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Flaschenmütter erzählen: „Ich kam mir vor wie eine Kuh“

Flaschenmütter erzählen

„Ich kam mir vor wie eine Kuh“

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    Angefangen hat alles in der 32. Schwangerschaftswoche, als die Ärzte feststellten, dass mein Kind zu schnelle Herztöne hat (Tachykardie). Daraufhin musste ich mehrere Wochen zur Einstellung von Medikamenten in der Klinik bleiben. Als Vorsorgemaßnahme bekam ich zwei Mal eine Lungenreifungsspritze mit Cortison, für den Fall, dass das Kind früher geholt werden muss. Durch diese Spritze hat mein Körper Wasser angesammelt und nicht mehr ausgeschieden. Ich bekam eine Schwangerschaftsvergiftung und mein Sohn musste in der 36. Schwangerschaftswoche per Kaiserschnitt geholt werden. Er kam sofort auf die Intensivstation. Die Krankenschwestern brachten ein Gerät, damit ich meine Milch abpumpen kann, weil der Kleine noch zu schwach zum Trinken war.

    Meine Schwägerin sprach immer von den Vorteilen des Stillens

    Das Abpumpen tat nach ein paar Tagen höllisch weh. Zwischendurch versuchte ich es auch immer wieder, meinen Sohn direkt trinken zu lassen. Aber er wurde nicht satt, und er wollte auch nicht richtig trinken. Ich hatte auch keine Kontrolle, wie viel er getrunken hatte. Er hat in vier Tagen 300 Gramm abgenommen, und ihm ging es immer schlechter. Alle haben immer gesagt, ich muss weiterstillen, das tut dem Kind gut. Aber das Gegenteil war der Fall. Die Ärzte haben nicht erkannt, dass durch die Schwangerschaftsvergiftung die Giftstoffe über die Milch weitergegeben wurden.

    Auch hat es von Anfang an nicht richtig geklappt. Die Milch ist ständig immer ein bisschen weitergelaufen. Nachts musste ich mir ein Handtuch umlegen, weil alles nass war, aber für den Moment des Stillens war dann zu wenig Milch da. Mein Sohn wurde immer schwächer, sodass ich noch in der Klinik meinen Mann gebeten habe, mir von der Apotheke Globuli zum Abstillen zu bringen. Mein Sohn war drei Wochen auf Intensiv. Auch meine Schwägerin, selbst Krankenschwester und zu diesem Zeitpunkt noch kinderlos, hat immer wieder vom Vorteil des Stillens geredet und ich solle nicht damit aufhören. Als ich das Stillen mithilfe der Globuli beendet hatte, ging es mir viel besser. Mein Sohn bekam die Flasche und er nahm an Gewicht wieder zu. Auch die erhöhten Herztöne sind innerhalb eines halben Jahres herausgewachsen.

    Die Flasche war auch für die Bindung zum Vater wichtig

    Von meiner Mutter hatte ich die Unterstützung, es bleiben zu lassen. Bei  ihr hat es mit mir auch nicht richtig geklappt. Ich wollte auch nicht trinken. Nach sechs Wochen war auch bei ihr Schluss. Meinem Vater war es egal gewesen. Mein Mann hat jeden, der gegen meine Entscheidung angesprochen oder mich angegriffen hat, sofort in die Pfanne gehauen und mich verteidigt.

    Eigentlich wollte ich von vornherein nicht stillen. Habe mich aber breitquatschen lassen, es doch zu tun. Als es nicht klappte, war ich in meiner Meinung bestätigt, dass das Ganze eine große "Scheiße" ist. Ich kam mir in der kurzen Zeit vor wie eine Kuh, die man melken muss. Als es vorbei war, war ich erleichtert, ich fühlte mich frei und wieder als Frau. Mein Mann konnte auch die Flasche geben und ging voll darin auf. Das war für die Bindung zum Vater sehr wichtig. Wenn jemand nachfragte, weshalb ich aufgehört habe, und ich ihm sagte, dass ich eine Schwangerschaftsvergiftung hatte und es dem Kind nicht guttat, dann war das auch in Ordnung. Nur nicht für meine Schwägerin.

    Wenn ich meinen inzwischen Teenager-Sohn mit anderen Kindern vergleiche, die gestillt worden sind, ist er viel weniger anfällig für Krankheiten. Er hat so gut wie nie eine Erkältung. Der Vorteil des Nichtstillens ist auch, das Milchpulver ist nahrhafter. Mein Kind hat ab der sechsten Woche nachts durchgeschlafen. (lea)

    Dieser Text ist ein Teil unseres Wochenend-Journal-Schwerpunktes "Kampfzone Mutterbrust" zum Thema Nicht-Stillen. Mehr als 50 Frauen aus der Region haben sich daran beteiligt und ihre Geschichten erzählt. Die weiteren Gesprächsprotokolle finden Sie unter

    Kampfzone Mutterbrust: Harter Streit um die Milch fürs Baby 

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