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Wagner-Festspiele: Lohengrin ist Bayreuths Bester

Wagner-Festspiele

Lohengrin ist Bayreuths Bester

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    Lohengrin (vorne Edith Haller als Elsa) gehört zu den besten gegenwärtigen Bayreuth-Inszenierungen.
    Lohengrin (vorne Edith Haller als Elsa) gehört zu den besten gegenwärtigen Bayreuth-Inszenierungen. Foto: Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath, dpa

    Da sind sie wieder, die Ratten auf der Bühne des Bayreuther Festspielhauses, possierlich tapsend rund um den Schwanenritter Lohengrin und seine skeptische Anvertraute Elsa. Auch im fünften Jahr der Inszenierung von Hans Neuenfels haben die Nager als Metapher für das Massentier Mensch nichts von ihrer Bildkraft eingebüßt. Und doch ist die Rattenkostümierung nicht das Stärkste, was die szenische Einrichtung dieses „Lohengrins“ zu bieten hat.

    Das ist vielmehr Neuenfels’ Personenregie, die die tragische Verstrickung des lichten Paars Lohengrin-Elsa ebenso eindrücklich in Geste und Aktion überführt, wie sie die Triebfedern des finsteren Gegenspielerduos Telramund-Ortrud offenlegt. Die wirklich ergreifenden Szenen dieser Wagner-Inszenierung kommen ohne Ratten aus.

    Ein Lohengrin wie kein Zweiter

    Und da ist auch wieder Klaus Florian Vogt, der den Grals-Abkömmling stimmlich und darstellerisch verkörpert wie kein Zweiter in diesen Zeiten. Dabei irritiert Vogts Tenorstimme zunächst immer ein wenig, so ungemein weich, beinahe feminin ist ihr Timbre – ein sanfter Mantel, in dem doch ein heldisch-kraftvoller Kern steckt. Bewundernswert für einen Wagner-Sänger ist die Klarheit der Diktion, nicht nur in der Grals-Erzählung ist jedes Wort zu verstehen.

    Vogt als Lohengrin, Annette Dasch als Elsa – mehrere Jahre waren sie das Traumpaar auf dem Grünen Hügel. In diesem Jahr nun ist Edith Haller die Herzogstochter von Brabant, und sie gestaltet die Partie nicht minder kapital als ihre Vorgängerin. Zwar funkelt Hallers Sopran nicht ganz so kristallin wie der von Dasch, verfügt jedoch über viel Schmelz und blüht in schönst getönten Farben. Leichtes Flackern bei Forte-Ausbrüchen fällt da nicht ins Gewicht.

    Opernkrimi in Reinkultur

    Sängerdarstellerisch nicht weniger fulminant Thomas J. Mayer und Petra Lang. Die Rollenidentifikation dieses Telramunds und seiner Ortrud in der Nachtszene zu Beginn des zweiten Akts, das psychologisch-vokale Gift, das sich da aus der einen Seele in die andere schleicht, dies ist Opernkrimi in Reinkultur. Ausdrucksstark auch Samuel Youn als Heerrufer und Wilhelm Schwinghammer als König Heinrich. Und natürlich steht und fällt die sängerische Bilanz eines „Lohengrin“ mit dem Chor.

    Der Bayreuther Festspielchor, in diesem Jahr wieder blendend aufgestellt von Eberhard Friedrich, übertrifft sich in dieser Choroper von Auftritt zu Auftritt. Pars pro toto: Überwältigend in ihrer schieren Endlosigkeit die dynamische Steigerung zu Beginn der vierten Szene des zweiten Akts – bis hin zu einer Klanggewalt aus Kehlen, dass es einen aus dem Sitz hebt.

    Dirigent Andris Nelsons sorgt für eine Sternstunde

    Schon in den letzten Jahren hatte dieser Bayreuther „Lohengrin“ seinen Erfolg maßgeblich Andris Nelsons zu verdanken. Wie der lettische Dirigent jedoch diesmal das bravouröse Festspielorchester an dramatischen Knotenpunkten atemlos dahinjagen und dann aber auch wieder die (nach einem Wort Thomas Manns) „blausilberne“ Schönheit der Partitur aufschimmern lässt, das kommt einer Sternstunde gleich.

    Zieht man die Quersumme aus musikalischer Gestaltung, Gesang und szenischer Realisierung, dann ist dieser „Lohengrin“ das Beste, was Bayreuth zu bieten hat. Zu recht der Beifallssturm.

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