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Nachhaltigkeit: Nur noch kurz die Welt retten: So werden Sie Selbstversorger

Nachhaltigkeit

Nur noch kurz die Welt retten: So werden Sie Selbstversorger

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    Kräuter und Gemüse lassen sich selbst anbauen - auch auf dem Balkon. (Symbolbild)
    Kräuter und Gemüse lassen sich selbst anbauen - auch auf dem Balkon. (Symbolbild) Foto: Marion Nickig (dpa)

    Der Entscheidung zur „Landwirtschaft light“ gingen einige Diskussionen in der Familie voraus. Bio, ja, hatte man immer schon gekauft, wo es eben ging. Die Kinder essen am liebsten Schokolade ohne Palmöl, um den Regenwald zu schonen. Trotzdem: Der ökologische Fußabdruck, den die vierköpfige Familie hinterlässt, war ihr zu groß, das Leben zu wenig nachhaltig. Deshalb die Hühner.

    Immer mehr Menschen hegen den Wunsch, bewusster zu leben, weniger Müll zu hinterlassen und diese Welt (vielleicht) ein bisschen besser zu machen. Oft hat das simple Hintergründe: Man will sich gesünder ernähren, traut aber den Lebensmitteln nicht, die im Supermarkt angeboten werden. Nachhaltig leben ist auch trendy geworden: Wer alte Sachen nicht wegwirft, sondern Neue daraus macht (Stichwort Upcycling), beweist Kreativität und Individualität.

    Der Bundesregierung sind Menschen wie mein Freund Christian sehr sympathisch: 2002 entwickelte sie eine Nachhaltigkeitsstrategie, die unter anderem die Reduzierung von Treibhausgasen, die nachhaltige Nutzung von Wäldern und Ländereien sowie die Bekämpfung von Armut und Hunger zum Inhalt hat. So flott, wie sich Sänger Tim Bendzko das in seinem Song „Nur noch kurz die Welt retten“ vorstellt, geht es allerdings nicht: Die Nachhaltigkeitsagenda gilt bislang bis 2030 – Fortschreibung garantiert.

    So sehr die Idee eines korrekteren Lebens in den vergangenen Jahren Einzug in unsere Gedankenwelt gehalten hat, so wenig sind manche von uns bereit, dafür Opfer zu bringen. Laut einer Umfrage würden nur 40 Prozent der Europäer mehr Geld für nachhaltige Produkte bezahlen. Wie sähe es da erst mit dem Schritt aus, den Dick Strawbridge und seine Familie taten: Kauften eine Farm in Cornwall, ließen ihr altes Leben hinter sich und versuchen sich seither als Selbstversorger. Ihre Erfolge (und Misserfolge) schildern sie in der BBC-Serie „It’s not easy being green“ – es ist nicht einfach, grün zu sein.

    Vor kurzem haben sie auch noch ein Buch veröffentlicht: „Das große Buch der Selbstversorgung“. Jeder, der auch ein wenig grün sein will, kann es als Ratgeber verstehen: Egal, ob man in der Stadt oder auf dem Land wohnt, ob man einen Hof oder einen Mini-Balkon hat, ob es ums Essen oder Kosmetik geht – die Strawbridges haben Tipps, wie man sein Leben bewusster gestalten kann. Beispiele gefällig? Bitte schön…

    Für Stadtbewohner

    Selbstversorgung ist in der Stadt schwierig, aber es gibt Tricks: Mit Pflanzsäcken lassen sich sogar auf einem Balkon Kartoffeln anbauen. Kräuter, Schnittsalat und Tomaten gedeihen auch in Balkonkästen, Erdbeeren in der Blumenampel. Wer einen kleinen Garten hat, nutzt die Höhe aus: Obstbäume lassen sich am Spalier ziehen, dasselbe gilt für Bohnen. Wer Zeit hat, geht an Kanalufern und in Parks spazieren, um dort „Salat“ zu ernten: Brennnesseln eignen sich, Löwenzahn, Schafgarbe und andere Wildkräuter auch. Junge Buchenblätter schmecken roh auf Käsebrot mit Tomate.

