball-Weltmeisterschaft. Ein ums andere Mal brachte er die französische Offensive zur Verzweiflung, war nur ganz schwierig zu überwinden. Am Ende verlor Deutschland trotzdem klar mit 28:35 gegen den Olympiasieger – und ist raus aus dem Titelrennen. „Bis jetzt hat Deutschland wirklich eine super WM gespielt. Das Spiel gegen Frankreich wurde leichtfertig hergeschenkt, am Ende haben sich die Jungs aufgegeben“, sagt Chrischa Hannawald.
In der Schlussphase, meint er weiter, habe die Mannschaft aus dem Rückraum zu wenig Torgefahr ausgestrahlt, zum Teil im Abschluss zu wenig Mut gehabt und zudem zu viele technische Fehler gemacht.
Chrischa Hannawald absolvierte 19 Länderspiele für Deutschland
Der 51-Jährige, der in Illertissen geboren ist und in der Region wohnt, war selbst Nationalspieler, absolvierte insgesamt 19 Länderspiele und gewann 2002 sogar EM-Silber mit Deutschland. Als 20-Jähriger stand Hannawald 1991 erstmals beim Bundesligisten TV Eitra im Tor. Mit kurzer Hose und Mundschutz. Schnell wurde das zu seinem Markenzeichen. Weitere Stationen außer dem VfL Günzburg folgten beim GWD Minden, LTV Wuppertal, TUSEM Essen, TV Großwallstadt, Bergischer HC, HSV Hamburg und bei den Rhein-Neckar Löwen. Dem Handballsport ist er treu geblieben, leitet inzwischen eine eigene Handballschule und gibt all sein Wissen an den Nachwuchs weiter.

Was einen guten Torwart ausmacht? „Er muss das Spiel lesen können, auch mal extravagante Bälle halten, besonders beweglich und vor allem mental stark sein. Auf dem Feld hast du immer mit Spieler, die dir helfen können. Im Tor bist du auf dich allein gestellt“, sagt Hannawald. Das weiß er aus eigener Erfahrung. Starke Torhüter hatten Deutschlands Handballer schon immer. Hannawald natürlich oder auch Andreas Thiel, Henning Fritz, Jan Holpert, Johannes Bitter, Silvio Heinevetter und natürlich Wolff. Mit Joel Birlehm, der bei der WM bei seinen Einsätzen begeisterte, steht schon das nächste große Talent bereit. Hannawald hat dafür eine einfache Erklärung: „In Deutschland wird schon in der Jugend sehr spezifisch trainiert.“
Das Spiel wird immer schneller, die Anforderungen höher
Die Anforderungen an die mutigen Männer zwischen den Pfosten haben sich in den vergangenen Jahren aber auch geändert. Weil der Handballsport generell ein anderes Gesicht bekommen hat. „Das hat mit Handball eigentlich nichts mehr zu tun. Das Spiel wird immer schneller, es gibt immer mehr Würfe aufs Tor. Früher hat man nach einem eigenen Treffer noch eine halbe Stunde jubeln können, heute geht es nur noch darum, wer am schnellsten schaltet“, sagt der 51-jährige Routinier. Als Torwart stehe man dadurch aber auch viel mehr im Fokus als zu seiner aktiven Zeit. Ein entscheidender Faktor im Spiel, meint er weiter, seien Torhüter aber schon immer gewesen. So wie zum Beispiel der Norweger Torbjørn Bergerud oder der Franzose Remi Desbonnet bei den jüngsten Niederlagen der Deutschen bei der WM in Polen und Schweden.
Wolf und Birlehm dürfen sich am Freitag noch einmal beweisen. Im Platzierungsspiel treffen sie ab 15.30 Uhr mit Deutschland auf Ägypten. Platz fünf ist das ausgegebene Ziel der DHB-Auswahl. Hannawald sagt dazu: „Das würde ich als Trainer von den Jungs auch fordern. Rückschlag hin oder her. Das ist ihr Job. Das sind Handball-Profis, keine Wurstverkäufer!“
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