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Musikwelt: Abkehr von Opernstar Plácido Domingo nach Entschuldigung

Musikwelt

Abkehr von Opernstar Plácido Domingo nach Entschuldigung

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    In Spanien wird es einsam um Plácido Domingo.
    In Spanien wird es einsam um Plácido Domingo. Foto: Franz Neumayr, dpa

    „Auch Du also, Plácido ?“, fragten wir an dieser Stelle im Sommer 2019, als den Opernstar Domingo geballte schwere, jedoch unbewiesene Vorwürfe von Frauen wegen sexueller Übergriffigkeit trafen. Die Branche und ihre musikliebenden Anhänger waren damals in drei Lager gespalten: US-Institutionen schienen mehr zu wissen und kündigten bereits anberaumte Auftritte des ehemaligen Super-Tenors und heutigen Baritons (beziehungsweise Dirigenten) wieder auf; für Opernhäuser in Europa hingegen galt das bewährte Prinzip – vorläufiger – Unschuldsvermutung mit der Konsequenz, dass der Sänger weiter auftreten konnte; in seiner Heimat Spanien schließlich – und nicht nur dort – stellte man sich in Liebe und Treue vor Domingo und feierte den mittlerweile 79-Jährigen ostentativ. Noch vor dem Prozess der Klärung.

    Jetzt hat sich der Wind gedreht. Spanische Musikinstitutionen laden Domingo aus, und er selbst sagte fünf Madrider „Traviata“-Aufführungen ihm zu Ehren ab – wohl, um den Anschein zu wahren, das Heft in der eigenen Hand zu halten. Große spanische Zeitungen befinden, dass Domingo nun dem Ende seiner Karriere und dem Ende seiner Legende entgegensteuere. Ein großer Künstler, ein kritisierbarer Mensch ist zu einer persona non grata im eigenen Geburtsland geworden.

    Es waren nämlich offenbar doch Dinge vorgefallen, die besser nicht hätten vorfallen sollen. In dieser Woche entschuldigte sich deswegen Domingo bei allen Frauen, die wegen ihm Schmerzen und Angst empfanden: „Ich möchte, dass sie wissen, dass mir der Schmerz, den ich ihnen zugefügt habe, wirklich leid tut. Ich verstehe jetzt, dass einige Frauen vielleicht Angst hatten, sich ehrlich zu äußern, weil sie befürchten, dass ihre Karriere dadurch beeinträchtigt werden könnte.“

    Geschwiegen aus Angst vor Vergeltung

    Anlass dazu hatte eine Untersuchung des US-Verbands der Musikkünstler gegeben, wonach „Herr Domingo sich in der Tat unangemessen verhalten hat – bei der Arbeit und außerhalb. Viele der Opfer sagen, dass sie aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen in der Branche bislang geschwiegen hatten.“

    Nicht, dass sich der Beobachter des älteren und jüngeren Geschehens nach Details sehnen würde, aber besonders konkret formuliert ist das Untersuchungsergebnis sicherlich nicht. Und Domingos Entschuldigung geht auch nicht auf tatsächliche Übergriffe ein, sondern eigentlich nur auf Schmerzen und Ängste in der Folge von Treffen. Mittlerweile auch hat Domingo – die tatsächlichen Vorgänge sicherlich nicht erhellend – nachgeschoben: Seine Entschuldigung habe „wohl einen falschen Eindruck erweckt“. Sie sei zwar „ehrlich“ gewesen und „aus ganzem Herzen gekommen“. Aber: „Ich weiß, was ich nicht getan habe, und das werde ich immer wieder bestreiten.“ Er, Domingo , habe sich nie „aggressiv verhalten“ und habe auch „niemals etwas getan, um eine Karriere zu stören oder zu verhindern“.

    Eine Domingo-Schuld ist festgestellt

    Nun hat sich jeder Beobachter – ohne Gewähr, ohne Beweis – neuerlich einen Reim zu machen, eine neue Wahrscheinlichkeitsrechnung aufzustellen. Es dürfte so gewesen sein: Domingo war vielleicht nicht aggressiv, aber wohl etwas zu draufgängerisch. Wahrscheinlich mussten ihm deshalb Frauen deutlich auf die Finger klopfen – und hatten hinterher Angst, dass sich das gegen sie wenden könnte bei dem Einfluss, den ein Intendant, Dirigent, weltberühmter Sänger eben hat. Aber das sind nur Vermutungen, Spekulationen. Nach Weinsteins Schuld, ist jetzt jedenfalls auch eine Domingo-Schuld festgestellt.

    Die Staatsoper München hält gleichwohl am Engagement Domingos fest. Im Festspiel-Sommer soll er Ende Juli zweimal den „Nabucco“ singen. Staatsopernintendant Bachler: „Herr Domingo zeigte für sein Verhalten Reue. Auch daher sehen wir keinen Grund, vertragsbrüchig zu werden.“

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