
Plus Die Jahre 1923, 1933 und 1963 spielen auch für die Region um Krumbach eine zentrale Rolle. Welche Botschaft mit dem Bau des Stadtsaals 1923 verbunden ist.
Es ist schlichtweg eine schöne Botschaft. "Die Zeit der deutsch-französischen Feindschaft, wie ich sie als Kind in den 1960er-Jahren gekannt habe, ist zum Glück Vergangenheit", erklärt Nicolas Hebert. Der französische Buchautor mit Krumbacher Wurzeln - seine Mutter und sein Großvater lebten in Krumbach - skizziert damit eine Wende in der Beziehung zwischen beiden Völkern, die viele vor Jahrzehnten mit Blick auf die beiden Weltkriege kaum für möglich hielten.
Hebert spricht über die "Erinnerungsaktivitäten" in beiden Staaten. Da kommt in diesen Tagen und Wochen in der Tat einiges zusammen. Etwa der 90. Jahrestag der "Machtergreifung" der Nazis (30. Januar 1933), die auch in Krumbach und Umgebung die demokratische Ordnung in kürzester Zeit hinwegfegte. Diese "Machtergreifung" führte mit dem deutschen Angriff 1940 hinein in den nächsten Krieg mit Frankreich. Von Historikerinnen und Historikern umfassend thematisiert wird derzeit das Inflationsjahr 1923. Dieses begann gewissermaßen am 11. Januar 1923 mit dem Einmarsch französischer und belgischer Truppen ins Ruhrgebiet, weil Deutschland nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg seinen Reparationszahlungen nicht nachkam. 1923 wurde das Jahr der galoppierenden Inflation und des gescheiterten "Hitler-Putsches".

Umso erstaunlicher ist es, dass es 1923 in Krumbach gelang, den Stadtsaal fertigzustellen. Der Bau dieses für Krumbach so bedeutenden Gebäudes war auch eine außerordentliche ehrenamtliche Leistung. Ein Foto aus dem Jahr 1923 zeigt das Komitee, das den Bau des Saals organisiert hat. Am Tisch sitzt unter anderem der Jude Julius Oettinger. 1923 hochgeachtet, musste er 1938 mit seiner Familie vor der Gewaltherrschaft der Nazis in die USA fliehen. Diese Gewaltherrschaft - das ist Auschwitz. Das Lager wurde am 27. Januar 1945 von der Roten Armee befreit. Unter anderem daran wurde am Freitag beim Besuch des bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek in Ursberg erinnert.
Die Inflation ist "wieder da"
In Mittelschwaben zogen 1945 neben den US-Verbänden auch französische Truppen ein. Franzosen, Amerikaner, seit vielen Jahrzehnten sind sie Bündnispartner der Deutschen. Auch mit Blick auf diese scheinbar so selbstverständliche Perspektive haben wir uns vielleicht ein bisschen "Ferien von der Geschichte" genommen, wie dies Nils Minkmar in der Süddeutschen Zeitung beschrieben hat. Doch im Osten Europas ist der Krieg zurückgekehrt, die Folgen spüren wir auch in der heimischen Region unmittelbar. Die Inflation ist nicht vergleichbar mit 1923. Aber sie ist da. Was kann da der Blick in die Heimatgeschichte leisten? Vielleicht einiges. Wer etwa auf die Geschichte des Stadtsaals im Inflationsjahr 1923 blickt, der erfährt von der Tatkraft und der Zuversicht der Menschen in einer außerordentlich schwierigen Zeit. Das ist, gerade jetzt, eine ermutigende Botschaft.
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