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Foto: Stadt Bayreuth
Foto: Stadt Bayreuth

Erstmals werden bei den Bayreuther Festspielen fünf Neuproduktionen innerhalb eines Sommers gezeigt. Möglicherweise haben alle fünf denselben Dirigenten.

Richard-Wagner-Festspiele
14.07.2022

Rückschlag für die Bayreuther Festspiele: Wer wird der Herr des "Rings"?

Von Stefan Dosch

Pietari Inkinen fällt für die Proben zur lang erwarteten Neuinszenierung des vierteiligen Wagner-Zyklus aus. Cornelius Meister übernimmt nun zusätzlich zu seinem "Tristan".

In Bayreuth ist es in diesen Tagen heiß wie überall im Lande. Oben im Festspielhaus dürfte die Hitze freilich noch ein Gutteil intensiver sein. Denn die Bayreuther Festspiele, die in zehn Tagen beginnen, müssen mit einem Rückschlag zurande kommen: Pietari Inkinen, der für die Neuproduktion von Wagners „Ring des Nibelungen“ vorgesehene Dirigent, ist an Corona erkrankt und fällt für die Probenarbeit aus. Statt des Finnen, bestätigen die Festspiele auf Anfrage, hat Cornelius Meister die Proben übernommen.

Doch so reibungslos sich das anhört, ist es in Realität wohl nicht. Denn Meister, Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart, hat Wagners „Ring“-Zyklus zwar schon dirigiert – als kompletten Zyklus in Riga, in Stuttgart ist die Tetralogie gerade im Entstehen, „Rheingold“ und „Walküre“ bereits zu sehen. In Bayreuth ist der Meister eigentlich jedoch für Wagners „Tristan“ vorgesehen. Ebenfalls eine Neuproduktion – die diesjährigen Festspiele starten damit am 25. Juli –, deren Proben ebenfalls auf Hochtouren laufen.

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Foto: Bernd Weißbrod, dpa
Foto: Bernd Weißbrod, dpa

Übernimmt die Probenarbeit vom erkrankten Pietari Inkinen: Cornelius Meister, Generalmusikdirektor der Staatsoper Stuttgart.

Wagners Zyklus hält kräftezehrende Dirigier-Aufgaben bereit

Die große Frage ist, ob der 42-jährige Pietari Inkinen, Chefdirigent mehrerer Orchester (unter anderem das Radio-Orchester Saarbrücken), rechtzeitig zum „Ring“-Start am 31. Juli gesundet und sich dann auch in der Lage sieht, sämtliche Abende der Tetralogie zu übernehmen. Mit „Rheingold“, „Walküre“, „Siegfried“ und „Götterdämmerung“ bildet Wagners Mammutwerk nämlich einen insgesamt 16 Stunden dauernden kraftraubenden Zyklus, der im Rahmen der diesjährigen Festspiele (bis 1. September) zudem noch für weitere zwei Gesamtdurchläufe vorgesehen ist. Der „Ring“, neu inszeniert von Valentin Schwarz, hätte bereits 2020 aus der Taufe gehoben werden sollen, Corona hatte damals das Vorhaben vereitelt. Das aufwendige Projekt wurde nicht um ein, sondern gleich um zwei Jahre in den Sommer 2022 geschoben, entsprechend groß sind die Erwartungen.

Sollte Inkinen für den „Ring“ oder zumindest Teile der Aufführungsserie ausfallen, käme Cornelius Meister also auch dafür in Frage – diese Möglichkeit hatte Festspielchefin Katharina Wagner bereits vor einiger Zeit signalisiert. Wann letztlich die Entscheidung fällt, wer den „Ring“ musikalisch schmieden wird, darauf wollten sich die Festspiele am Donnerstag auf Anfrage nicht festlegen.

"Tristan", der Joker der Bayreuther Festspiele

Für Meister wäre es auf jeden Fall eine erhebliche Zusatzbelastung. Denn schon der „Tristan“, den er dirigiert, gehört musikalisch zu den anspruchsvollsten Opern überhaupt. Zwar sind für die Neuinszenierung von Roland Schwab nur insgesamt zwei Aufführungen im Programm terminiert – doch der „Tristan“ ist 2022 der Joker der Festspiele: Müsste nämlich wegen eines Corona-Infektionsausbruchs im Festspielchor auf die Aufführungen der großen Choropern „Holländer“, „Tannhäuser“ und „Lohengrin“ verzichtet werden – sie stehen 2022 ebenfalls auf dem Spielplan –, würde „Tristan“ mit seinem überschaubaren Choreinsatz erklärtermaßen häufiger als die vorgesehenen zwei Male gespielt werden. Cornelius Meister scheint das erst einmal sportlich zu nehmen, neben „Tristan“, twitterte er, probe er die Nibelungen-Tetralogie „mit viel Schwung“. Den langen Atem dafür dürfte er haben, der 42-Jährige läuft Halbmarathon.

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