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Musik: Tote junge Stars: Der Pop-Zirkus frisst seine Kinder

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Tote junge Stars: Der Pop-Zirkus frisst seine Kinder

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    Rapper Juice Wrld ist mit 21 Jahren gestorben.
    Rapper Juice Wrld ist mit 21 Jahren gestorben. Foto: Owen Sweeney/Invision, dpa (Archiv)

    Die neuesten Opfer heißen Cha In Ha und Juice Wrld.

    Der eine ist bereits der dritte Star des K-Pop, der innerhalb von nur zwei Monaten in Korea tot aufgefunden wurde – während gleichzeitig gegen weitere Stars wegen Zuhälterei ermittelt wird und wieder andere ihr Management wegen Missbrauchs verklagen. Jener Cha In Ha hieß eigentlich Lee Jae-ho, war Mitglied der Boygroup Surprise U und 27 Jahre alt – also in exakt jenem Alter, in dem auch viele westliche Popmusik-Legenden starben: etwa Jimi Hendrix und Janis Joplin, Kurt Cobain und Amy Winehouse.

    Die kurz zuvor gestorbenen Gu Hara und Sulli waren 28 und 25, als Mitglieder von den Gruppen Kara und f(x) bekannt geworden und hatten vor ihrem Tod über psychische Probleme und den Druck im Geschäft, die „vergiftete“ Fan-Kultur und Cybermobbing gesprochen. Einmal mehr scheint es, als müsste die hoch professionalisierte K-Pop-Industrie für ihre im Schnelldurchlauf erreichten weltweiten Erfolge nun auch im Schnelldurchlauf die Schattenseiten der Branche offenbaren: wie der in multimedialen Zeiten noch gesteigerte Zirkus die jungen Talente zerstört; dass Geld immer Macht bedeutet und der verlockendste Nachweis von Macht deren willkürlicher Missbrauch ist.

    K-Pop-Superstar Psy öffnet eine Tür in die Freiheit 

    Einer, der in Korea dagegen angeht, ist der erste globale Superstar des K-Pop, der Rapper Psy („Gangnam Style“). Mit seinem Vermögen gründete er ein eigenes Management, das gerade die jungen Kollegen unterstützt, die sich gegen die harten, auch das Privateste regulierenden Regeln der anderen Entertainment-Unternehmen auflehnen. Er will, dass der K-Pop auch im Schnelldurchlauf lernt, in seinen Stars den einzelnen Menschen und den Künstler zu sehen.

    Denn – bevor es zum zweiten aktuellen Todesfall geht: Das kann man ja in der westlichen Pop-Welt aktuell beispielhaft verfolgen, dass dieser Übergang gelingen kann – und zwar ohne die lebensbedrohlichen Fluchtversuche und Exzesse dazwischen, die noch den Weg eines Robbie Williams aus dem Gefängnis Take That begleiteten. Am morgigen Freitag erscheinen von gleich zwei Mitgliedern der erfolgreichsten westlichen Boygroup der Zehner-Jahre Solo-Alben: von Harry Styles ist „Fine Line“ das zweite, von Liam Payne ist „LP1“ eher eine Kompilation all der Single-Hits, die er in den vergangenen zwei Jahren bereits hatte, allen voran „For You“.

    Auf dem Weg in die Freiheit: Der als Teil der Boygroup One Direction bekannt gewordene Harry Styles präsentiert sein zweites Soloalbum.
    Auf dem Weg in die Freiheit: Der als Teil der Boygroup One Direction bekannt gewordene Harry Styles präsentiert sein zweites Soloalbum. Foto: Isabel Infantes, dpa

    Komplett seinen Weg aus der gleichen britischen, bei der Show „X-Factor“ zusammengestellten Boygroup vollzogen, hat schon 2015 Zayn Mailk, der es mit dem Debüt „Mind of Mine“ auch in den USA auf Platz eins und zu so etwas wie dem größten muslimischen Star des zeitgenössischen, internationalen Pop schaffte. Und als letzter von One Direction bringt im kommenden Monat Louis Tomlinson seine erste eigene Platte raus. Der Vielversprechendste, Eigenständigste, Beste der Gruppe aber bleibt mit dem neuen Album fortschreitend: der 25-jährige Harry Styles. Der ist etwa dem im Sound der Zeit sehr verwechselbaren Liam Payne haushoch überlegen. Wenn Styles auf One Direction zurückblickt, sagt er: „Wenn ich es nicht genossen hätte, hätte ich es nicht gemacht. Es ist nicht so, als ob ich an einer Heizung festgekettet war.“

    Mit den Genres Rap und K-Pop lassen sich aberwitzige Summen verdienen

    Eine baldige Wiedervereinigung schließt er aber aus. Die Individualisierung aus dem Boygroup-Korsett und Posen-Zirkus heraus kann sich hier selbst zum Thema der Kunst machen – ein Talent kann reifen.

    Der erst 21-jährige Juice Wrld dagegen wird das nie. Und das wird auch von Sting betrauert, dessen „Shape of my Heart“ der US-Rapper überarbeitet und mit „Lucid Dreams“ neu zum Hit gemacht hat. Der britische Superstar nannte den Jungen, der bürgerlich Jarad Anthony Higgins hieß und am Sonntag starb, „ein einzigartiges und kostbares Talent“. Dieses kollabierte offenbar in Folge einer Opiatüberdosierung – während die Polizei sein Privatflugzeug durchsuchte und Drogen und Waffen sicherstellte.

    Rap und K-Pop sind die Raketen-Genres unserer Zeit, auf Posen und Image in „Social Media“ gepolt, befeuert im Streaming mit maximalen Gewinnspannen: Allein die Gruppe BTS trägt laut Guardian zur jährlichen Wirtschaft Koreas 3,5 Milliarden Dollar bei. Wer hier den Boden unter den Füßen verliert oder den Druck nicht erträgt, fällt in keine Netze, die der klassische Pop bereits hat, weil bereits allzu viele abgestürzt waren.

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