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Konzert-Kritik: Neil Young in München: Rocker, willst du ewig beben?

Konzert-Kritik

Neil Young in München: Rocker, willst du ewig beben?

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    Neil Young und seine Gitarre - viel mehr brauchte es beim Konzert in München nicht, um die Zuschauer in der Olympiahalle zu unterhalten.
    Neil Young und seine Gitarre - viel mehr brauchte es beim Konzert in München nicht, um die Zuschauer in der Olympiahalle zu unterhalten. Foto: Robert Michael, dpa

    Pünktlich kommt der Theatergong in der Olympiahalle – aber der Meister lässt seine gut 10.000 Fans in München natürlich trotzdem ein bisschen warten. Dafür reißt er am Schluss die sonst hier obligatorische 23-Uhr-Marke und macht die zwei Stunden also dennoch voll. Und das mit nur 17 Songs. Es ist eben ein Abend mit der Rock-Legende Neil Young – und der ufert am meisten musikalisch aus, ist also gerade kein Theater. Er lässt sich darum am besten durch das charakterisieren, was der 73-Jährige so alles nicht braucht.

    Konzert in München: Neil Young braucht für die Show nur seine Gitarre

    Denn während es inzwischen längst normal ist, dass an einem solchen Abend von Feuerwerk bis Konfetti allerlei Budenzauber das Konzert zum Event macht: Neil braucht nur eine Effektmaschine – und die hält er in Händen. War ja schon vor 50 Jahren so, als mit den Herren Crosby, Stills und Nash in Woodstock auf der Bühne stand und die Kameras verjagte, um sich auf die Musik und ihre Wirkung konzentrieren zu können. Diesmal dürfen immerhin zwei hübsch mit abgerundeten Ecken auf alte Fernseher getrimmte Leinwände Bilder von der Bühne auf Leinwand vergrößern. Aber ansonsten herrscht nur sie: die Gitarre.

    Nur einmal und früh zu „Harvest Moon“ wechselt er zur akustischen samt Mundharmonika, sonst lässt er die E-Gitarren sprechen. Samt Soli und Reprisen dehnt und weitet er seine Songs so immer wieder, unterstützt auf dieser Tour nicht von den Crazy Horse, sondern von der Fünf-Mann-Combo Promise of the Real. Die müssen denn auch immer darauf achten, ob der Meister nun den jeweiligen Song beschließen oder nur aufs Neue entfachen will, begleiten ihn ansonsten gut und sorgen dafür auch mal geradezu jugendlich im Vergleich zum sich über seine Gitarre ganz in Schwarz wiegenden Neil mit Hüpfen und Posen für Bewegung – und zum großartig wuchtigen „Fuckin' Up“ gibt’s sogar noch einen Propeller-Mosh von einem der beiden weiteren Gitarristen.

    Wer nun keine zu Songs getimten Effekte in der Show hat, braucht auch keine feste Setlist. Und so wirbelt Neil bei dieser Tour denn auch Abend für Abend mitunter andere Songs in eine neue Reihenfolge. In München beginnt er ganz früh in seiner Karriere mit dem Buffalo-Springfield-Stück „Mr. Soul“, dann folgen „Mansion on the Hill“ und „Powderfinger“. Ein erster echter und gitarrenstark ausufernder Höhepunkt ist nach einer guten halben Stunde „Words (Between the Lines of Age)“. Stark und wuchtig kommen kurz darauf auch „Throw Your Hatred Down“ und „Cortez The Killer“.

    Neil Young spielt beim Konzert in München nur zwei seiner Klassiker

    Von den größten Hits serviert Neil mit schöner Regelmäßigkeit pro Konzert zwei, an diesem Abend sind es als letztes vor den Zugaben „Rockin' in the Free World“ und als zweite und letzte Zugabe „Like A Hurricane“. Muss man dazusagen, dass da die Olympiahalle in voller Feier dieses quicklebendigen Dinosauriers schwelgt? Ungespielt bleiben dafür in München etwa „Hey Hey, My My“ und „Heart of Gold“. Hat's jemanden gestört? Falls ja, dieser Rocker scheint eben endlos beben zu wollen, der kommt also wieder, beim nächsten Mal dann eben.

    Und noch etwas wird er auch dann nicht brauchen: Ansagen. Denn Neil Young kann sich in seinen Songs als Kritiker von Monsanto oder Bush, als Mahner für den Frieden oder einen anderen Umgang mit der Erde stark machen – von der Bühne predigen wie manch anderer tut dieser Mann nicht. Fragt bloß drei Mal, wie die Stimmung in der Halle so ist, entschuldigt sich ein Mal wegen einer falsch gestimmten Gitarre für einen technischen Fehler, stellt ein Mal seinen Nebenmann als Kurt vor – das war's. Dafür kann er dann unerbittlich heulend im sicher acht Minuten langen „Change Your Mind“ zum Umdenken herausfordern oder „Lotta Love“ samt im Hintergrund leuchtenden „Love“-Leuchtschild das große Gefühl feiern. Und auch der unvermeidliche schwarze Hut über den darunter grauen hervorflatternden Flusen bleibt auf, die grauen Turnschuhe unten dafür ständig in Bewegung.

    Kritik zu Neil-Young-Konzert: So will man ihn auch in 14 Jahren noch sehen

    Der Gesang sägt mitunter in den Höhen an der Schmerzgrenze („Milky Way“), dafür verleiht seine Gitarre allem immer Nachdruck. Ein guter Abend mit einem zum Glück Unkaputtbaren, ganze 14 Jahre, nachdem er fast ganz plötzlich aus dem Leben geschieden wäre. So aber will man sich gerne vorstellen, ihn auch heute in 14 Jahren noch zu sehen.

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