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Porträt: Der russische Regisseur Kirill Serebrennikow ist ein furchtloses Optimist

Porträt

Der russische Regisseur Kirill Serebrennikow ist ein furchtloses Optimist

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    Der Film-, Opern- und Theaterregisseur Kirill Serebrennikow bei seiner Ankunft am Flughafen in Hamburg.
    Der Film-, Opern- und Theaterregisseur Kirill Serebrennikow bei seiner Ankunft am Flughafen in Hamburg. Foto: Fabian Hammerl, dpa

    Die einen kennen den russischen Regisseur Kirill Serebrennikow wegen seiner bunten, frechen und offenen Inszenierungen. Die anderen wurden auf den Film- und Theatermacher aufmerksam, weil er sich mit seinen gesellschaftskritischen Arbeiten das Putin-Regime zum Feind machte. Wie eine Geisel hielt die russische Regierung den Regisseur jahrelang, um Kulturschaffende einzuschüchtern. Sein Fall ging um die Welt. Bekannt wurde der 52-Jährige dabei für seinen Optimismus. Seine Botschaft lautete stets: Serebrennikow lässt sich nicht mundtot machen.

    Der Weg zum erfolgreichen Theater- und Opernregisseur begann holprig. Auf eine Absage der Filmhochschule Moskau hin studierte Serebrennikow Physik. Seinen Weg ins Film- und Theatergeschäft ging er auf eigene Faust. Zunächst wurde der Mann mit Vorliebe für originelle Kopfbedeckungen und markante Brillen als Filmregisseur bekannt und bald darauf gelang ihm auch der Durchbruch am Theater. Mit Serebrennikows Karriere ging es von da an steil bergauf. Regelmäßig war er Gast bei Film- und Theaterfestivals, brachte Stücke in Wien und Berlin auf die Bühne. Die Presse bezeichnete ihn als „Star und Eroberer der Kino- und Theaterwelt“.

    Der Arrest  wurde immer wieder verlängert

    Bei aller Euphorie – in seinem Heimatland war der offen schwul lebende, liberale Serebrennikow umstritten. Vor allem in konservativen Kreisen und bei der russisch-orthodoxen Kirche. Er stand für Rechte von Homosexuellen ein und kritisierte die russische Regierung. Bald wehte ein anderer Wind. Die Regierung nahm immer mehr Einfluss auf seine Arbeit. Wenn der Regisseur nicht auf die Forderungen der russischen Kulturbehörden einging, wurden Premieren seiner Stücke abgesagt oder scheiterten an der Finanzierung. 2017 wurde er festgenommen und unter Hausarrest gestellt. Der Vorwurf: Er soll staatliche Subventionen in die eigene Tasche gesteckt haben. Ein Vorwand.

    Mit handschriftlichen Notizen, die sein Anwalt an seine Assistenten übermittelte, oder mittels Videoschalten arbeitete der Regisseur während seines Arrests weiter und inszenierte so unter anderem Opern in Stuttgart, Hamburg und München. „Die beste Option ist, für das Leben zu kämpfen“, sagte er kürzlich. „Ich habe daran gedacht, wie man leben kann, anstatt daran zu denken, wie man sterben kann.“

    Der Arrest, in dem der Künstler weder telefonieren durfte noch Internet-Zugang hatte, wurde immer wieder verlängert. Nach eineinhalb Jahren wandelte das Gericht das Straflager in eine dreijährige Bewährungsstrafe mit Ausreiseverbot um. Umso überraschender vor kurzem die Nachricht, dass Serebrennikows Reiseverbot vorübergehend aufgehoben worden war. Was die russische Justiz dazu bewegt hatte, ist nicht bekannt. Fest steht aber: Serebrennikow kann bei den Proben und der Premiere seiner Inszenierung von Tschechows „Der schwarze Mönch“ am Thalia Theater in Hamburg dabei sein. „Es ist unglaublich.“ Gleich danach geht es wieder zurück nach Russland.

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