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Krieg in der Ukraine: Swift-Ausschluss: Druck auf Russland mit "Kollateralschaden"

Krieg in der Ukraine

Swift-Ausschluss: Druck auf Russland mit "Kollateralschaden"

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    Ein Demonstrant hält ein Schild mit der ukrainischen Flagge und der Aufschrift «Russland jetzt abschneiden!».
    Ein Demonstrant hält ein Schild mit der ukrainischen Flagge und der Aufschrift «Russland jetzt abschneiden!».

    Es ist eine Entscheidung, die auch Menschen in Deutschland zu spüren bekommen werden: Bundeskanzler Olaf Scholz gibt dem internationalen Druck nach und trägt den Ausschluss russischer Banken aus dem Finanzkommunikationssystem Swift mit.

    Wirtschaftsexperten erwarten drastische Auswirkungen auf Russland - aber auch schwerwiegende Folgen für die deutsche Wirtschaft. Der deutsch-russische Handel könnte nahezu zum Erliegen kommen. Auch für die Energieversorgung sind nach Worten von Außenministerin Annalena Baerbock "Kollateralschäden" zu befürchten. Das bedeutet: Die Gaspreise könnten steigen - vor allem, wenn Russland mit einem Lieferstopp reagiert.

    Was wurde genau vereinbart?

    Es gilt als die bisher weitreichendste Reaktion auf den russischen Krieg in der Ukraine: Deutschland, die USA und andere westliche Partner vereinbarten am Samstag - neben neuen Sanktionen gegen die russische Zentralbank - den Ausschluss bestimmter russischer Finanzinstitute aus Swift. Am Sonntag schloss sich auch Japan an. Betroffen sind nach offiziellen Angaben alle russischen Banken, die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind. Eine konkrete Liste lag zunächst allerdings nicht vor. Die Institute sollen von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt werden.

    Wie funktioniert Swift?

    Swift - die Abkürzung steht für "Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication" - stellt die technische Infrastruktur zur Verfügung, damit Finanzinstitute über Landesgrenzen hinweg sicher miteinander kommunizieren können. Swift vergibt die sogenannten Bank Identifier Codes, auch BICs, die zum Beispiel auf Bankkarten aufgedruckt sind und bei manchen Auslandsüberweisungen angegeben werden müssen. Genutzt wird das Kommunikationssystem etwa bei Geldtransfers, Wertpapier- oder Edelmetallgeschäfte - nach Swift-Angaben von mehr als 11 000 Teilnehmern in über 200 Ländern.

    Wie wirkt der Ausschluss in Russland?

    Für die betroffenen Institute werden internationale Finanzgeschäfte wesentlich aufwendiger. Es läuft auf einen Ausschluss vom global vernetzten Finanzsystem hinaus. Grundsätzlich können Banken zwar auch ohne Swift kommunizieren, zum Beispiel über Telefon oder Mail - das ist aber viel umständlicher und teurer. Eine internationale Alternative gibt es derzeit nicht, allerdings hat Russland ein nationales Netzwerk, an das mit einigem Aufwand möglicherweise Banken aus Staaten wie China angedockt werden könnten.

    Der Swift-Ausschluss kann die wichtigsten Warenströme jedoch bremsen, weil Firmen keine Importe mehr bezahlen oder Einnahmen für Exporte verbuchen können. In Russland waren am Wochenende bereits Reaktionen der Bürger sichtbar: Viele gingen zum Bankautomaten, um Geld abzuheben. Die Leiterin des ifo Zentrums für Außenwirtschaft, Lisandra Flach, geht davon aus, dass die Sanktionen Russland in eine historische Finanzkrise stürzen könnten. Die Auswirkungen auf Deutschland hingen stark von Gegensanktionen und dem Energiemarkt ab, schrieb sie auf Twitter.

    Welche Folgen hat das für Deutschland?

    In Wirtschaftskreisen wurde am Sonntag die Befürchtung geäußert, der deutsch-russische Handel könne nahezu völlig zum Erliegen kommen. Für deutsche Firmen könnte es schwierig bis unmöglich werden, Rechnungen russischer Lieferanten noch zu zahlen. Ifo-Chef Clemens Fuest erwartet, dass die Sanktionen den Westen "einiges kosten" werden, die russische Wirtschaft aber weit härter treffen. "Es wird Erschütterungen an den Finanzmärkten geben, aber anders geht es nicht", twitterte er.

