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Geschichte: Wie die Nostalgie vor 333 Jahren in die Welt kam

Geschichte

Wie die Nostalgie vor 333 Jahren in die Welt kam

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    Schweiz, Meiental: Mit Blumen geschmückte Kühe laufen auf einer Straße am Sustenpass bei ihrem Almabtrieb von der Alm Hinterfeld ins Dorf Wassen. Kaum etwas klingt altbackener als ein "Früher war alles besser". Ewig gestrig, diese Nostalgie. Oder doch nicht? Anfangs machte der Begriff auf eine Krankheit aufmerksam - angeregt durch Kühe auf der Weide.
    Schweiz, Meiental: Mit Blumen geschmückte Kühe laufen auf einer Straße am Sustenpass bei ihrem Almabtrieb von der Alm Hinterfeld ins Dorf Wassen. Kaum etwas klingt altbackener als ein "Früher war alles besser". Ewig gestrig, diese Nostalgie. Oder doch nicht? Anfangs machte der Begriff auf eine Krankheit aufmerksam - angeregt durch Kühe auf der Weide. Foto: Urs Flueeler, dpa

    Den einen trifft sie beim Anblick einer vergilbten Urlaubs-Postkarte, den anderen bei Erinnerungen an die Schulzeit: So gut wie jeden überkommt bei Gelegenheit die Nostalgie. Aber niemand käme auf die Idee, deshalb gleich einen Arzt zu rufen. Ein verklärter Blick auf die Vergangenheit ist im Normalfall kein Grund für eine Behandlung.

    Vor 333 Jahren allerdings war das noch anders. Damals erfand der Elsässer Mediziner Johannes Hofer in seiner Doktorarbeit „Disertatio Medica De Nostaligia, oder Heimwehe“ erstmals den Begriff, mit dem Hofer eine Krankheit beschrieb, die anscheinend nur eidgenössische Söldner befiel – die Sehnsucht nach ihrer Heimat in den Alpen.

    Die Symptome der Nostalgie waren: Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Fieber

    Die Symptome, die Hofer einhergehend mit der Nervenkrankheit feststellte, waren Schlaflosigkeit, Appetitlosigkeit, Fieber und Herzrasen – ja schlimmstenfalls sogar der Tod. Die Nostalgie soll Söldner aus Bern, Basel, Luzern und Zürich im Ausland zur Fahnenflucht getrieben haben, immer dann, wenn sie sogenannte Kuhreihen vernahmen. Das sind Instrumentalstücke, die in der Schweiz dazu benutzt wurden, das Rindvieh von den Weiden zu treiben oder beim Melken zu beruhigen. Sobald die Söldner die Melodie gehört haben, seien sie in Melancholie verfallen.

    Feststellen lässt sich nun 333 Jahre später zweierlei: Um ein körperliches Gebrechen, wie damals vermutet, etwa Schäden am Trommelfell aufgrund des Glockengeläuts verbunden mit Schäden am Gehirn, ließen sich bis heute nicht bestätigen. Ausgebreitet hat sich allerdings der Personenkreis, den die Nostalgie bisweilen überfällt: Gefeit ist gegen diese besondere Mischung aus Wehmut und Verklärung so gut wie niemand. Ach, damals, als Deutschland im Fußball noch gewonnen hat. (mit dpa)

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