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Münchner Kammerspiele: Kammerspiele-Intendant Lilienthal macht nicht weiter

Münchner Kammerspiele

Kammerspiele-Intendant Lilienthal macht nicht weiter

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    Matthias Lilienthal verlängert seinen Vertrag nicht.
    Matthias Lilienthal verlängert seinen Vertrag nicht. Foto: Tobias Hase, dpa

    Dass die Beziehung zwischen Theater und Publikum unübersehbarere Risse bekommen hat, war an den gesunkenen Zuschauerzahlen abzulesen. Die Auslastung der Münchner Kammerspiele betrug nach Matthias Lilienthals zweiter Spielzeit nur noch etwas über 60 Prozent, von Startschwierigkeiten konnte da keine Rede mehr sein. Im Februar gab sich Lilienthal in einer Sitzung des Münchner Stadtrats angesichts dieser Zahlen noch kämpferisch. Als vor zwei Wochen die Münchner CSU-Stadtratsfraktion beschloss, gegen eine Vertragsverlängerung mit dem Intendanten zu stimmen, war es Lilienthal, der am Montagabend bekannt gab, seinen Vertrag 2020 auslaufen zu lassen.

    Am Anfang brachte Lilienthals neues Programm auf frischen Wind

    Es ist das Ende eines Missverständnisses, das mit der Berufung Lilienthals begonnen hatte. Hier die Münchner Kammerspiele, in denen die letzten drei Intendanten Dieter Dorn, Frank Baumbauer und Johann Simons alle auf den Ensemblegedanken gesetzt hatten. Bis 2015 wurde die Bühne dafür vom Publikum geliebt. Da war ein Ensemble, das sich immer mit den besten deutschen Theatern messen konnte.

    Dann sollte mit Matthias Lilienthal und seinem Team alles anders werden. Lilienthal, erst unter Frank Castorf Chefdramaturg an der Berliner Volksbühne, dann gefeiert als Intendant des Hebbel am Ufer (HAU) in Berlin, stand für ein anderes Konzept: ein offenes Haus, an dem viele Kooperationen eingegangen werden. Lilienthal und sein Team erstellten einen Spielplan, der nicht nur auf Stücke, sondern vermehrt auf Performances, Tanz oder Club-Abende setzte.

    In der ersten Spielzeit waren alle gespannt, ob das Experiment funktionieren würde. Gleich zu Beginn startete Lilienthal mit dem Projekt "Shabbyshabby Apartments", das waren Unterkünfte auf Zeit, die an verschiedenen Stellen in der Stadt aufgestellt wurden. Die Kammerspiele zeigten damit auf die gewaltigen Wohnraumprobleme in der Stadt – eine gesellschaftspolitische Aktion ganz ohne Schauspieler zum Auftakt.

    Aufbruchsstimmung bei Münchner Kammerspiele flachte ab

    Als in der zweiten Spielzeit namhafte Darstellerinnen, etwa Brigitte Hobmeier, das Ausnahmeensemble verließen, war von einem Aufbruch zu neuen Kammerspielen nicht mehr viel zu spüren. Stattdessen wurde öffentlich darüber diskutiert, was in dem Schauspielhaus hinter den Kulissen geschah. Da ging ein Riss durch das Ensemble. Einige Schauspieler, die so viel zum Ruhm der Bühne beigetragen hatten, sahen sich im neuen Konzept einfach nicht mehr berücksichtigt.

    Auch das Publikum war weiterhin gespalten. Es half nicht, dass die Jury des Berliner Theatertreffens immer wieder Stücke der Münchner Kammerspiele unter die zehn besten Produktionen des Jahres wählte – zuletzt "Mittelreich" und "Trommeln in der Nacht". Die Zahlen am Haus gingen nicht nach oben – und damit gerieten auch die Finanzen in Schräglage.

    Münchens Kulturreferent Hans-Georg Küppers bedauert in einer Mitteilung Lilienthals Schritt. "Eine Vertragsverlängerung wäre sinnvoll gewesen, um zu zeigen, dass es mehr als fünf Jahre bedarf, um die ganze Bandbreite einer wirkungsvollen Intendanz unter Beweis zu stellen." Bevor die Kulturpolitiker in München einen neuen Intendanten bestimmen, sollten sie sich überlegen, was für Kammerspiele sie in Zukunft haben wollen.

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