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Musik: Flüchtling, Schlagzeuger, Produzent: Leslie Mandoki ist ein Traumfänger

Musik

Flüchtling, Schlagzeuger, Produzent: Leslie Mandoki ist ein Traumfänger

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    Leslie Mandoki wird 70
PRODUKTION - 16.12.2022, Berlin: Musiker Leslie Mandoki hält die Kamera seines Vaters an der East Side Gallery in Berlin. Als illegaler Flüchtling kam Leslie Mandoki nach Deutschland. Heute produziert er Musik für Weltstars und Konzerne, trifft Polit-Größen. Am 07.01.2023 feiert der heutige Erfolgsproduzent seinen 70. Geburtstag. (zu dpa "Flüchtling, Musiker, Politik-Netzwerker - Leslie Mandoki wird 70") Foto: Christian Ender/TNN/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
    Leslie Mandoki wird 70 PRODUKTION - 16.12.2022, Berlin: Musiker Leslie Mandoki hält die Kamera seines Vaters an der East Side Gallery in Berlin. Als illegaler Flüchtling kam Leslie Mandoki nach Deutschland. Heute produziert er Musik für Weltstars und Konzerne, trifft Polit-Größen. Am 07.01.2023 feiert der heutige Erfolgsproduzent seinen 70. Geburtstag. (zu dpa "Flüchtling, Musiker, Politik-Netzwerker - Leslie Mandoki wird 70") Foto: Christian Ender/TNN/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ Foto: Christian Ender, dpa

    Bringen wir das Unangenehme gleich hinter uns: Leslie Mandoki war in den 1970er Jahren Sänger bei Dschingis Khan. Er selbst hat das früher etwas verschämt als „musikalischen Ausrutscher“ bezeichnet. Aber im Grunde genommen ist es nichts Ehrenrühriges. Denn, seien wir ehrlich: Jede Menge guter Künstler haben sich in den Anfängen ihrer Karriere ihren Lebensunterhalt mit, na ja, Werken finanziert, bei denen sie ihren eigenen Anspruch erst einmal nach hinten schoben. Und ob man es nun mochte oder nicht –Dschingis-Khan-Lieder waren im Deutschland Ende der 1970er Hitparadenstürmer.

    Mandoki, der als 22-Jähriger mit einem Musikerfreund von Ungarn durch den Eisernen Vorhang auf abenteuerliche Weise über Österreich nach Deutschland floh, sieht das Thema inzwischen gelassen. Kein Wunder, der gebürtige Ungar ist einer der erfolgreichsten Musikproduzenten hierzulande geworden. Er hat Songs für Stars wie Phil Collins, Lionel Richie, Engelbert oder Jennifer Rush auf den Weg gebracht. Selbst ein Wahlkampflied für Angela Merkel und eine Stadionhymne für den FC Bayern schrieb Mandoki. Der Mann ist, kurz gesagt, ein Tausendsassa. Doch seine Leidenschaft gilt dem Rock und Jazz, besser gesagt, der Fusion aus beiden Stilrichtungen.

    Toleranz und Brückenbauen sind Leslie Mandoki wichtig

    Mandoki mag es, wenn die Dinge im Leben verschmelzen. Gerade bei seinen persönlichen Themen wie Freiheit, Toleranz und Brückenbauen ist das so. Ob zwischen Musikstilen, Menschen, vielleicht sogar Weltanschauungen – diskutieren, versuchen Andersdenkende zu verstehen, das schätzt er. 

    Für Außenstehende wirkt diese Fähigkeit in einer Zeit, in der vor allem das Trennende hervorgehoben wird, manchmal befremdlich: „An diesem Mann ist alles schillernd: Er singt für Angela Merkel und knüpft Kontakte für Viktor Orbán“, schrieb beispielsweise die Zeit einmal über Mandoki, der gleich neben Kollege Peter Maffay am Starnberger See Haus und Studio besitzt. Dabei wäre genau das wichtig: mehr miteinander reden, mehr zuhören, gemeinsame Kompromissdeltas suchen. 

    Angefangen hat alles in Mandokis Heimatstadt Budapest

    Nun feiert Leslie Mandoki, der Mann mit dem markanten Schnauzbart, am 7. Januar seinen 70. Geburtstag. Im vergangenen Jahr hat er es übrigens schon krachen lassen - zum 30. Jubiläum seiner Band Soulmates mit einem rauschenden Konzert in Budapest. Es war so etwas wie der symbolische Akt zur Verwirklichung seiner Träume. 

    Angefangen hat alles in seiner Heimatstadt Budapest. Als junger Musiker war er dort dem Druck und der Ausgrenzung durch den Kommunismus ausgesetzt: „Die Diktatur und ich, wir kamen auf keinen grünen Zweig“, erzählt Mandoki, der mit Vornamen eigentlich Laszlo heißt. Geprägt worden sei er von der Haltung seines Vaters. „Ich war 16 Jahre alt, als er den Kampf gegen den Krebs verlor. Ich musste ihm versprechen, dass seine Enkelkinder nie zensierte Zeitungen lesen werden. Damit war der Gedanke geboren, dass man für eine bessere Welt streiten darf."

