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Elke Heidenreich zu 75 Jahre Buchmesse: "Alles ist anders als früher – ich auch"

13.10.2023

Exklusiv Sie hat die Buchmesse als Journalistin und Schriftstellerin erlebt. Übernachtete erst in billigen Hotels, dann im Frankfurter Hof. Sie feierte durch die legendäre Mittwochnacht. Und heute?

Es ist tatsächlich schon die 75. Buchmesse – 1949 fing alles an – mit nur 200 Verlagen, etwa 9000 Besuchern und 100 Mark Standmiete. Heute? Rund 4000 Aussteller, hunderttausende Besucher, Standmiete 1260 Euro für 4 qm, 6240 Euro für 12 qm. 

Meine erste Buchmesse war, glaube ich, 1973, als der Club of Rome den Friedenspreis des deutschen Buchhandels bekam und Peter Handke den Georg-Büchner-Preis, mürrisch schlich er durch die Hallen. Seither war ich fast in jedem Jahr dort. 1978 schickte mich der Südwestfunk mit einem unhandlichen, schweren Tonbandgerät los, einer „Nagra“, ich sollte Interviews mit Kinderbuchautoren machen, der Schwerpunkt der Messe lag in dem Jahr auf den Kinder- und Jugendbüchern und ich arbeitete für den SWF-Kinderfunk. Dann lief mir aber Günter Grass über den Weg, hatte gerade Zeit und gab mir bereitwillig ein langes Interview über sein politisches Engagement für die SPD und sein Buch „Der Butt“. Später traf ich dann meine Kinderbuchautoren, drehte mein Band um und nahm deren Gespräche auf – ja, damit war Grass gelöscht. Bei der Nagra durfte man das Band nicht von beiden Seiten bespielen. Technisch war ich schon immer eine Vollidiotin.

Man lauft zu viel, schläft zu wenig... und am Ende fährt man erschöpft heim.
Foto: Sebastian Gollnow, dpa

Man läuft zu viel, trinkt zu viel, isst zu wenig, schläft zu wenig

Ich war lange als Journalistin auf der Messe, habe zum Beispiel die Römerberggespräche zusammen mit Hans-Jürgen Rosenbauer moderiert und wurde von den Sendern in billigen kleinen Hotels untergebracht. Ab den 90er Jahren dann erschienen meine ersten Bücher, und da schickten mich „meine“ Verlage Rowohlt und Hanser als Bestsellerautorin los und das ZDF als Talkmasterin und wegen meiner eigenen Sendung „Lesen“. Jetzt gehörte ich dazu, zu diesem verrückten Literaturbetrieb, und ab jetzt wohnte ich prächtig im Frankfurter Hof, wo mir der legendäre Herr Carl vom Empfang jeden Abend die FAZ aufs Kopfkissen legte und schon angestrichen hatte, was ich lesen sollte. Und ich ließ mich nun selbst interviewen. Und fuhr dann fast jedes Jahr nach Frankfurt.

Ach, die Messe. Man liebt sie und man hasst sie. Man liebt das Getümmel, man trifft alle, man hasst das Getümmel und man will nicht alle treffen. Man läuft zu viel, trinkt zu viel, isst zu wenig, schläft zu wenig, und am Ende fährt man erschöpft heim, den Koffer voller Bücher oder Prospekte und denkt: nächstes Jahr aber mal nicht. Und was ist? Nächstes Jahr natürlich wieder.

Es fing für mich immer mittwochs mit dem Presseempfang des Suhrkamp-Verlags in Siegfried Unselds Haus an – alle Kritiker waren da, auf dem blauen chinesischen Teppich, viel Wein, es wurde viel geraucht, ein Dichter (ja ja, eine Dichterin) las jeweils zehn Minuten stockend vor, erst von Siegfried Unseld, nach seinem Tod von seiner beeindruckenden Frau Ulla Berkéwicz vorgestellt, dann begann ziemlich bald ein Run auf die Taxis zum Rowohltfest. Das fand viele Jahre in einer prächtigen alten Villa der Siesmayerstraße statt, und ich weiß noch, wie der damalige Verleger am Ende seiner Begrüßungsrede sagte: „Now eat and drink, Rose pays.“ Das war das Jahr, in dem Rosamunde Pilcher dem Verlag hohe Summen einbrachte. Später feierte man in der Schirn, aber das machte im langen schmalen Raum keinen Spaß mehr.

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Auch Inge Feltrinelli tanzt nicht mehr mit Champagner durch die Gänge

Der Mittwoch war immer der anstrengendste Tag: erst Suhrkamp, dann Rowohlt und in der Nacht bis zum Morgengrauen das große Fest des Fischer Verlags in der Hedderichstraße. Die Gespräche! Die Feindschaften! Die Streitereien! Die Liebesaffären! Alles Geschichte. Die Messe ist dürrer, solider, ausgetrockneter, sparsamer geworden, die Corona-Jahre und die ganze trostlose Abwärtsentwicklung der Welt haben dazu beigetragen. Und für mich, die ich jetzt 80 Jahre alt bin, sind es einfach zu viele Verluste. So viele meiner Freunde, Weggefährten und Kollegen, die ich jedes Jahr auf der Messe traf – zu teuren Frankfurter Würstchen, Lesungen, Gesprächen, abends am Stammtisch in der legendären Bar des Frankfurter Hofs – sind tot: Peter Hamm und Hans Magnus Enzensberger, Frank Schirrmacher, Roger Willemsen und Tomi Ungerer, Daniel Kehl und Egon Ammann, und meine laute, lustige, wunderbare Freundin Inge Feltrinelli tanzt auch nicht mehr mit Champagnerglas durch die Gänge. Sie war einer der Paradiesvögel der Messe, konnte knallhart verhandeln, aber mit ihren bunten Flatterklamotten, großen Kreolenohrringen und High Heels, ihren roten Haaren und ihrer legendären guten Laune auch immer für Stimmung sorgen. Eine ähnlich auffällige und prächtige Gestalt war Gary Fisketjon, einer der wichtigsten amerikanischen Literaturagenten, später Verleger, Entdecker u.a. meines Lieblingsautors Richard Ford, der in Schlangenleder-Cowboystiefeln mit großen Flaschen Whisky im Hinterzimmer der Hotelbar verschwand, und dort wurden Verträge unter Dach und Fach gebracht, bei bester Laune. Auch solche Paradiesvögel fehlen der Messe heute. Alles ist nüchterner geworden, nur das Geschiebe in den Gängen ist geblieben.