    Für Geduldige

    Sie haben massenweise Plastiktüten zu Hause, die Sie nicht mehr brauchen? Daraus lassen sich Kissenfüllungen machen. Dazu zerschneidet man die Tüten erst in lange Streifen, dann in Schnipsel. Diese Schnipsel stopft man dann fest in einen Kissenbezug – fertig.

    Für Kaffeetrinker

    Wer jeden Tag einen „Coffee to go“ trinkt, verursacht damit Unmengen von Müll. Lösung eins: Man kauft sich einen Kaffeebecher aus Bambus oder Porzellan und lässt ihn jeden Tag neu füllen. Lösung zwei: Die Pappbecher mit nach Hause nehmen, ausspülen und für die Anzucht von Pflanzen nutzen, indem man sie mit Erde füllt und die Samenkörner darin ausbringt. Wer’s schöner möchte: 24 Kaffeebecher mit Papier bekleben, Nummern von 1 bis 24 drauf, Geschenke rein – fertig ist der Adventskalender.

    Für Pflanzenliebhaber

    Wer möchte, dass seine Pflanzen gut gedeihen, düngt sie mit selbst gemachter Beinwelljauche. Dazu pflückt man reichlich Beinwellblätter, stopft sie in einen Behälter, in dessen Boden man vorher ein Loch gebohrt hat, und beschwert sie mit Ziegelsteinen. Den Behälter auf einen Ständer stellen und einen anderen Behälter darunter stellen. Nach etwa zehn Tagen zersetzen sich die Blätter und eine schwarze Flüssigkeit tropft in den untergestellten Behälter. Das so entstandene Konzentrat in einem Schraubglas aufbewahren. Bei Bedarf im Verhältnis 1:15 mit Wasser verdünnen und damit düngen.

    Für Insektenliebhaber

    Bauen Sie ein Bienenhotel und stellen Sie es im Garten oder auf dem Balkon auf. Dazu in ein Stück Baumstamm Löcher in unterschiedlicher Stärke bohren. Achten Sie darauf, dass die Löcher schräg aufwärts laufen, damit sich kein Wasser sammeln kann. Aus zwei Holzbrettern ein Dach darüber bauen, eines als Boden unterlegen. Das Bienenhotel nach Süden ausgerichtet in der Nähe von nektarreichen Pflanzen hängen.

    Für Gourmets

    Butter, Frischkäse Hartkäse, Marmeladen, Brot – das alles kann man selbst herstellen. Ein Tipp für schnelles Kräuterbrot: 1 Kilo Weizenmehl, 600 ml warmes Wasser, 30 Gramm frische Hefe und 3 EL Olivenöl mischen. Teig flach drücken, kneten, wieder flach drücken, mit 20 Gramm Salz bestreuen. Eine Handvoll Kräuter (Rosmarin, Thymian, Salbei …) hacken und aufstreuen. Teig kneten, zur Kugel formen, in eine eingeölte Schüssel geben und mit Öl einsprühen. Mit einem feuchten Geschirrtuch abdecken und gehen lassen. Dann auf die Arbeitsfläche stürzen, Portionen abreißen und zu Brötchen rollen. Mit Mehl bestäuben, gehen lassen und dann im vorgeheizten Backofen bei 200 Grad etwa 20 Minuten backen.

    Für Gesundheitsbewusste

    Auch Salben, Tinkturen, Tees und Arzneimittel kann man selbst herstellen. Gut für den Magen: 100 Gramm Rosmarinnadeln, 85 Gramm Lorbeerblätter, 10 Gramm Wermut grob hacken und in ein Glasgefäß geben. Mit 400 ml Wodka übergießen. Deckel zuschrauben und schütteln. Zwei Wochen lang täglich einmal schütteln. Durch ein Musselintuch abseihen und die Pflanzen pressen. Die Tinktur in eine dunkle Glasflasche füllen und an einem dunklen Ort aufbewahren. Bis zu dreimal täglich einen Teelöffel mit einem Glas Wasser einnehmen. Hilft gegen Magenprobleme und Verdauungsstörungen.

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