    Leslie Mandoki träumte von Freiheit

    Sein Vater habe ihm auch geraten: „Lebe deine Träume und träume nicht dein Leben." Gesagt, getan. Mandoki träumte von Freiheit - und floh mit einem Künstlerfreund zuerst nach Österreich und schließlich nach Deutschland. Als er seinen Asylantrag stellte, wurde er gefragt, was er denn so vorhabe. Seine prompte Antwort: Er wolle mit Rock- und Jazzstars wie Jack Bruce oder Al Di Meola musizieren. „Der Beamte hat vor sich nur einen verrückten Ungarn mit langen Haaren gesehen. Er hat mich für einen Wahnsinnigen, einen Idealisten und Träumer gehalten", erinnert sich Mandoki lächelnd noch heute.

    Seine Träume hat er sich nach und nach erfüllt. Und heute ist er vielleicht einer der bekanntesten ehemaligen Asylanten in Deutschland. Interessanterweise hat ihn bisher niemand gefragt, wie er sich so schnell und so gut im Land integrieren konnte. Darum gibt Mandoki die Antwort selbst. Er habe sich damals in Deutschland verliebt, in die Mentalität und in die Kultur. Das sei ihm gelungen, weil er schon zwei Wochen nach seiner Ankunft Arbeit hatte: „Ich habe im Schwäbischen Landestheater getrommelt." Da habe er komplett in deutscher Umgebung gearbeitet, obwohl er noch kein Wort Deutsch sprach. So habe er sich wie selbstverständlich integriert. 

    In München hatte Mandoki dann das Glück des Tüchtigen

    In München, wo er bald landete, hatte er dann neben einer großen Portion Ehrgeiz und musikalischem Können auch das Glück des Tüchtigen. Er lernte Leute wie den Jazzer Klaus Doldinger oder Udo Lindenberg kennen. „Klaus Doldinger hat mir sehr geholfen.“ Mandoki hat das dem Komponisten der „Tatort“-Titelmusik bis heute nicht vergessen. Aber es lief auch so gut. Weil die Isarmetropole damals unter den Pop- und Rockstars vor allem wegen der Musicland-Studios ziemlich hip war, lief man sich in den Aufnahmeräumen und auch in den Discos des „Millionendorfes“ öfter mal über den Weg. Deep Purple, Elton John, Queen oder die Rolling Stones nahmen in München auf. „Und ich war der Neue in der Stadt“, erzählt der Schlagzeuger. 

    Mit der Gründung der Soulmates erfüllte sich Leslie Mandoki schließlich 1993 seinen großen Wunsch: „Schon mit 16 Jahren hatte ich den Traum, Progressive Rock mit Fusion Jazz zu verschmelzen", sagt er. Seine Idee, mit großen Stars eine Band zu gründen, nahm Gestalt an. Über die Jahre begeisterte er mehr als 30 Musiklegenden für die Soulmates, darunter Chris Thompson von der Manfred Mann’s Earth Band, David Clayton-Thomas von Blood, Sweat & Tears, Bobby Kimball von Toto oder den Gitarrenhelden Al Di Meola.

    Seit vielen Jahren ist Leslie Mandoki mit einer Ärztin verheiratet

    „Was uns eint, sind die gemeinsamen Werte und die Liebe zur Musik", erzählt Mandoki und fügt hinzu: „Wenn alle Menschen so miteinander umgehen würden wie wir Soulmates, dann wäre die Erde ein friedlicherer, nachhaltiger und besserer Ort. Wir hatten zum Beispiel Jack Bruce (Cream), der ein überzeugter Marxist war, und dann wieder jemand wie ich, der dem Kommunismus entflohen ist. Das ist Respekt, Toleranz und das Lernen vom Gegenteil.“ Denn, davon ist der Musiker fest überzeugt: „Die Wahrheit hat immer zwei Seiten.“

    Zu einem guten Leben gehört aber nicht nur der berufliche Erfolg, sondern auch die private Zufriedenheit. Und auch die ist Mandoki gelungen. Seit vielen Jahren ist er mit einer Allgemeinmedizinerin verheiratet und lebt mit ihr und seinen drei erwachsenen Kindern in Tutzing. Die nächste Generation Mandoki scheint übrigens nach dem Vater zu kommen. Tochter Julia arbeitet als Sängerin, ihre große Schwester Lara ist inzwischen erfolgreiche Schauspielerin, Gabor, der mittlere der Geschwister, ist ebenfalls Musiker und Designer. 

    Da kann man dann mit nun 70 Jahren das Leben schon feiern, das einen so reichlich beschenkte. Die Zahl 70 interessiert Leslie Mandoki übrigens nicht groß. Er fühle sich wie mit 30, topfit also, und sei im Übrigen auch noch nie beim Zahnarzt gewesen, erzählt er lachend. Viereinhalb Stunden Bühnenshow stecke er noch immer problemlos weg. 

    Das muss er allerdings auch. Im September geht Mandoki mit den Soulmates wieder auf Tour. In München werden sie im Circus Krone gastieren.

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