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Pro und Contra: Frage der Woche: Immer wieder an den gleichen Urlaubsort fahren?

Pro und Contra

Frage der Woche: Immer wieder an den gleichen Urlaubsort fahren?

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    Wohin in den Urlaub? An den vertrauten Strand oder neue Gefilde entdecken?
    Wohin in den Urlaub? An den vertrauten Strand oder neue Gefilde entdecken? Foto: Stefan Sauer, dpa

    Pro: Bei Wiederholung sieht man mehr

    Zugegeben, wer immer auf demselben Fleck urlaubt, bekommt all die anderen Flecken niemals zu Gesicht. Und doch liegen die Vorteile von Ferien, wie Opa und Oma sie pflegten, auf der Hand. Der Stressfaktor beispielsweise – beliebter Zündstoff beim Reisen im Familienverbund – ist bei der Urlaubszielwiederholung deutlich reduziert, einfach deshalb, weil man in die Fallstricke, die dem Fremden in der Fremde auflauern, schon beim ersten Mal getappt ist und sie nun bei allen folgenden Malen elegant umkurven kann.

    Was hingegen den Vorhalt betrifft, die immer gleiche Urlaubsansicht sei doch recht bald eine öde Angelegenheit, so ist zu kontern, dass ferne Gestade, im üblichen Jahresabstand aufs Neue besucht, sich niemals als dieselben präsentieren. Die Veränderungen, die großen wie die kleinen, die man doch nur mitbekommt, wenn man wieder und wieder dorthin zurückkehrt, wo man schon einmal war, diese Wandlungen verströmen ihren eigenen erholsamen (und manchmal auch melancholisch schweren) Duft, der dem Einwegtouristen freilich gar nicht erst in die Nase steigt. 

    Schließlich, wie die Fremde wirklich tickt, wie das Leben dort funktionieren, gelingen kann, das erschließt sich nicht im Vorüberhuschen, dazu bedarf es über Jahre hinweg fortgesetzter Beobachtung des nur scheinbar Immergleichen. Was leitet zu einem weiteren Plus über: Wer vieles schon kennt am Ort seiner Wiederwahl, muss keine Reiseführer-Hotspots abarbeiten, sondern schafft sich Zeit. Fürs Neuentdecken literarischer Landschaften, für Lesereisen etwa mit Hans Castorp auf den „Zauberberg“, über den bekanntlich geschrieben steht: "Im Handumdrehen also wird der Erzähler mit Hansens Geschichte nicht fertig werden ..." (Stefan Dosch)

    Contra: Urlaub bedeutet Neues entdecken

    Warum sollte man sich auf den Weg machen, nur um am Ziel auf Altbekanntes zu stoßen? Die Routine hat den Alltag ohnehin schon viel zu fest im Griff, die Chancen gering, im täglichen Schnell-Schnell den Horizont zu weiten. Denn notgedrungen ist es doch oft so: mittwochs zu Giovanni, dem Stammitaliener, immer die gleiche Stammstrecke beim Abendspaziergang, da ist man schließlich rechtzeitig zum "Tatort" wieder zurück und samstags natürlich zum angestammten Supermarkt – da weiß man, wo was steht. 

    Und wie würde nun das Urlaubsleben am Stammurlaubsort aussehen? Der Giovanni wäre vielleicht ein Enzo ... Man saust wieder durch einen Stamm-Supermarkt und abends noch mal schnell ... Also wieder viel Allzu-Bekanntes – nur der Ort wurde ausgetauscht. 

    Urlaub bedeutet, Neues entdecken. Es ist die kostbarste und freieste Zeit des Jahres. Warum sollte man sich ausgerechnet auch noch in diesen wenigen Wochen Routine antun? Freiwillig darauf verzichten, andere Landschaften kennenzulernen, unbekannte Speisen zu probieren, neue Kulturen zu erfahren. Freilich fühlt man sich ein wenig gebauchpinselt, wenn ein Enzo charmant fragt: heute wie immer? Aber Urlaub sollte doch genau eine Unterbrechung dieses ewigen Wie-immers sein, das Heute jeden Tag ein wenig anders, ein kleiner Aufbruch sein. 

    Also hinaus in die Welt und andere Lebenswelten erfahren. Die Welt ist viel zu groß für immer den gleichen Urlaub. Und um Missverständnisse zu vermeiden: Man muss für spannende, neue Erlebnisse nicht um den halben Erdball jetten. Es genügt, einfach den Ort öfter mal zu wechseln. (Doris Wegner)

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