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Antisemitismus-Kritik: Marius Müller-Westernhagen gibt alle seine Echos zurück

Antisemitismus-Kritik

Marius Müller-Westernhagen gibt alle seine Echos zurück

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    Marius Müller-Westernhagen ohne Echo. Aus Südafrika meldete sich der Rockstar über Facebook zu Wort. Wie Musikerkollege Voormann möchte er alle Echos zurückgeben.
    Marius Müller-Westernhagen ohne Echo. Aus Südafrika meldete sich der Rockstar über Facebook zu Wort. Wie Musikerkollege Voormann möchte er alle Echos zurückgeben. Foto: Maurizio Gambarini, dpa (Archiv)

    Die Antisemitismus-Kritik und der damit einhergehende Echo-Skandal brachten bei Marius Müller-Westernhagen das Fass zum Überlaufen. Aus Südafrika, der Heimat seiner Ehefrau Lindiwe Suttle, schreibt der "Sexy"-Sänger via Facebook deutliche Worte: "Money makes the world go round. Mit großem Interesse habe ich von Südafrika aus die peinlichen Vorkommnisse bei der diesjährigen Echo-Verleihung und die darauf entstandene Debatte verfolgt."

    Über Facebook verkündet Marius Müller-Westernhagen seine Echo-Entscheidung

    Über das in die Kritik geratene soziale Netzwerk macht der 69-jährige Rockstar seinem Unmut Luft über die Verleihung des Echos an die Rapper Farid Bang und Kollegah: "Die Verherrlichung von Erfolg und Popularität um jeden Preis demotiviert die Kreativen und nimmt dem künstlerischen Anspruch die Luft zum Atmen. Eine neue Stufe der Verrohung ist erreicht."

    Besonders prangert Westernhagen die Industrie an, die diese Auswüchse erst möglich mache: "Künstler haben eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Sich hinter künstlerischer Freiheit zu verstecken oder kalkulierte Geschmacklosigkeiten als Stilmittel zu verteidigen, ist lächerlich. Provokation um der Provokation willen ist substanzlos und dumm. Und eine Industrie, die ohne moralische und ethische Bedenken Menschen mit rassistischen, sexistischen und gewaltverherrlichenden Positionen nicht nur toleriert, sondern unter Vertrag nimmt und auch noch auszeichnet, ist skrupellos und korrupt."

    Marius Müller-Westernhagen fordert Widerstand gegen Zerfall einer kultivierten Gesellschaft

    Der Rocker will Farid Bang und Kollegah nicht in die Antisemitismusecke drängen: "Ich bin nicht der Meinung, dass die mit dem Echo ausgezeichneten Rapper Antisemiten sind. Sie sind einfach erschreckend ignorant. Money makes the world go round."

    Das Problem sieht Marius Müller-Westernhagen wie einige andere Künstler auch bei den Machern des Echo: "Aufgrund seiner inhaltlichen Fehlkonstruktion war der Echo in der kulturellen Welt nie relevant. Aber hier geht es nicht um das Kalkül der profitmaximierenden Musikindustrie und ihrer Mechanismen. Es geht im Kern um den Zerfall einer kultivierten Gesellschaft, der zunehmend der innere moralische Kompass abhanden kommt, und dem sehen wir schon viel zu lange zu, ohne genügend Widerstand zu bieten."

    Wie einige seiner Kollegen auch, gibt Marius Müller-Westernhagen alle Echos zurück. Achtmal durfte der Düsseldorfer bisher mit dem Echo nach Hause gehen - zuletzt 2017 für sein Lebenswerk. "Ich schließe mich meinem geschätzten Freund und Kollegen Klaus Voormann an und werde alle meine Echos zurückgeben. Das schafft Platz bei mir zu Hause und in meinem Herzen", sagt Westernhagen.

    Westernhagen folgt Klaus Voormann - der gab seinen Echo fürs Lebenswerk am Montag zurück

    Klaus Voormann, der 2018 mit dem Echo für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, gab die Trophäe am Montag zurück. Zuvor hatte bereits das Notos-Quartett aus Berlin angekündigt, seinen Echo Klassik vom vergangenen Herbst zurückgeben zu wollen. Für sie wäre es nach dem Vorfall "Symbol der Schande", das sie nicht mehr behalten möchten. Im Zuge der Antisemitismus-Schlagzeilen trennen sich ebenfalls Pianist Igor Levit und Dirigent Enoch zu Guttenberg von ihren Preisen.

    Rockstar Peter Maffay fordert härtere Konsequenzen. Er möchte, dass die Verantwortlichen zurücktreten. Natürlich passt auch Panik-Präsident Udo Lindenberg der Echo-Skandal überhaupt nicht. Über Facebook lässt er wissen: "Zum Peinlich-Echo-18: Verhöhnung von Menschen, die in Lagern wie Auschwitz verhungert sind und ermordet wurden, ist ein absolutes No-Go. Ein Echo für solche Schwachmaten, darf in Deutschland nicht passieren. Einzig gut: Campinos Rede! Unterschreib' ich voll!"

    Wie bei der letztjährigen #MeToo-Debatte scheint eine Protestlawine in Gang gesetzt worden zu sein. Ob und wer ihr in den nächsten Wochen zum Opfer fällt und ob weitere Musiker ebenfalls ihre Echo-Auszeichnungen zurückgeben, wird sich zeigen.

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