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Festival-Erfolg: "Landrauschen": Film aus Weißenhorn gewinnt Max-Ophüls-Preis

Festival-Erfolg

"Landrauschen": Film aus Weißenhorn gewinnt Max-Ophüls-Preis

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    Das Team um Regisseurin Lisa Miller (Mitte) freut sich zusammen mit Ophüls-Festivalleiterin Svenja Böttger (2. von rechts) über den dreifachen Erfolg seines Films „Landrauschen“. 
    Das Team um Regisseurin Lisa Miller (Mitte) freut sich zusammen mit Ophüls-Festivalleiterin Svenja Böttger (2. von rechts) über den dreifachen Erfolg seines Films „Landrauschen“.  Foto: Oliver Dietze, dpa

    Dabei sein ist alles, das war die einhellige Überzeugung beim Filmteam um Regiseurin Lisa Miller, als ihr in Weißenhorn (Landkreis Neu-Ulm) gedrehter Heimatstreifen „Landrauschen“ für das renommierte Saarbrücker Filmfestival Max-Ophüls-Preis nominiert worden war. Nun aber ist alles ganz anders gekommen: „Landrauschen“ hat nicht nur den Hauptpreis des Festivals gewonnen, sondern gleich zwei weitere Preise dazu. Die Mischung aus Drama, Komödie und Satire erhielt auch noch die Auszeichnung für das beste Drehbuch zugesprochen sowie den Preis der Ökumenischen Jury, sodass sich das beim Wettbewerb erzielte Preisgeld auf über 50.000 Euro summiert – ein Riesenerfolg für eine Produktion, deren Kosten deutlich darunter im niederen zweistelligen Bereich lagen.

    „Landrauschen“ erzählt von der jungen Toni (Kathrin Wolf), die frustriert aus Berlin zurück in ihr ländliches Heimatdorf kommt und dort auf die lebensfrohe Rosa (Nadine Sauter) trifft. „Zwei Frauen und ein Dorf in der Identitätskrise“, beschreibt Lisa Miller ihren Film, der größtenteils mit Laiendarstellern im Weißenhorner Stadtteil Bubenhausen gedreht wurde, wo die 31-jährige Regisseurin aufwuchs. Wobei das gesamte Team, angefangen bei den Darstellern bis hin zur Technik, umsonst arbeitete. Als Geldquelle diente unter anderem Crowdfunding im Internet, Sponsoren aus der Region erhielten Kurzauftritte im Film. Zwar wusste die Crew bereits seit Dezember, dass ihr Film für den 39. Max-Ophüls-Preis nominiert worden war, doch wurde ihre Arbeit kurz vor der Uraufführung in Saarbrücken fertig. Sound- und Farbmischung gelangten erst wenige Tage vor Festivalbeginn zum Abschluss.

    Die Konkurrenten hatten oft mehr Geld und Starpower

    „Landrauschen“ setzte sich in der Spielfilm-Kategorie gegen 15 Konkurrenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durch. Im Gegensatz zu der kleinen Weißenhorner Produktion gab es da Filme, die mit scheinbar deutlich gewichtigeren Pfunden aufwarten konnten. In Isa Prahls „1000 Arten, Regen zu beschreiben“ treten etwa Bjarne Mädel und Bibiana Beglau in den Hauptrollen auf und die Filmmusik stammt von Volker Bertelmann alias Hauschka, der für den Soundtrack zu „Lion“ schon einmal eine Oscar-Nominierung erhalten hatte. Etliche Filme in der Konkurrenz hatten auch Mittel aus der Filmförderung erhalten oder waren durch TV-Anstalten mitfinanziert worden.

    Am Ende aber wog das alles nichts, machte vielmehr der kleine Film aus Schwaben das Rennen. „Mit großer Energie und Tiefe, Mut zum Risiko und sehr viel Liebe zu den Figuren führt uns dieser Film in eine Welt, in der wir uns erst einmal genauso zurechtfinden müssen wie die Hauptfigur“, lobte die Jury in ihrer Begründung und geriet dann regelrecht ins Schwärmen: „Die Freude der Macher beim Machen überträgt sich auf das Publikum und öffnet unsere Herzen. Ein Film, der uns mitlachen und mitleiden lässt, und dem wir viele, viele Zuschauer im Kino wünschen.“ Auch die Jury beim Preis für das beste Drehbuch – geschrieben von Lisa Miller – fand hochgestimmte Worte: „Die Dialoge sind rasend komisch.“

    „Wir haben überhaupt nicht damit gerechnet“, sagte Lisa Miller, die am Tag nach der Preisverleihung noch ganz überwältigt war von den Ereignissen. „Ich merke, dass ich es langsam realisiere, was passiert ist.“ Besonders stolz ist die Regisseurin darauf, dass der Film beim Publikum so gut ankam. „Es gab tolle Reaktionen, und es wurde viel gelacht.“ Das ganze mitgereiste Team feierte den Überraschungserfolg. „Wir sind glücklich und überwältigt“, sagte Hauptdarstellerin Kathi Wolf aus Weißenhorn am Sonntagmorgen mit leicht kratziger Stimme. „Ich bin immer noch total fassungslos.“

    Mit dabei beim Berliner Filmfestival

    Die Frage, ob und wann „Landrauschen“ im Kino zu sehen sein wird, ist derzeit noch offen. Lisa Miller hofft, dass der Film auch noch auf anderen Festivals gezeigt wird und sich für ihn ein Verleih finden lässt. Die Chancen dafür dürften nach dem Erfolg in Saarbrücken stark gestiegen sein. Als Ophüls-Sieger wird der Weißenhorner Heimatfilm auf jeden Fall im Februar bei der Berlinale zu sehen sein.

    Insgesamt wurden am Samstagabend 15 mit insgesamt 113.500 Euro dotierte Preise verliehen. In den Kategorien Spiel-, Dokumentar-, Kurz- sowie mittellanger Film liefen insgesamt 62 Produktionen. Bei der Preisverleihung war auch Österreich in diesem Jahr wieder erfolgreich. Der Film „Cops“ überzeugte – wie im vergangenen Jahr die Komödie „Die Migrantigen“ – das Publikum. Zudem gewann der Streifen über den Korpsgeist in der Polizei den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film sowie für den besten Schauspielnachwuchs in einer Nebenrolle. Den Regiepreis erhielt „Blue My Mind“ von Lisa Brühlmann. Als bester Schauspielnachwuchs wurden zwei Frauen geehrt. Für die beste Hauptrolle wurde Loane Balthasar für ihr Auftreten in „Sarah spielt einen Werwolf“ ausgezeichnet. Den Preis für die beste Nebenrolle erhielt Anna Suk für ihr Spiel in „Cops“. Diese Preise wurden in diesem Jahr erstmals nicht mehr geschlechtsspezifisch – an den besten Schauspieler und die beste Schauspielerin – vergeben. Der undotierte Ehrenpreis ging an die Regisseurin und Schriftstellerin Doris Dörrie.

    Der Max-Ophüls-Preis gilt als eines der bedeutendsten Filmfestivals für Nachwuchsfilmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Im kommenden Jahr feiert das Traditionsfestival sein 40-jähriges Bestehen. Benannt ist es nach dem in Saarbrücken geborenen Regisseur Max Ophüls (1902–1957). (dpa/AZ)

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