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Debatte: Pro und Contra: Jetzt auf Vorrat kaufen?

Debatte

Pro und Contra: Jetzt auf Vorrat kaufen?

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    Die Handelsketten sehen derzeit keinen Grund für die Verbraucher, zusätzliche Vorräte anzulegen.
    Die Handelsketten sehen derzeit keinen Grund für die Verbraucher, zusätzliche Vorräte anzulegen. Foto: Jens Büttner, dpa

    Pro: Jetzt auf Vorrat kaufen ist vernünftig

    Prepper haben es im digitalen Zeitalter leicht. Man muss nur im Bedarfsrechner die Personenanzahl eingeben und schon wird eine passgenaue Einkaufsliste ausgespuckt. Mit einem weiteren Klick wird das alles von Amazon nach Hause geschickt. Dass das in sich etwas widersinnig ist – geschenkt. Im Krisenfall kommt der Onlinehändler, hahaha.

    Aber die Berechnung der Notrationen für 14 Tage ist nicht uninteressant. Um nur ein Beispiel aus der Liste zu nennen: Für unsere Familie wären das 42 Dosen Obstkonserven und 42 Dosen Linsen- und Gemüseeintöpfe. Die haben wir natürlich nicht im Keller, weil wir das nie im Leben aufbrauchen würden. Aber viele andere Dinge. Das war schon vor Corona-Pandemie und vor dem Ukraine-Krieg so. Auch in ganz normalen Zeiten stapeln sich Mehlpakete, Nudeln, Reis, Olivenöl und einiges mehr.

    Vorräte zu haben, ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Unsere Großeltern haben Kartoffeln, Zwiebeln und Äpfel für den ganzen Winter eingelagert. Haben Marmelade gekocht und Gemüse eingelegt, weil sie Tiefkühltruhen und unseren Überfluss an Lebensmitteln gar nicht kannten. Aber ist unser System wirklich so sicher? So wie wir alle mittlerweile unser Leben eingerichtet haben, wären wir schon bei einem größeren Stromausfall ganz schön aufgeschmissen. Der Optimismus, dass schon immer alles gut gehen wird, ist schön – etwas kluge Vorsorge aber noch besser. Man muss deswegen keine Schwerlastregale in den Vorratskeller einziehen, um die Lebensmittel stapeln zu können. Wer in großen Gebinden kauft, spart zudem Müll und Wege. Man darf sich Vorratshalter als faule Menschen vorstellen: Einfach in den Keller gehen und holen, was man braucht. Wobei: Die 42 Kisten Wein sind noch nicht bestellt …

    (Doris Wegner)

    Contra: Jetzt auf Vorrat kaufen ist unvernünftig

    Bisschen Nudeln, bisschen Tomatensugo, vielleicht Linsen, Mehl, die Haferflocken, Schokolade etc. Natürlich ist es total vernünftig, wenn man immer irgendetwas zu essen zu Hause hat – einen Vorrat. Aber braucht man zehn oder gar 20 Flaschen Sonnenblumenöl? Das nämlich wird zurzeit ja offenbar vor allem bevorratet und zwar in so rauen Mengen, dass es in manchen Supermärkten schon ausverkauft ist. Was wiederum total unvernünftig ist, also die Hamsterei, weil dadurch ja auch die ganze Lieferkettendynamik aus dem Tritt kommt, das begehrte Gut also schon knapp wird, wenn es eigentlich noch nicht knapp ist. Aber gut, gegen eine Flasche Sonnenblumenöl im Vorratsschrank ist ja wie gesagt auf keinen Fall etwas einzuwenden.

    Aber worum geht es eigentlich bei der Frage? Nicht darum, wie viel Sonnenblumenöl-Vorräte sinnvoll sind – die Bundesregierung rät übrigens zu einer Notfallreserve von 0,357 Kilogramm Fett und Öl – sondern darum, wie ich mich in solchen Zeiten verhalte, und auch: Wie ich mit der Sorge, der Angst umgehe. Gebe ich ihr Raum oder nicht? Und durchaus vernünftig kann es daher auch sein, ihr nicht nachzugeben. Sondern die Ruhe zu bewahren, und – großes Wort angesichts von Linsen und Co. – auch die Haltung. Schließlich: Vor welcher Gefahr will ich mich durch den Einkauf von Sonnenblumenöl und Nudeln eigentlich schützen? Wenn man anfängt, den Gedanken ernsthaft weiterzudenken, müsste man dann nicht gleich für alle Lieben mitkaufen, und die Nachbarn? Nicht noch tausend Dinge mehr bedenken? Es herrscht Krieg in der Ukraine. Und die Frage ist: Ein angesichts dieser Katastrophe für einen selbst vollgefüllter Vorratsschrank, lässt der einen sich nicht noch viel kleiner und schwächer fühlen?

    (Stefanie Wirsching)

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