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Porträt: Neo Rauch: Ein Maler als Wundheiler

Porträt

Neo Rauch: Ein Maler als Wundheiler

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    Der Leipziger Maler Neo Rauch und seine Frau Rosa Loy haben den "Lohengrin" ausgestattet.
    Der Leipziger Maler Neo Rauch und seine Frau Rosa Loy haben den "Lohengrin" ausgestattet. Foto: Annette Birschel, dpa

    Da trat er nun also zusammen mit seiner Frau Rosa Loy und dem Regisseur des neuen „Lohengrin“ zum Schlussapplaus auf die Bühne des Bayreuther Festspielhauses – vielleicht Buhs, vielleicht Bravos erwartend. Aber dann fiel der Beifall eher indifferent aus; keine lautstarke Zustimmung, keine lautstarke Ablehnung, bloß höfliches Klatschen.

    Neo Rauch wird’s verwunden haben, ist er doch auf anderer Szene ein international bewunderter, teurer Künstler – nämlich als Gallionsfigur der Neuen Leipziger Schule, als ein durchaus altmeisterlicher deutscher Maler mit Ausstellungen und Ankäufen bis hin zum Guggenheim und Metropolitan Museum of Art in New York, wo seine abgewirtschafteten Industrielandschaften mit rätselhaft und introvertiert agierenden Figuren bei maroder, gleichsam abblätternder Kolorierung größten Anklang finden.

    Neo Rauchs Kunst, so schwer durchschaubar im konkreten Sinne sie bleibt, ist eine Kunst der Erinnerung – historisch betrachtet wie privat. Sie leitet sich ab von dem, was Rauch erlebt und gesehen hat im spät- und postsozialistischen Leipzig, wo er 1960 geboren wurde, wo er studierte, wo er lehrt, wo er in einem Atelier in der alten Baumwollspinnerei arbeitet, oben unter dem Dach neben den Räumen seiner ganz ähnlich wirkenden Frau.

    Neo Rauchs Leben begann tragisch

    Es hätte mit Neo Rauch weiß Gott anders ausgehen können. Sein Leben begann unendlich tragisch – und dass die einstige DDR ein Wohlverhalten fordernder Genosse war, wenn es um fundierte Hochschulausbildung und beruflichen Aufstieg ging, ist bekannt. Das unendlich Tragische im Leben des Neo Rauch: Als er noch ein Säugling war, kamen seine Eltern bei einem der schlimmsten Eisenbahnunfälle der DDR ums Leben – und wenn ihn nicht seine damals noch vergleichsweise jungen Großeltern aufgenommen hätten, er wäre wohl in einem wenig förderlichen Waisenhaus gelandet.

    Doch obwohl Rauch ohne die leiblichen Eltern aufwuchs: Er trat in deren Fußstapfen. Denn auch Vater Hanno und Mutter Helga waren einst der bildenden und handwerklichen Kunst verbunden – als Leipziger Studenten u.a. an der Hochschule für Grafik und Buchkunst, wo der Sohn dann viel später auch studieren und lehren sollte – und wo er den sozialistischen Dunstkreis der volkseigenen sächsischen Industriebetriebe gleichsam inhalierte und speicherte.

    Nun also Bayreuth, bis zur deutsch-deutschen Wende verschrien als ein Hort des westlichen Faschismus. Hier tritt Rauch als Bühnenbildner mit langer Vorbereitungszeit auch als ein „Wundheiler“ auf. Wie er selbst bekannte, hatte Wagners Musik in den letzten Jahren die „akustische Lufthoheit“ in seinem Atelier – und dem seiner Frau. Die Hoheit schlug sich nieder in erwartungsgemäß surreal verrätselter Ausstattung. Aber wie erklärt Rauch so schön seine Malwelt? Er sagt: „Wenn ein Bild verstanden wird, ist das ein künstlerischer Unfall.“

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