Einige Jahre hatte ich als Herausgeberin einer Reihe von Musikbüchern unter dem großen Dach der Bertelsmannfamilie einen eigenen Stand auf der Messe, saß oft auch in den für Besucher unsichtbaren kleinen Kojen hoch oben, wo die Lizenzen verhandelt wurden. Das war schwere Arbeit. Und wenn ich unten an meinem Stand saß, musste ich Auskunft über „meine“ Bücher geben, in Kameras lächeln und vor allem aufpassen, dass nicht geklaut wurde. Es wurde immer geklaut.

Kartoffelschälwettbewerb mit Charles Schumann und dem immer gut aufgelegten Lothar Schirmer (rechts).
Foto: privat

Ich erinnere mich an einen Kartoffelschälwettbewerb mit Charles Schumann, dem großen Barkeeper und Freund aus München, am Stand vom immer gut aufgelegten Lothar Schirmer. Charles und ich streiten seit Jahrzehnten darum, wer die besseren Bratkartoffeln macht (natürlich ich!), und Bratkartoffeln fangen beim Schälen an. Ehrlich gesagt weiß ich nicht mehr, wer gewonnen hat, aber die Buchmessenbesucher haben sehr gestaunt und wir haben ihnen erklärt, dass Kartoffeln genauso wichtig sind wie Bücher. Und einmal fuhr ich zur Messe nach einem Zeckenbiss, Mitbringsel aus meinem Garten, und der Biss fing an zu eitern, mein Bein schwoll heiß und rot an, aber im Erste- Hilfe-Zelt gab es keine Anästhesie – man hätte schneiden und den Kopf der Zecke herausholen müssen. Da sprang Verleger Lojse Wieser vom Wieser Verlag ein: ein großes Glas Schnaps (er hatte immer ein kleines Fässchen Mirabellengeist dabei!) half bei der Betäubung, sowohl außen als innen, ein beherzter Schnitt, Zecke raus, ich konnte, wenn auch betrunken und verbunden, bleiben.

Ich bin auf der Buchmesse, aber mit viel Wehmut

Die Dr. Oetker Gruppe hatte einen Stand mitten in Halle 3, da wurde doch tatsächlich gekocht, und zwar von Meisterkoch Johann Lafer, damals noch unbescholten, ach. Man aß kleine, sehr feine Portionen, wenn man – wie ich – zum auserwählten Kreis der Eingeladenen gehörte, und das war ganz wunderbar und ersparte das stundenlange Anstehen an Imbissbuden oder überteuerten Restaurants. Und oft gab es am Ende Dr. Oetkers grünen Wackelpudding, das lang vergangene Glück der Kindheit. 

1993 veranstaltete der Hessische Rundfunk unter Prominenten auf der Messe eine Umfrage: „Was ist Glück?“ Ich werde nie vergessen, was unser damaliger Verteidigungsminister Volker Rühe antwortete: „Glück ist ein Truppenübungsplatz im Morgengrauen.“ Ja, so ungefähr stellen wir uns Glück in einem Politikerleben vor. Die Buchmesse brachte immer allerhand zutage!!! 

"Alle schauen auf uns" - Elke Heidenreich mit Marcel Reich-Ranicki.
Foto: privat

Und all das war auch die Buchmesse – die Freundschaften, die Begegnungen, die Kontakte. Und natürlich die Bücher, obwohl man in diesen wilden Tagen keine Zeile las, wann denn, wo denn. Aber man informierte sich, und ich war dreimal ein Star, weil ich dreimal den Nobelpreis für Literatur richtig vorhergesagt hatte. Zweimal war das leicht: Alle hatten José Saramago oder Toni Morrison irgendwie auf dem Schirm. Aber niemand hatte, wie ich, auf Jean-Marie Le Clézio getippt, und: 2008 kriegte er ihn, ich hatte gerade durch Krach mit dem ZDF meine Sendung verloren und hatte tatsächlich richtig auf diesen Außenseiter getippt. Übrigens war ich bis zu diesem Zeitpunkt in jedem Jahr während der Buchmesse am Freitagabend, wenn die Feste vorbei und die Erschöpfungen groß waren, mit dem damaligen noch fast-Freund Marcel Reich-Ranicki in Frankfurt in der Oper, eine Ablenkung vom Büchergetümmel, und in der Pause von „Nabucco“ sagte er grimmig: „Alle schauen auf dich“, weil ich damals wegen meiner Fernsehsendung eine ziemliche Bekanntheit genoss, und ich sagte: „Nein, Liebster, alle schauen auf dich.“ Er grummelte noch ein bisschen und sagte dann zufrieden: „Ja, Liebste, alle schauen auf uns.“ 

Auch er ist nicht mehr da. Und sogar er fehlt mir. 

Ich bin natürlich auf der 75. Frankfurter Buchmesse in diesem Jahr, aber doch mit viel Wehmut. Denn alles ist anders als früher – ich auch. 

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