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Passion: Mit muslimischen Mitspielern

Passion

Mit muslimischen Mitspielern

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    Frederik Mayet (l.) und Rochus Rückel sind 2020 in Oberammergau die Jesus-Darsteller.
    Frederik Mayet (l.) und Rochus Rückel sind 2020 in Oberammergau die Jesus-Darsteller. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Ein sehr junger Jesus, auch sonst eine verjüngte Truppe – und erstmals zwei Oberammergauer muslimischen Glaubens in wichtigen Rollen: Spielleiter Christian Stückl setzt mit seiner Auswahl der Darsteller für die weltberühmte Passion 2020 Zeichen. Am Samstag wurde in dem oberbayerischen Passionsspielort das monatelang gehütete Geheimnis gelüftet: Nach einem Gottesdienst wurden die Namen vor dem Passionstheater an eine schwarze Schiefertafel geschrieben. Hunderte Oberammergauer sahen zu, wie Buchstabe um Buchstabe mit weißer Kreide aufgemalt wurde – 42 Namen, denn jede der 21 Hauptrollen wird doppelt besetzt. „Es ist ein unglaublich schwieriger Akt. Wir haben wochenlang gesessen und haben versucht, die richtige Kombination zu finden“, sagte Stückl.

    Der 22-jährige Rochus Rückel, Student der Luft- und Raumfahrttechnik, wird zweitjüngster Jesus der Geschichte. Der andere Christus ist zum zweiten Mal der Pressesprecher der Passionsspiele, Frederik Mayet, er kratzt mit 38 Jahren an der Altersobergrenze für den Jesus.

    Den Judas besetzte Stückl mit dem Politikwissenschaftler Martin Schuster sowie dem 18 Jahre alten Cengiz Görür, ein gebürtiger Oberammergauer muslimischen Glaubens. Auch Stückls zweiter Spielleiter Abdullah Karaca, ebenfalls Muslim, bekommt mit Nikodemus eine wichtige Rolle. „Es ist keine Provokation“, betont Stückl. „Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen die Schauspieler ausgesucht.“

    Der 56-Jährige, der die Passion 1990 als jüngster Spielleiter inszenierte und sie zum vierten Mal auf die Freiluftbühne bringt, hatte bei seiner ersten Passion gleich eine wichtige Rolle an einen Protestanten gegeben und damit für Diskussionen gesorgt. Er wirkte darauf hin, dass im Jahr 2000 erstmals Konfessionslose und Andersgläubige zugelassen wurden. Und er stritt dafür, dass verheiratete Frauen nun auch die Maria spielen dürfen.

    Für diese Rolle wählte er zwei bewährte Spielerinnen: Andrea Hecht, 47, ist zum dritten Mal die Gottesmutter, Eva Reiser, 34, hatte 2010 die Maria Magdalena gespielt. Die Flugbegleiterin will sich für die Passion beurlauben lassen – „anders wird es kaum gehen“.

    Die beiden Marias wie die anderen Hauptdarsteller hatten sich am Samstagmittag mit hunderten Einheimischen vor dem Passionstheater versammelt – und wussten nicht, ob und welche Rolle sie bekommen sollten. Am Vorabend hatte Stückl dem Gemeinderat in geheimer Sitzung seine Vorschläge vorgelegt, es gab kein Veto. Früher entschieden die Gemeinderäte über die Hauptrollen. Inzwischen wählt Stückl selbst. Sabine Dobel, dpa

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