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Ausstellung: Gunter Sachs: Der Playboy als Fotograf

Ausstellung

Gunter Sachs: Der Playboy als Fotograf

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    Inspiriert von Giuseppe Arcimboldo: So hat Gunter Sachs seine Lieblingsmuse Claudia Schiffer 1991 für die Serie „Vier Jahreszeiten“ als Sommer abgelichtet.
    Inspiriert von Giuseppe Arcimboldo: So hat Gunter Sachs seine Lieblingsmuse Claudia Schiffer 1991 für die Serie „Vier Jahreszeiten“ als Sommer abgelichtet. Foto: Estate Gunter Sachs

    Seinen ersten, 1974 publizierten Fotoband nannte Gunter Sachs (1932– 2011) „Mädchen in meinen Augen“. Der Titel hatte Signalwirkung; er beschreibt sein ungeschriebenes Programm: perfekte Frauenkörper ästhetisch in Szene zu setzen, wohlgerundete Körper zur Projektionsfläche für erotische Fantasien zu stilisieren. Dass der millionenschwere Industriellensohn in der jungen BRD nur als Playboy wahrgenommen wurde, er die Klatschspalten mit Storys über seine Liaison mit der Ex-Gattin des Schahs von Persien, Soraya, und Kurzzeit-Ehefrau Brigitte Bardot füllte, für glamouröse Society-Events zwischen St. Tropez und St. Moritz stand, versperrte lange den Blick auf ein ambitioniertes künstlerisches Werk, zu welchem fünf Dokumentar-Filme, darunter lange vor Willy Bogner der erste Skifilm „Happening in Weiß“, und unzählige Fotografien zählen.

    Gunter Sachs war Perfektionist

    Im Sommer lockt das Künstlerhaus nun die Besucher mit der „Kamerakunst“ des weltläufigen Tausendsassas Gunter Sachs, der als Kreativer äußerst ernsthaft agierte, obsessiv arbeitete und einem unglaublichen Perfektionismus verpflichtet war. Für dieses Projekt wurden die Räumlichkeiten im behäbigen Gebäude am Lenbachplatz selbst durchgestylt zu Showrooms mit Bodenbelägen in Meeresblau, Kanariengelb und Knallrot, was die optischen Effekte der farbigen Großformate unterstreicht. 90 Aufnahmen dokumentieren das breite Themen-Spektrum aus Porträts, Akten und Landschaften, die auf Reisen quer durch die ganze Welt entstanden, darunter beeindruckende Impressionen der Kalahari, die fast malerische Qualität besitzen oder ein dramatisches Brandungsbild sowie Modeaufnahmen für Vogue und Harper’s Bazaar.

    Sachs war zwar Autodidakt, aber in seinem Metier absoluter Profi. Sein finanzieller Hintergrund ermöglichte es ihm, mit neuester und teuerster Technik zu arbeiten. So sieht man viele digital bearbeitete Bilder – damals noch ein Novum, wie die Verwendung einer Hochgeschwindigkeits (Zeitlupen)-Kamera, die vorher nur für militärische Zwecke eingesetzt wurde. Auch nutzte er Techniken wie Langzeitbelichtung und Montage für seriellen Arbeiten. Eine Aufnahme von Christos verhülltem Berliner Reichstag etwa kombinierte er mit einer Reihe nur in Cellophan gehüllter Frauen.

    Die frühen Pariser Jahre machten den studierten Mathematiker und Wirtschaftler zum Kunstkenner und Sammler zahlreicher Zeitgenossen. Er erwarb Fotografien, von denen einige, beispielsweise von Henri Cartier-Bresson, Jay Ullal, Andreas Feininger oder Will McBride, gezeigt werden und die seine Arbeiten beeinflussten. Dass Sachs selbst ein Lieblingsmotiv der Fotografen war, versteht sich von selbst; so sieht man sein Porträt aus der Siebdruck-Reihe von Andy Warhol in Grün-Braun-Farbskala ebenso wie eine Reihe unbekannter Aufnahmen. Sie dokumentieren seinen Werkprozess; einmal steht er sogar bis zu den Schultern im Wasser, eine Kamera balancierend.

    Fotos mit surrealistischem Touch

    Zu den Malerfreunden zählten die Nouveaux Réalistes, aber auch Yves Klein, Giorgio de Chirico und Salvador Dali. Besonders dessen Einfluss manifestierte sich in experimentellen Kompositionen mit surrealistischem Touch wie auf „Eternité“, einer Wüstenlandschaft mit Knochen. Wie sehr ihn die Kunstgeschichte inspirierte, erkennt man in der Serie „Vier Jahreszeiten“, wo er Claudia Schiffers Kopf im Stile Arcimboldos mit unterschiedlichen Pflanzen dekorierte.

    Das Model war einer seiner Musen, die er nicht nur für das legendäre Vogue-Cover „Hommage à Gruau, Chapeau“ inszenierte, sondern auch in verschiedenen „Heldinnen“-Rollen wie Cleopatra oder Jeanne d´Arc festhielt, kostümiert im Stil der jeweiligen Epoche, letztlich immer als makellose Schönheit abgelichtet. Coole Glätte ohne jegliche Irritationen findet sich bei allen Bildern, eine Hochglanzästhetik, die vom Zeitgeist längst überholt worden ist. Dagegen wirkt seine originelle Mode-Kampagne für die Firma Bally fast subversiv: Reduziert er doch ausnahmsweise Frauen auf schöne Beine mit elegantem Schuhwerk! Geradezu sarkastisch ist sein Humor in der „Hommage à Imelda“, wo diese im Dutzend in einer Baggerschaufel wegtransportiert werden – kennt man doch den Schuhtick der einstigen Präsidentengattin von den Philippinen.

    Info: Laufzeit bis 30. August im Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz, geöffnet Mo 11-20, Do-So 10.30-18.30.

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