Startseite
Icon Pfeil nach unten
Kultur
Icon Pfeil nach unten

Theater-Premiere: Umstrittene Aufführung in Konstanz: „Mein Kampf“ ohne Hakenkreuz

Theater-Premiere

Umstrittene Aufführung in Konstanz: „Mein Kampf“ ohne Hakenkreuz

    • |
    Am Freitag hat in Konstanz die Premiere der umstrittenen "Mein Kampf"-Inszenierung von Serdar Somuncu stattgefunden.
    Am Freitag hat in Konstanz die Premiere der umstrittenen "Mein Kampf"-Inszenierung von Serdar Somuncu stattgefunden. Foto: Felix Kästle, dpa

    Reporter hetzten mit Mikrofonen und Kameras durchs Foyer, Sicherheitsleute bewachten die Saalzugänge, vor dem Haus stand die Polizei: So viel Rummel war selten vor einer Premiere im Konstanzer Stadttheater. „Schauen Sie sich diesen Wahnsinn an“, sagte der Konstanzer Autor Gerhard Zahner, der mittendrin das Treiben beobachtete. „Ein Theater im Theater: So muss das öffentliche Interesse an der Bühne zu Goethes und Schillers Zeiten ausgesehen haben!“

    Serdar Somuncu sorgt mit Aufführung von "Mein Kampf" für Aufsehen

    Eine Woche lang hatte es Aufregung um Nazisymbole gegeben. Besucher seiner Inszenierung, so lautete die ursprüngliche Ankündigung von Regisseur Serdar Somuncu, bekämen Davidsterne und Hakenkreuze ausgehändigt. Wer bereit sei, letztere zu tragen, erhalte eine Freikarte. Für bezahlte Tickets gebe es den Davidstern. Weltweit berichteten Medien über die anstehende Inszenierung am Theater der sonst nicht so sehr beachteten Stadt.

    Gestern Abend nun zeigte sich: Von dem so hitzig diskutierten Konzept ist so gut wie nichts mehr übrig geblieben. Zwar sind Hakenkreuze in der Inszenierung zu sehen. Besucher aber müssen sich diese Symbole ebensowenig anheften wie Davidsterne. Lediglich kurz vor Schluss fallen Schnipsel der bereits gedruckten Exemplare von oben aufs Publikum herab. Wer eines aufsammelt und mitnimmt, wird am Ausgang per Plakat ermahnt, es nicht öffentlich zu tragen. Man könne sich damit strafbar machen, heißt es. Nach Informationen des Südkurier hatte man sich für den Kniff mit dem Schnipselregen erst in allerletzter Sekunde entschieden.

    Großteil des Publikums nimmt Stück positiv auf

    Die Premiere konnte erst nach einer halbstündigen Verzögerung beginnen. Gründe wurden nicht öffentlich genannt. Von Mitarbeitern des Theaters war lediglich zu erfahren, es gebe „technische Probleme“. Nach der Vorstellung wollte Intendant Christoph Nix keinen Kommentar zur Inszenierung abgeben: „Heute Abend muss die Kunst für sich selbst sprechen“, sagte er lediglich. Dagegen äußerte sich Kulturbürgermeister Andreas Osner auf dem Weg zu einer anderen Veranstaltung am Theater vor zahlreichen Fernsehkameras und Reportermikrofonen. Er erklärte erneut, dass er die Inszenierung für geschmacklos halte und er sie deshalb boykottiere. Auch am Premierendatum 20. April erneuerte er seine Kritik.

    Das rund eineinhalbstündige Stück wurde vom Publikum wohlwollend aufgenommen. Einige Besucher verließen das Theater während der Vorstellung, ein Mann schimpfte laut. Nach der Schlussszene gab es Applaus für die Schauspieler, aber auch der Regisseur und sein Team ernteten Beifall. Zu Störungen oder Auseinandersetzungen kam es während des Abends nicht. Weil diese nach der Diskussion im Vorfeld und wegen des großen Medienechos nicht auszuschließen gewesen seien, war die Polizei mit mehreren Beamten im Einsatz. Ob auch die nächsten Vorstellungen unter Polizeischutz ablaufen, wolle man nach einer Analyse des Premierenabends bewerten, sagte Bernd Schmidt, der Sprecher der Polizeipräsidiums, dem Südkurier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden