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Münchner Pinakothek: Jonathan Meese: Provokateur und Propagandamaschine

Münchner Pinakothek

Jonathan Meese: Provokateur und Propagandamaschine

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    Der umstrittene Skandalkünstler Jonathan Meese in München:
    Der umstrittene Skandalkünstler Jonathan Meese in München: Foto: Nicolas Armer, dpa

    Jeder Satz ein Fanfarenstoß, jeder Satz ein Paukenschlag, jeder Satz radikalmaximal. Künstlerische Provokateure gab und gibt es immer wieder – von Jonathan Meese, diesem schlagzahlangebenden Militärkapellen-Trommler in Sachen „Diktatur der Kunst“, können sich alle noch ein Scheibchen abschneiden. Eine menschgewordene Propagandamaschine, die die Freiheit der Kunst staunenswert gleichsetzt mit der Diktatur der Kunst.

    Kunst von Jonathan Meese ist eine Ansammlung von Groteskem

    Jetzt hat Jonathan Meese, der als Schüler bemitleidenswert schüchtern gewesen sein soll, mal wieder eine große Schau. Die Pinakothek der Moderne in München zeigt Zeichnungen, Gemälde und Skulpturen des 48-Jährigen, der erst als 22-Jähriger begonnen hatte zu zeichnen, dann aber im Geschwind- und Stech-Marsch in die Spitzenformation angesagter deutscher Künstler vorstieß. Seinen Hamburger Akademie-Lehrer Franz Erhard Walther verließ er vor der Zeit, vor dem Diplom; doch sein Kommilitone Daniel Richter empfahl den so egomanisch wie selbstlos schaffenden Meese seiner Galerie. Das war der Anfang vom Durchstoß einer Kunst, die so gar nichts hat von Ausgewogenheit und klassischem Ideal. Nix marmorne Erhabenheit.

    Stattdessen eine (An-)Sammlung von Grotesken: rasend hingeworfene Selbstbildnisse mit dem Markenzeichen des langen, dunklen Jesus-Haars (gegebenenfalls mit Sonnenbrille), abschreckende Mensch-Tier-Klone, Trash, Porno, Comic, Film, Militärabzeichen wie Eisernes Kreuz. Vieles und viel Provokantes kommt zusammen bei diesem manischen Sammler und Archivar.

    Aber der 1970 in Tokio geborene Meese ist ja nicht nur Bildender Künstler, dem die mittlerweile 88-jährige Mutter weiterhin als „Befehlshaber“ (Meese) zur Seite steht – will heißen als Finanzverwalterin und gelegentlich künstlerische Beraterin. Meese ist ja auch Performer und Bühnenbildner.

    Jonathan Meeses Hitler-Gruß ist von der Freiheit der Kunst gedeckt

    Und wenn er da hinlangt, dann kracht’s nicht selten richtig. Dann kommt auch mal der Hitler-Gruß zum Einsatz, dann lässt er sich in Uniform und Jeep über den Rhein schippern, dann kündigt er für Bayreuth an: „In der Kunst ist das Publikum eine nicht zu berücksichtigende Masse… Kunst braucht keine Menschenvermittlung… Das, was Meese macht, negiert das Publikum… Kunst spielt sich ab, der Mensch übt Hingabe, fertig ist die Maus.“ Und dann lässt Meese auch (ironisch?) wissen, dass Hitler, Wagner und der Militarismus „cool“ seien – so, wie 2013 im Mannheimer Nationaltheater.

    Freilich ist der Hitler-Gruß Jonathan Meeses von der Freiheit der Kunst gedeckt, wie das Amtsgericht Kassel 2013 rechtsgültig feststellte. Gleichwohl bekam Bayreuth, wo Meese 2016 den „Parsifal“ hätte inszenieren sollen, heiße Füße. Seine Produktion wurde unter dem Wüten Meeses abgesagt – offiziell wegen erheblicher Finanzierungsprobleme bei der Gesamtausstattung.

    Für Meese, der gerne seine Fanfarenstöße mit dem Wort „Erz“ verstärkt, war es mindestens eine Erzfarce.

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