    Allerdings lassen die westlichen Partner eine Hintertür offen: Zunächst sollen nicht alle russischen Banken ausgeschlossen werden. Deutschland hat auf "gezielte Einschränkung" bestanden, die den Kreml "härter trifft als uns selbst", wie Außenministerin Annalena Baerbock sagte. Finanzminister Christian Lindner betonte, die Finanzsanktionen seien so gewählt, dass sie dem russischen Präsidenten Wladimir Putin keinen Vorwand gäben, notwendige Rohstofflieferungen auszusetzen. Zugleich erreichten sie aber, dass es mit Russland kein "business as usual" gebe.

    Welche Auswirkungen sind zu befürchten?

    Der Bundesregierung scheint es in den Verhandlungen wichtig gewesen zu sein, dass Gas- und andere Rohstofflieferungen weiterhin bezahlt werden können. Das könne über die im Swift-System verbleibenden Banken geschehen, hieß es. Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm geht davon aus, dass man so einen russischen Lieferstopp verhindern wollte. "Die Rechnungen für russische Rohstofflieferungen sollen offenbar noch bezahlt werden können", sagte sie. Deutschland ist bei Gas- und bei Kohleimporten in hohem Maße abhängig von Russland.

    Aus Regierungskreisen heißt es, die Energieversorgung in Deutschland sei auch nach dem Ausschluss der russischen Banken gesichert. Rechnungen russischer Energielieferungen sollten weiter bezahlt werden können. Die Bundesregierung und die internationalen Partner wollten sicherstellen, dass "Kollateralschäden" eingegrenzt würden, so dass die Sanktionen zielgerichtet die Richtigen träfen.

    Warum wird die Karte trotz Kollateralschäden gezogen?

    Die Bundesregierung stand international unter sehr großem Druck, den die zuvor verhängten Sanktionen galten vielen als zu mild und wirkungslos. Lindner betonte, Deutschland sei bereit, die negativen Auswirkungen der Sanktionen auch hierzulande zu tragen - "denn sie sind der Preis der Freiheit".

    Nach Ansicht von Grimm wären die Auswirkungen selbst bei einem Ausfall des gesamten deutsch-russischen Handels auch überschaubar, weil Russland eine vergleichsweise geringe Rolle beim deutschen Handel spiele. Sie erwarte, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt dadurch um weniger als ein Prozent sinken könnte. Bislang erwartet die Bundesregierung für dieses Jahr ein Plus der Wirtschaftsleistung um 3,6 Prozent. Wirtschaftsminister Robert Habeck hat zudem bereits Hilfen für deutsche Firmen angekündigt. "Wir werden also für die Bereiche der Wirtschaft, die möglicherweise von Sanktionen betroffen sind, ähnliche Schutzmaßnahmen machen wie wir es in der Corona-Pandemie getan haben", sagte er.

    Gibt es weitere, ähnlich harte Finanz-Sanktionen?

    Schon kurz nach Putins Angriff auf die Ukraine verhängten die USA und die EU umfassende Sanktionen, um der russischen Wirtschaft zu schaden. Da geht es etwa um Refinanzierungsoptionen des Staates und von ausgewählten privaten Banken und Unternehmen, darunter die Alfa Bank, Bank Otkritie, Bank Rossija und Promswjasbank. Zudem beschränkt die EU die Ausfuhr strategisch wichtiger Güter für den Verkehrs- und Energiesektor.

    Mindestens ähnlich schwerwiegend wie der Swift-Ausschluss könnten nach Ansicht von Grimm die Sanktionen gegen die russischer Zentralbank sein. Ihr Vermögen soll blockiert, Transaktionen eingefroren werden. Nach Angaben des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell wird etwas weniger als die Hälfte der Finanzreserven der russischen Zentralbank eingefroren, weil diese in Ländern gehalten werden, die zu der Gruppe der großen westlichen Industrienationen (G7) zählen. "Dies wird das Finanzsystem Russlands erheblich treffen", erklärte Borrell.

    "Und wir nehmen der Zentralbank die Möglichkeit, ihr Guthaben international einzusetzen", sagte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. So soll verhindert werden, dass Russland seine staatlichen Rücklagen zur Finanzierung des Krieges nutzt. Russland hat zwar hohe Devisenbestände, kann damit laut Grimm aber nun nicht mehr den Rubel stabilisieren. Die russische Währung ist bereits geschwächt, für die Menschen in Russland dürfte das weitere Härten bringen.

    Borrell räumte aber auch ein: "Wir können nicht die Reserven der russischen Bank blockieren, die in Moskau oder in China sind." Russland habe seine Reserven zuletzt mehr und mehr in Ländern geparkt, in denen sie nicht blockiert werden könnten.

    © dpa-infocom, dpa:220227-99-307810/5 (Von Verena Schmitt-Roschmann, Ansgar Haase, Andreas Hoenig und Theresa Münch, dpa)

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