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Musik: Metallica, Nirvana, Gunners: Als der Rock-Jahrgang 1991 legendär wurde

Musik

Metallica, Nirvana, Gunners: Als der Rock-Jahrgang 1991 legendär wurde

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    Bis auf Nirvana-Sänger Kurt Cobain, der sich 1994 das Leben nahm, sind die Stars des Jahres 1991 noch immer – oder immer wieder – im Geschäft und auch auf Tour.
    Bis auf Nirvana-Sänger Kurt Cobain, der sich 1994 das Leben nahm, sind die Stars des Jahres 1991 noch immer – oder immer wieder – im Geschäft und auch auf Tour. Foto: Sorbo, AP, dpa

    Es scheint zwar, als hätte Neil Young Recht gehabt, als er 1979 in „My my, hey hey“ legendär postulierte, dass Rock’n’Roll gekommen sei, um zu bleiben, dass es tatsächlich stimmt: „Rock’n’Roll can never die!“ Denn mag heute längst Rap mit all seinen Spielarten die kommerziell erfolgreichste Musikrichtung der Welt sein – auch jede Menge Kids im dritten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts lieben eine dominante E-Gitarre, von immer neuen Indie-Kunstblüten bis zur Wucht des Metal Core. Aber ein Jahr wie 1991 wird es wohl nie wieder geben.

    Denn es war schlicht ein Wahnsinnsjahr, hunderte Millionen verkaufter Rock-Alben, Rock-Videos auf Dauerschleife im Musikfernsehen MTV, Rock an den internationalen Hitparaden-Spitzen – Rock noch einmal als Soundtrack einer Generation, die die existenzielle Fragwürdigkeit gleich als Label verpasst bekam: Generation X. Innerhalb weniger Wochen in jenem Spätsommer und Herbst vor 30 Jahren nämlich erschienen Platten geradezu in Serie, die kommerziell eminent erfolgreich und zugleich nachhaltig stilprägend waren – was nun wirklich keine selbstverständliche Verbindung ist.

    Es begann im August mit Metallica und dem selbstbetitelten, dem schwarzen Album – das die Thrash-Metal-Heroen plötzlich zu Charts-Knüllern machte und zu Weltstars auf der ganzen Rock-Klaviatur, von Treibendem wie „Enter Sandman“ und „Wherever I May Roam“ bis zu Balladen wie „The Unforgiven“ und „Nothing Else Matters“.

    Metallica-Frontmann James Hetfield.
    Metallica-Frontmann James Hetfield. Foto: Felix Hörhager, AP, dpa

    Anti-Posterboy-Posterboy Kurt Cobain

    Und es folgte ein regelrechter Urknall des Grunge. Vor allem mit Nirvana und deren zweitem Album „Nevermind“, durch das vor allem Frontmann Kurt Cobain zu einer Art Anti-Posterboy-Posterboy der Generation X wurde. „We are stupid and contagious“, heißt es im größten Hit „Smells Like Teen Spirit“: „Wir sind dumm und ansteckend.“ Und ausgerechnet der zur gehassten Industrie zählende Sender MTV spielte das Video rauf und runter. Im Wechsel mit Pearl Jams „Alive“, die in diesem Wahnsinnsherbst ja auch ihr Debütalbum „Ten“ mit reichlich weiteren Hits veröffentlichten und so mit dafür sorgten, dass dieser verzweifelt-wütende Rock-Bastard namens Grunge zum Massenphänomen wurde.

    Und genau in diesen Wochen, in der zweiten Septemberhälfte 1991 wurden zudem noch veröffentlicht: „Blood Sugar Sex Magik“ von den Red Hot Chili Peppers und das Doppelalbum „Use Your Illusion, Part I & II“ von Guns N’ Roses, Meilensteine. Die Gunners lieferten die poppigsten Hymnen ihrer Karriere wie „Don’t Cry“, „November Rain“ und das Dylan-Cover „Knockin’ on Heaven’s Door“, dazu den auch im Kinohit des Jahres „Terminator 2“ verwendeten Knaller „You Could Be Mine“ – und Sänger Axl Rose und Gitarrist Slash wurden auch zu den Helden der Rock-Fans, die in Kobains Grunge-Gestus einen Verrat an der Rock-Musik sahen.

    Anthony Kiedis und Bassist Michael „Flea“ Balzary von den Red Hot Chili Peppers
    Anthony Kiedis und Bassist Michael „Flea“ Balzary von den Red Hot Chili Peppers Foto: Thomas Frey, AP, dpa

    Die Chilis wiederum landeten nicht nur erstmals ganz oben in den Charts und in der MTV-Dauerschleife mit Hits wie „Under the Bridge“ und „Give it Away“ – sie wiesen mit ihrem Funk in Anthony Kiedis’ Sprechgesang und vor allem dem Basswahnsinn von Flea dem Rock eine alte Spur neu und wurden darüber zu Superstars.

    Wiedererweckte Gunners, unermüdliche Chilli Peppers, ewige Metallica

    Und es war dies eben nicht nur die erstaunliche Häufung dieser eindrucksvollen Neuveröffentlichungen. Es war zudem die nochmalige Rückkehr der Rockmusik zu ihrer vollen generationsprägenden Kraft. Was Ende der 60er Jahre mit den Doors und Jimi Hendrix, mit Led Zeppelin und The Who von der rebellischen Gegenkultur zum Massenphänomen geworden war und sich die 70er hindurch über die Rolling Stones und AC/DC, The Clash und Bruce Springsteen in immer weiteren Sparten, immer bestimmenderen Zügen entfaltet hatte, war im Lauf der 80er Jahre zur Normalität geschrumpft, in Szenen zerfallen und als wirkmächtigste Richtung der Populärmusik abgelöst worden. Der neue Klang der Auflehnung hieß Hip-Hop, Klang der Zeit aber wurde die Popmusik: Michael Jacksons „Thriller“, Madonnas „Like a Virgin“, Prince’ „Purple Rain“ erschienen, The Police nahmen „Synchronicity“ auf. Und MTV versendete die Pop-Ästhetik in die Welt… – auf dass gerade diese Kanäle noch einmal gekapert wurden von Wut und von Wucht und von Verzweiflung, von Rock 1991.

    Slash von Guns N’ Roses.
    Slash von Guns N’ Roses. Foto: Tor Erik Schroder, AP, dpa

    Der nächste Hype aber stand da schon in den Startlöchern, mit der Gründung von Oasis, dem ersten Album von Blur: Brit-Pop. Natürlich erlebte auch der Rock weiter solche Blitzeinschläge, gleich 1992 mit dem Debüt von Rage Against the Machine und dann auch weiter in den 90ern mit Linkin Park und Muse. Aber prägend ist das – zumal in Zeiten der in Interessensgruppen zerfallenen (Musik-)Öffentlichkeit, von Youtube und Spotify statt MTV – nur noch für Sparten und deren Publikum.

    Das aber füllt den Helden von 1991 noch heute Stadien, den wiedererweckten Gunners, den unermüdlichen Chili Peppers, den ewigen Metallica – sofern eben nicht, wie für den längst von den Flammen des Lebens verzehrten Anti-Posterboy-Posterboy Cobain, gilt, was Neil Young auch sang: „It’s better to burn out than to fade away“. Es ist besser auszubrennen, als zu verblassen!

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